Mss. Var. 13

[1][2][3][4][5]1{r}
[[Kopf eines Mädchens]]
[6]{1v}

Kurtze Beschreibung einer Tour durch hol,,
land
nach Franckreich / von Braunschweig.

[7]2{r}

Von Braunschweig ist die erste Post nach Peina einem Städgen so meist Hil,,
des Heimich
alda in dem Post hause gute zehrung ist, 3 Meilen (od)oder 6 Stun,,
den von Braunschweig.

Von da ist die andere Post 4. Meilen (od)oder 8 Stunden nach Hannover, eine
schöne Residentz Stadt des (Churf{ür}s:)Churf{ür}sten sonderlich ist die Neustadt daselbsten
angeleget, doch alles von Holtz, Es stehet ein großer brunnen auff
dem Platz bestehend in einen berg darauff das (lünebg:)lüneb{ur}ger Pferd,Note: Gemeint ist das Wappentier des Hauses Lüneburg. und
daran hin und (wied)wieder die 9 Musen, in den berg gehen 4. höhlen, darin,,
nen Vier Statuen auff so Vielerleÿ waserspeÿenden thieren sitzen. Das
Bassin ist groß und mit einen Geländer von Docken umbgeben, auff de,,
nen wol biß 24 Statuen meist lebensgröße stehen, die zeichnung aber
tauget nichts daran, alles ist von guten Sandstein gehauen.

An der kirche neben denselben Platz ist ein neuer thurm gebauet,
aus deme aber schon wiederumb steine außgefallen sind. Der bau,,
Meister
ist ein bauschreiber daselbst ein bloßer Empiricus,Note: Knesebeck brandmarkt hier die Amateurbaumeister, die keine mathematische Ausbildung in der theoretischen Fundierung der Baukunst erhalten haben. der von
viel zuviel Reden ist, und sich alles unter nimt. Eben derselbe hat
au{c}h eine große steinerne brücke über die Leine geführet von 5. bö,,
gen. Es ist aber die brücke in der Mitte sehr hoch erhoben, da es doch un,,
nöthig ist, indem keine Schiffe dur{c}h passiren dürffen.

Die Schloßkirche ist gar wol ausgetheilet und schön gemahlet. Indeme
aber an die kreutzgewölbe Deckenstücke von Perspectivischen Gelän,,
dern gemahlet sind, wird die Schönheit solcher Decke dadurch zimlich gemin,,
dert. Die Cantzel ist au{c}h no{c}h irregular an einer Ecke. Das Schloß hat
schöne zimmer, und ist zimlich raumlich mit 3. Höfen. Das Opern hauß,
wel{c}hes an einen derselben höfe gebauet, ist sehr schöne viel vergüldet,
mit schönen Machinen, und sauber meublirten Logen.

Eine halbe Stunde vor der Stadt, ist der verwittibten Hertzogin lusthaus,
zu Herrenhausen
, hat schlechte alte Gebäude, ohne die neugebauete oren,,
gerie
, wel{c}he in einen grossen Saal zwischen zwey Pavillons von klei,,
nen zimmern bestehet, das Dach ist à la Mansarde, mit einen guten,
in Cammeren eingetheilten Hängewercke. Die äußere disposition ist zier,,
lich, innen aber sind verschiedene fauten, alß die Treppen in beӱden Pa,,
villons, sind so enge das kaum eine dicke Persohn hin auff kommen kan.
Der Sahl ist mit einer platt gebogenen decke, alß einem glatten ton,,
nen Gewölbe gedecket, und in viel kleine zierlich verwirrete figuren
eingetheilet, wel{c}hes kaum in einer kirche, wil geschweigen, in einer
orengerie zu dulten were, dazu ist sie noch schwartz gemachet und ver,,
guldet. Es sind 5. Camine darinnen, wel{c}hes große unkosten veruhr,,
sachen muß, wen gleich öffen darunter gesetzet werden, und würden
die Gewächse do{c}h ni{c}ht wol dabeӱ stehen. Der Platz (od)oder boden ist gantz be„
leget, und habe ich keinen abzug vor das Waßer gesehen, womit

im[8]2{v}

im Winter die Gewächse müßen begoßen werden. Der Garten ist zimlich
schöne, sonderlich ist das so genante Theatrum gar angenehm, und mit schö,,
nen vergüldeten Statuen geziehret. Die grottirten Fontainen, neben
den eingang des Gartens, sind meist verdorben, sonst aber nicht uneb{e}n
angeleget. Es läßet anijetzo der Hertzog einen schönen Parc dabeÿ
anlegen.

Der Graff Plato Garten ist groß und recht wol ausgetheilet, dane,
ben sind kleine Häusergen (od)oder vielmehr Casernen vor armer Leute woh,,
nung, das lusthauß mitten im Garten, wurde eben Gebauet, da ich
nuh nicht habe begreiffen können, wie die feuer mauren werden
können geführet werden, daß sie nicht die zimmer verderben. Es
ist ein halb Souterrain von Stein, und zweӱ Geschoß von holtz darauff.
Die geschnittenen Bäume sind rein und schön, und die haubt Allé von
dem lusthaus hat einen schönen prospect, der sol no{c}h außer den Garten weit
hinaus verlängert, biß auff die Straße so na{c}h Cassel gehet. Es ist viel tril,,
lage
von gefaltelten Latten in diesen Garten, und daneben eine tret,,
Mühle vor Ochsen (od)oder Esel das Waßer vor den Garten in die höhe zu plum,,
pen.

Von Hannover ist die dritte Post wel{c}he auff einen dorff Hagenbach
füttert 5. Meilen biß Lese, hinter welchen dorff man über die Weser
auff einer zugfähre setzet, von dar ist die Post 3. Meil, biß dieberau, ferner
3 1/2 Meil biß Pomte, endlich no{c}h 2 1/2 starcke Meilen biß Osnabrück.
Diese Stadt ist zimlich groß altväterisch do{c}h passablement bebauet. wegen
eile der Post habe nichts daselbst observiren können, und bin von ein,,
heimischen versichert worden, daß nicht viel zu sehen seÿ..

Von Osnabrück ist die siebende Post 3. Meilen biß Ipenbüren, und
von dar die achte 2 1/2 starcke Meilen biß Rheten. Ist ein klein Städgen,
schlecht bebauet, dem bischoff von Münster gehörig, lieget an den Ems,,
Strohm, über welchen eine neue wolgebauete brücke geht von dieser
forme.

[[Ansicht von einer Brücke in Rheine]]


Eine spannung ist 21 Schrit, Nachdem man über die brücke kömt lieset
man an dem Thor diese auffschrifft.

QVI ConIVrata IaCVIt pons LasVs ab VnDa
praDaqVe CoLLapso fornICe CessIt, aqVae,
CeLsIor aVspICIo frIDerICI principis alto
assurgens querulas ventici videt aquas.

Die Neundte Post von Rheten nach Bentheim, da ein auff felsen
liegendes, auff alte Manier befestigtes Schloß mit einen zimlich schönen

Garten[9]3{r}3{r}

Garten lieget, hat 3. Meilen, Die 10 Post nach Delten 7. Stunden, da fän,,
get die Holländische lebensahrt völlig an. Die 11te Post von Delten nach De,,
venter
8 Stunden. Diese schöne gantz mit Steinern Häusern nach der Hollän,,
dischen art bebauete, und zimlich große Stadt lieget an der Issel einen
sehr Schifferischen fluß, der beÿ Ter-Gaude vorbeÿ in die Maaße, und mit
derselben nach Dordrecht fließet. Es ist die Stadt nach Holländischer Manier
mit Erdwällen, einfachen perpendicular flanquen und enger faus=
sebraӱe fortifici
ret, hat aber innen noch einen umbfang mit Mauern
und einen gefütterten Graben, und lieget in einer großen plaine mei,,
stens von Torffheide. So viel ich in eile beÿ dem durchpassiren habe ab,,
mercken können, ist wenig darinnen noch nach moderner guten art
gebauet, jedennoch die faciate des Rahthauses ist gar angenehm ordoni,,
ret, und von gehauenen guten Sandsteinen auffgeführet, die helffte ist
hier nächst in etwas entworffen.

[[Ansicht von der Straßenfassade von dem Rathaus in Deventer]]

Die Dorische ordnung daran ist gar correct und stehen der Pfeiler und
die Seule 4. (Mod:)Modul die Seulen 14. (Mod:)Modul von einander, und rücken von (d)der
Wand 6. (Mod:)Modul heraus, da wiederumb wandpfeiler und Wand Seulen
zutreffen. Über die Yssel gehet eine Höltzerne brücke, theils auff zahr[?],
theils auff Schiffe in dem tieffen fluß gegründet. Sie ist gar schlecht con,,
ditioniret, und wird dennoch sehr viel brückengeld bezahlet, hingegen
wird ein ein herlicher hoher Damm biß auff eine Stunde weges hinauff
davon wol unterhalten, und ist zu glauben, daß der überschuß von
dem brücken zoll noch eins mahl zu erbauung einer schönen Stei,,
nern brücke wird angewendet werden.

3[10]4{3v}

3. Stunden von Deventer lieget neben den Postweg, daß umb eine
discretion, mit consens der Compagnie der Postillon seinen weg gern
dahin nimt. Das königliche lusthauß zu Loo, welches vor allen dingen
in Holland meritiret gesehen zu werden. Die Gebäude sind weitläuf,,
ftig aber gantz schlecht und glat von ziegelstein nach Holländischer ma=
nier
auffgebauet, und were noch gut wen nur die Simse also geführet
weren, indem die Gebäude verschiedener höhe sind, daß sie eine gute com-
bination
ma{c}hten. Es bestehet das gantze Gebäude aus einen Corps de lo,,
gis,
bestehend aus (ein)einem Erdgeschoß, zweÿ gantzen geschoßen, und einer attique,
wel{c}hes auch zweÿ flügel von glei{c}her höhe hat, an diesen sind no{c}h zweÿ kur,,
tze Pavillons weiter ausgesetzet, und umb die Attique niedriger, endlich
sind no{c}h weiter ausgerücket zweÿ lange flügel zweÿ niedrige Geschoß
hoch. Vorn ist der hoff verschloßen mit einem eÿsernen Grille. blau

Pfeiler neben dem vordern
flämischen Thor zu Loo.


und verguldet, mit dazwischen gesetzten
kleinern Pfeilern. Der Hoff hat mitten
einen brunnen, 4. quadrantenNote: Unter Quadrant versteht man in der Mathematik eines der vier Kompartimente eines Quadrats oder Kreises, in den ein rechtwinkeliges Koordinatensystem eingestellt ist. von Ra,,
sen plätzen, und ein comodt Plaster, theils
von klinckers, theils von steinen. Der (Garte)Garten
en general ist also disponiret, hinter dem
hauß lieget der lustgarten, so breit alß das
gantze Gebäude ist, zur rechten in den Win,,
ckel der Gebäude (: na{c}h dem hinein gehen zu
rechnen :) ein wol disponirter grüner ber=
ceau
von trillage, so schön alß ich no{c}h kei,,
nen gesehen, weiter zur rechten der gar,,
ten der promenade, bestehend in geschnitte,,
nen zäumen fast Mannes hoch, die (alle)aller
leÿ figuren von Alléen machen, mit
dazwischen gesetzten Espaliers von rahren
Obst und allerhand orengerie. An der
lincken Seite in den Winckel ist eine vier,,
eckigte maillebahn. Daneben lieget wie,,
derumb eine promenade mit hohen ge,,
schnittenen zäunen, in denen sonst nichts
ist alß einige Statuen und fontainen.
weiter lieget lincks neben den Garten
gantz umb die promenade herumb der Parc,
und zwischen beÿden zu äuserst nach der lincken hand die menagerie, (od)oder
vielmehr die große Uccelliera (od)oder Voliere.

In genauerer Betrachtung dieser Stücke findet sich ein und anders
notables. 1. In dem hauß das Vorhauß (od)oder Loggia ist gantz mit holtz beklei,,
det, aber auff den boden nett mitmarmor beleget, an der Wand
sind Römische Pfeiler mit einen Architravirten krantz, die gar
ni{c}ht correct ausgetheilet sind, wie aus obstehenden ohngefehren
grundriß zu ersehen ist. Es ist alles auff grau marmor ahrt gemah

let,[11]4{r}

let, und an den Wänden zweÿ Perspective von Architectur. Die thüren an
beÿden Seiten sind sehr niedrig, gegen der thüre über sind dreÿ bögen, wodurch
man zu der Treppe kömt, die nur biß ins erste Geschoß gehet, oben mit Io,,
nischer ordnung und schönen perspectivischen Gemählden, auch einen arti,,
gen platfond geziehret ist, wel{c}hes Robert du Val aus dem Haag zusammen

Es könte keine schlim,
mere austheilung
wieder die Sym{m}etrie
alß diese gemachet
werden.


gemahlet hat. Der große Sahl lieget ü,,
ber dem Vorhauß mit Ionischer ordnung ge,,
ziehret, die aber au{c}h über all vitiös ausge,,
theilet. An dem placard der Wände sind schö,,
ne landschafften gemahlet. In den zimmern
ist sonderlich nicht remarquables. Die Camin
einfaßungen sind von guten marmor, die
übrigen zierrathen aber von holtz nach mar,,
mor
ahrt gemahlet. In dem Speise Sahl, ist ein
Platz vor den Schencktisch, durch freÿstehende
Ionische Seulen mit einen Geländer da,,
zwischen, unterschieden, und mit marmor
beleget. Es ist aber ungereimet, daß in ei,,
nen solchen Gemach die Ionischen Stämme, mit
binden gemachet sind.

Der Garten ist schön und reinlich, und gewiß,,
lich von so verständiger austheilung, alß ich
einen gesehen. Er ist in zweӱ theile abgethei,,
let, und der erste von dem andern mit ei,,
ner zimlich hohen terrasse halb von Erde unten
mit Stein gefaßet, an den vordersten dreӱ
Seiten, an der hintersten aber mit einen ge,,
länder, dahinter mit einer Allée von schö,,
nen gerahden und dünner bewachsenen bäu,,
men, die den prospect nichts hindern, und
endlich mit einen schmahlen Canal (unterschied)unterschieden.
In den vordern theil ist eine große Menge
Waßer, die wol Inventiret, und ins Gesich,,
te gesetzet, aber klein und niedrig, jedoch gar
just sind. Vor dem hause gehet eine halbrun,,
de treppe herunter, neben der oben der Ys,,
sel
und der Rhein Strohm in Rießengröße von
zarten Sand Stein wolgehauen liegen. Von die,,
sen fället waßer beӱderseits neben den
Stuffen über Steinere becken herunter.
Mitten in den Garten lieget ein groß be,,
cken auff 3. bleÿernen verguldeten tritons
wel{c}he waßer speÿen, oben darauff ist eine Venus von weißen Marmor.
An beÿden Seiten sind an der terrasse zweÿ angenehme Cascaden, auff
deren einer Narcissus, auf der andern die Echo von weiß Marmor ste,,

het,[12]{4v}

het, daß übrige ist aus Stein gehauen. Hinter den tritonen stehet no{c}h ein
klein bassin mit einen Hercules der die Schlangen zerreißet. Sonst sind
an den Alléen zu beÿden Seiten kleine Steinerne Canäle, aus denen
kleine jets springen, und in der quer Allée stehen no{c}h der Erd,, und Him,,
mels Globus, da aus den Städten und Sternen, dünne waßer springen.
Sonst stehen noch vier Marmorne Statuen. auff den vier äusersten
groß parterren.

Der hintere theil erhebet sich allmählich stuffenweiß. Erstlich lieget ein
Groß bassin vorne mit (ein)einen zimlichen hohen jet d’Eau, so hoch alß sonst
keiner in Versaille ist, aber schwach. Umb daßelbe lieget gegen dem
Schloß über das so genandte große Theatrum, bestehend in zweÿ flachen
Quadranten,Note: Unter Quadrant versteht man in der Mathematik eines der vier Kompartimente eines Quadrats oder Kreises, in den ein rechtwinkeliges Koordinatensystem eingestellt ist. Knesebeck scheint damit die halbkreisförmige Kolonnade zu bezeichnen, die die Allee in Richtung des Theaters öffnet. die zwischen sich die haubt Allée dur{c}hgehen laßen, die ein
peristÿlium von jonischen Steinernen Seulen machen, und hinten mit ei,,
ner claro scuro gemahlten Wand geschloßen sind, die Seulen sind von
gar guter proportion mit capitälen na{c}h na{c}h Scamozzi manier.
Hinter diesen Theatro wird die haubt Allé beÿderseits mit einer sehr
hohen geschnittenen hecke eingeschloßen, und lieget beÿderseits der küchen,,
Garten dahinter. Endlich schließet sich der Garten mit dem kleinen
Theatro, welches mit Dorischen Pfeilern gemachet ist, deren austhei,,
lung, ohnera{c}htet das Theatrum etwas irregular hat werden (müße)müßen,
dennoch zimlich ausgetheilet sind, daß man kaum mercket wie die me,,
topen ni{c}ht just sind. Vor diesen Theater ist auch no{c}h ein kleiner Spring,,
brunnen, die Allé aber und der Garten ist mit einen Graben, und
nur mit einen halb mann hohen Geländer geschloßen, außen im freÿ,,
en feld aber mit einigen bäumen continuiret, und weit hinaus
mit einen obelisco terminiret, welches den Garten viel größer macht
alß er ist. NB. der jet d’Eau hat noch 8. niedrigere, und 16. gantz kleine
umb sich, und sind noch 2. kleine bassins au{c}h dabeÿ.

Die Waßer hinter dem Parc an dem großen teich, ob sie schon al,,
le schwa{c}h, klein und niedrig sind, verdienen do{c}h wegen der guten inven,,
tion
, und disposition unter die schönsten wercke gerechnet zu werden.

Von Loo reiset man noch 5. Stunden biß zu dem dorff Forthuysen, und
von dar 3. Stunden biß Ammersfort, einer wolgebaueten Holländischen
Stadt, da aber sonderlich nichts zu remarquiren ist, ohne daß das Glocken,,
Spiel daselbst vor eines der besten gehalten wird. Von da auff dem
weg nach Naerden, ohngefehr 3. Stunden von Ammersfort lieget an
der lincken Seite das königliche Jagdhauß zu Soesdӱck, eine halbe Stunde
von den schonen dorff Soes. Weil dieses landhauß selten von dem könig
besuchet wird, ist wenig remarquables da zusehen, das hauß ist auch gantz schlecht
von gebrannten Steinen auffgebauet, der Garten imitiret den zu
Loo
, ist aber nicht so cultiviret.

Naerden, ist ein schöner und wol fortificirter ohrt, wiewol etwas klein,
hat 6. Bastions, alle biß an die brustwehr hinauff, mit gebackenen
Steinen gemauret, und mit guten Gewölbern, und contre minen
dur{c}haus versehen. Dreÿ Bolwercke haben beÿderseits, und eines nur

auff[13]5{r}

auff einer Seiten retirirte, doppelte, und außgebogene flanquen
die mit geraden Orrillons gedecket sind, wie auß hinachfolgender Polÿ,,
gon zu sehen.

[[Lageplan von einem Teil der Zitadelle in Naarden]]

Hinter den niedrigen flanquen sind trockene gräben, unter der face
gegen den Ravelin,,graben, sind gewölber, die dur{c}h fünff runde Schieß,,
löcher den Ravelin Graben à fleur d’Eau bestreichen, von diesen Gewölbern
gehet noch eine contremine fort biß unter die runden abschnitte des bol,,
wercks pünten. Mann kömt durch die brissure über die niedrige flan,,
que an der brissure des orrillons in diese Gewölbe. Es ist das gantze Haubt,,
wall gar nett, raumlich zur defension beqwehm, und mit starcken und
hohen brustwehren wol versehen, alle graben revêtiret und wol gehalten.
Gegen die Süder See sind die bolwercke, mit geraden einfachen flanquè,
an zweÿ und einen halben bolwerck, wobeÿ vor den flanquen und Cor=
tinen annoch eine faussebraÿe ist. Die Situation ist sehr vortheilhafftig,
und so gegen das land zu mehrer fortification no{c}h einige Wercke beÿge,,
füget, gegen die Süder See hingegen ein guter Seeharen gema{c}het würde,
wel{c}her wol müglich zu thun were, so könnte ein recht considerabler Platz
auß dieser Festung gemachet werden. Die Contrescarpe ist zwar zu tra,,
versen
angeleget, aber damit noch ni{c}ht versehen, auch sonst noch ni{c}ht
fleißig genug ausgebauet. Die Thore sind schlecht, doch gar angenehm und
regulier disponiret, oben darauff stehen aus stein gehauene Amortisse=
ments
, wel{c}he gar ein schlecht ansehen geben. Das Waßer hat zimlich starcke
[...][?]

[14]{5v}

älle[?], daß durch hülffe der Schläussen der gantze Platz kan unter
waßer in seiner Campagne umbher gesetzet werden.

Von Naerden biß Muÿden 1. Stund, und von dan no{c}h 2. biß Amster,,
dam
. Die Schläusse zu Muÿden, dadurch die Schiffe in dem Pampus gehen kön,,
nen, ist sehr Schöne und groß.

Amsterdam. Die fortificationNote: Die Befestigungsanlagen von Amsterdam sind über einen Plan von Frederik de Wit bekannt. Vgl. die Reproduktion auf Het Geheugen. umbher bestehet, in kleinen schlechten, aber gantz
mit gebackenen Steinen auffgemauerten bolwercken, die massiv, im
übrigen ûbel unterhalten, und mit brustwehren schlecht versehen
sind, an dem meisten orten, sind nur dünne steinerne brustwehren, da,,
hinter billig no{c}h Erde solte geschüttet sein. Die StadthoreNote: Im 17. Jh. besaß die Stadtbefestigung von Amsterdam mehrere Stadttore, im Einzelnen die Regulierspoort, die Weteringpoort, die Raampoort, die Zaagmolenpoort, die Haarlemmerpoort, die Leidsepoort, die Utrechtsepoort und die Muiderpoort. sind gar schön
um und um, und fast gantz über eingeziehret, aussen im eingang der
brücken stehen freÿe Thore von gehauenen Steinen, bestehend in einen
wolproportionirten bogen zwischen 4. Ionischen Pfeilern, worüber die
Sparrenköpfe nicht allein zu groß, sondern auch so übel ausgetheilet sind
daß sie über die mitte der Pfeiler nicht zutreffen. Die Stadtthore selbst
sind außen nun mit 2. innen aber mit 4. Dorischen Pfeilern geziehret.
Alle diese Architectur ist gantz nach des Scamozzi baukunst, nur daß
hie ni{c}ht überall mit glei{c}hen fleiß die Dreÿschlitze ausgetheilet sind. Die
Neue Wage ist eben also disponiret, daß man dieses Gebäude deswe,,
gen fast überdrüßig wird. Ich habe hier einen ohngefehren Auffriß da,,
von gemachet.

[[Ansicht von der Straßenfassade von De Waag in Amsterdam]]

Das vornehmste Gebäude in Amsterdam ist das Rathhauß, welches gewiß
an kostbahrer execution keines in der Weld ereichet. Daßelbige hier
weitläuffig wäre unnützlich, inden ein großes buch davon heraus, wel,,

ches[15]6{r}

ches alles biß auffs geringste vortrefflich und redlich vorbildet. Dero,,
wegen wil hier nur dasjenige beÿfügen, was auß derselbigen beschreibung
nicht abzunehmen ist. Außen ist das unterste Geschoß gar niederig. Es
haben zwar die andere zweÿ Geschoße darüber weil sie sehr ho{c}h, sol{c}hes nicht
wol anders zulaßen können, allein dieses entschuldiget den baumei,,
ster nicht, der an einen Ohrt eine schönheit zu erhalten, an den andern kei,,
nen mißstandt machen muß. Daferne man forne eine freÿtrep,,
pe angeleget, und die Thüre oben in das obere Geschoß gemachet hätte,
were alles viel beßer heraus kommen, und das untere niedrige Ge,,
schoß were hernach ohne wiederrede gewesen. Die ausführung des Gebäu,,
des ist vortrefflich, indem alles von großen bentheimischen Sandstein{e}n
so net gearbeitet und gefuget ist, daß die fugen kaum mißgestalt
geben, und das schnitzwerck überaus angenehm in die augen fället. Die
proportion der Pfeiler mit ihren Gebälcken ist gut, die austheilung der Spar,,
renköpfe, der Rosen am kinne des krantzes, und so gar au{c}h des Schnitz,,
werckes, ist volkommen accurat ausgetheilet, daß au{c}h dar allergenau,,
este Censor nichts wird daran zu tadeln finden. daß aber zwischen einer
so rei{c}h geziehrten Architectur, gantz platte fenster ohne alle einfaßung
stehen ist ni{c}ht zu loben, wie hingegen gantz reiche außziehrungen au{c}h nicht
würden gestanden haben. Eine schlechte einfaßung mit versuren (od)oder Eck,,
zierden ohne kräntze were genug gewesen und hätte sich platz genug da,,

[[Ansicht von dem Gebälk an dem Rathaus in Amsterdam]]


gefunden, ohnerachet
die Säulenweiten zim,,
lich klein sind. An den
Gebälcken sind diekrantz,,
leisten zu klein, sonst
ist alles wol ausgethei,,
let. 7. Sparrenweiten
sind auff jede Säulen,,
weite, welche 8. (Mod:)Modul
auff 12. (Rheinl:)Rheinländische fueß be,,
tragen. Die fenster sind
im lichten 5. fueß weit
und sol{c}hen nach gegen
der Säulenweite über,,
aus proportionirlich. Der Modul der obersten Corinthischen ordnung, ist
etwas kleiner alß der von der Römischen darunter, indem das obere Ge,,
schoß nicht höher alß das untere ist. Da doch dieses nur 23 2/9, das obere aber
25 1/2 seiner Modul hält. Ni{c}hts destoweniger sind oben auch 7. Sparrenköp,,
fe auff eine Säulenweite. Innen ist alles sehr reich von Weißen Marmor
worunter an den HaubtThüren und an den Caminen no{c}h etwas bun,,
ter angebracht ist. Allein die Marmorstücke der großen Pfeiler sind
ni{c}ht sauber gefuget, und siehet man wol zweÿ Meßerrücken dick
Nähte dazwischen, da man beÿ Marmor billig gar keine fugen sehen sol,,
te. Daß es gar finster in den Gebäude ist daß dadurch der Marmor

seinen[16]{6v}

seinen annehmlichen glantz ni{c}ht einmahl zeigen kan, ist höchst schade.
Es kömt solches von des baumeisters Invention her, da er si{c}h opinia=
tri
ret den großen Saal in die mitte des Gebäudes zu legen, welchen
nach nohtwendig war 2. Höfe zu machen, die do{c}h nicht groß werden kun,,
ten, in ermangelung größeren Platzes. Es ist das Rahthaus innenno{c}h
ni{c}ht ausgebauet, indem nicht nur die Decke über den großen Sahl anno{c}h
mangelt, sondern auch gar wenig Gemählde annoch verfertiget sind,
deren do{c}h auff jeder zwischen weite der Pfeiler in den Gallerien gegen die
fenster über eines kommen sol. Diejenigen so albereit vorgefunden sind,
mögen wegen der tunckelheit kaum erkant werden, wozu noch contri,,
bui
ret, die tunckele ahrt der Mahler deren sie sich bedienet haben, und
daß über dieses no{c}h dazu an eingen orten Nachtstücke vorgestellet
sind. Vor kurtzen sind den halbrundungen in einer Ecke der Gallerie
zweÿ neue Gemählde al fresco gemachet worden, welche viel angeneh,,
mer alß die ürigen sind, ohnerachtet sie an dem weehrt der kunst viel ge,,
ringer alß die alten sind, von denen herna{c}h weiter sol gemeldet wer,,
den. Die bildhauereÿ welche alle in weißen Marmor ausgearbei,,
tet ist, muß man wegen der menge, der größe, der zeichnung, und der
ungemeinen fleißigen ausarbeitung, fast vor ein wunderwerck achten,
und kan weder franckrei{c}h noch Italien, auff einen so kleinen Platz
so viel herlich außgehauenen Marmor vorzeigen, wen man gleich, die
zweÿ große weiß marmorne stücke außen in beÿden Frotonen des Ge,,
bäudes nicht mit zurechnete, die allein so reich an arbeit sind, daß man
sich darüber verwundern muß, zumahl wen man vernimt, daß alle
diese arbeit aus eines einigen künstlers, des gewiß würdigen Artus
Quellinus
direction
hergekommen. Unter andern ist unter der Statua
der Diana neben dem eingang der Schatz,,kammer ein gehäncke von aller,,
hand Jägerzeug, da die Jäger und Waldhörner, so hol und zart aus Mar=
mor
gehauen worden, alß sie immer mehr in original auß horn gedrehet
werden, am Netze ist daselbst so freÿ ausgehauen, daß die Stücke etwan
1/10. zoll dicke gantz von ein ander abgesondert, so zart dur{c}hbrochen, und
dur{c}hflo{c}hten sind, alß es in der Natur selbst ist, worüber warhafftig au{c}h
die größten künstler sich verwundern müßen. Es ist jetzo ein holtzern
stacket darumb gemachet, weil liederlich gesinnte leute, indem sie ihre
Nahmen hinein kratzen wollen, etwas daran zubro{c}hen.Note: Vgl. Mortier ca. 1716, S. 105: „L’ouvrage de son piédestal est encore au-dessus de tous les autres, & doit être regardé comme un véritable Chef-d’œuvre. Aussi y-a-t-on employé trois ans entiers. On y voit tous les instruments de la Chasse, comme diverses sortes de retz et de filets, des cors, des Carquois avec des Flèches, des épieux, des couteaux, des gibecières, & d’autres choses semblables, toutes si artistement travaillées, qu’on les prendroit aisément pour les instrumens mêmes qu’elles représentent, comme s’ils étoient là suspendus exprès : on a été même obligé d’entourer ce piédestal d’une petite défense de lattes, pour empêcher que des mains indiscrètes où quelque autre accident, ne gâtent un si bel ouvrage, ainsi qu’il étoit déjà arrivé.“ Was sonst
von diesen herlichen bau zu melden ist, kan am besten aus den Riß{e}n
ersehen werden, welche Vennekol der itzige bauMeister in Amsterdam
daran heraus gegeben. Weil aber von den Gemählden solcher bericht
meines wißens nicht vorhanden, wil ich die Reichesten davon (meld)melden
so viel ich kundschafft davon haben können. An den 8. halben Circuln
in den 4. Winckeln der Galerie, sollen 8. Geschichte von teutscher Völcker
krieg mit den alten Römern vorgestellet werden, davon Sechse
bereits fertig sind. Eines über der Schatzkammer /: über der Diana :/ ist von
Gobert Flinck gezeichnet, von Johan Qvens aber ausgemahlet worden,
das andere daneben sol von J. Lievens sein.Note: Nach dem Tod von Govert Flinck im Jahr 1660 wurde eine Reihe von Gemälden bei Lievens, Jordaens und Rembrandt für die Ausstattung des Rathauses in Auftrag gegeben. Vgl. Kaufmann 2002, S. 579. Gegen über, über der See,,

sachen[17]7{r}

Sachen Cammer ist ein nä{c}htlicher einfall in ein lager, den Jordan soll
gemahlet haben, ich glaube eher daß es von Hondhorst sein mag. Da,,
neben stehet eines, welches gantz außer zweiffel von Jordan ist, diese beÿ,,
de sind sehr herlich gemahlet, und no{c}h etwas deutlicher zu erkennen, alß die
andern. In den dritten winckel über Jupiters, und Apollo bildnißen,
sind zweÿ in diesen Jahr al fresco gemahlte zu eben der Historie gehörige
bilder, welche der hellen farben wegen, viel schöner alß die andern ste,,
hen, aber etwas schlecht gezeichnet, und der Invention nach etwas zu bi,,
zare ordini
ret sind, die Meister konte ich nicht erfahren.

Gegen dem Nächtlichen einfall ins lager über, ist über den bogen,
durch welchen man aus der Galerie in den großen Sahl gehet, ein
Platz wie ein gehörnter Mond, auff dem David gemahlet ist, wie er Goli,,
ath uberwindet, und ist die ordonantz gar artig, daß in einen der spitzi,,
gen winckel unten einige von den sich freuenden Israeliten, in dem
andern etliche von dem erschreckenden Philistern gemahlet sind. Gegen ü,,
ber auff der andern Seite, ist Simson, der die Philister mit dem Esels„kin,,
backen schläget, jenes scheinet von dem Meister zu sein, der den nächtlichen
einfall gemahlet,Note: Das Werk ist von Jacob Jordaens und nicht von Gerrit van Honthorst, wie Knesebeck fälschlicherweise annimmt. dieses ist von Livens. Nun fehlen in allen no{c}h 24.
Gemählde in beÿden Galerien. In der großen burgerMeisterkam{m}er
sind an den Caminen zweÿ große Gemählde, eines von eines Römischen Ge,,
sandten Hertzhafftigkeit in Pyrhii Lager, das andere von Marco Curio
der auff seinen landguth sich mit Rüben sätiget, dieses ist von Govert
flinck
, deßen oben gedacht, jenes sol von einen ferdinand Boll gemah,,
let sein.

Neben dem Rathhause stehet die neue kirche, in welcher sehr schöne Glas,,
fenster von Bronckhorst zeichnungen, im feuer gemahlet sich (befind)befinden.
Über der großen kirchthüre stehet innen eine herliche orgel von schönen
schnitzwerck und Gemählden, Davids geschichte vorstellende, welche von
Bronckhorst gemahlet sind. Es ruhet dieselbe auff ein marmor steinern
Gebäude, deßen Grundriß ungefehr dieser ist. Das Puncktirte, bedeu,,

[[Grundriss von der Orgelempore in der Nieuwe Kerk in Amsterdam]]


tet weiße Marmorne
große Pfeiler, die gestrich,,
te leibfarbe Marmorne
Korinthische Pfeiler und
Seulen, neben den Seu,,
len und Pfeilern, sind
schöne Pilasterfestonen
in den weißen Mar,,
mor
ausgehauen. An
den fenstern ist gemah,,
let Maximilian. II. kaÿ,,
ser
, wie er das Amster,,
dam{m}ische
wapen mit einer kaÿser krohne beehret. Die Cantzel von
Eichen Holtz gehauen, ist au{c}h ein sehr kostbahres werck, sehr reich von wol
gezeichneter bildHauereÿ, es ist ein sehr breiter Deckel darüber, wie

au{c}h[18]{7v}

auch über andern Cantzeln, in Holland und franckreich gesehen wor,,
den, welches helffen soll daß in großen kirche, die natürlich über sich
steigende stimme, davon zurücke prallen, und desto stärcker auff die
zuhörer hinunter fallen kan. Auff den Deckel ist noch ein Hohes
mit allerleÿ Engeln ausgeschnitztes Amortissement. Hinter demsel,,
ben ist des berühmten Admiral, Hansens van Galen Marmornes Grab,,
mahl wol wehrt zu sehen.Note: Knesebeck erwähnt nicht das berühmteste Mausoleum in dieser Kirche, jenes des Admirals Michiel de Ruyter (1607-1676), das der holländische Bildhauer Rombout Verhulst (1624-1698) geschaffen hat. Es lieget dieser Seeheld auff dem Tombeau
mit dem Regimentsstab in der hand, zwischen etlichen Stücken geschütz, zu
seinen füeßen stehet sein helm mit federbüschen. An der vordern brei,,
ten Seiten ist an dem Tombeau, auß weißen Marmor, die große schlacht
gehauen, in der dieser Admiral siegende gestorben, na{c}hdem von 26. En,,
glischen Schiffen, 6 dur{c}h seine tapferkeit waren gäntzlich geschlagen, und
ruiniret worden. Darunter siehet man diese Grabschrifft mit gül,,
denen buchstaben auff schwartzen Marmor gehauen.

Hier leit in‘t graff van eer de dappere van Galen,
Die erst ging buyt op buyt kastilien afhalen,
En met en Leuen hart naa by‘t toscaner strant,
De Britten hefft verjaegt, verovert en verbrant.

Uber dem Tombeau an der wand ist ein Schild mit Armaturen
eingefaßet, darauff die thaten dieses Seehelden beschrieben (wird)wirden.
Hinter dieser kir{c}hen kan man bald nach der Neuen lutherischen
kirchen
gehen, welche wegen ihrer artigen disposition recht sehenwür,,
dig ist. Der Grundriß derselben ist ungefehr dieser.

[[Grundriss von der Oude Lutherse Kerk in Amsterdam]]
[19]8{r}

Die innere freÿstehende Säulen sind über 4. fueß am Diametro dicke
von vollen auff ein ander gesetzten runden stücken von Sandsteinen
sehr nett gearbeitet, das Mauerwerck ist auch gantz von Quaderstei,,
nen, außen glat, und bloß mit schlechten steinern einfaßungen

Reguliers Tooern.

Jean Roon. Poorls Toorn.

grundris des mit,,
lern Stocks.


und einem guten
Dorischen Gebälcke
geziehret. Die Sau,,
len sind innen au{c}h
Dorisch. vor der vor,,
dersten Haubtthüre,
ist von vortrefflicher
tischer arbeit ein vor,,
satz mit Römischer ord,,
nung geziehret ge,,
macht, uber dem die
Cantzel ist, und unten
daran stehet der altar,,
tisch, Über die kleinen
in den Mauern ver,,
steckte wendeln, kömt
man auff die Can,,
tzel, und drüber
zu der orgel. An
den übrigen kirchen
in Amsterdam ist
nichts sonderliches zu,,
sehen, alß etwan in
der Oude kerck bür,,
germeister Grafs be,,
gräbnis.Note: Zum Zeitpunkt von Knesebecks Besuch liegen drei Bürgermeister von Amsterdam mit dem Namen „Graeff“ in der Oude Kerk begraben: Jakob Dircksz de Graeff (1571-1638), Cornelis de Graeff (1599-1664) und Andries de Graeff (1611-1678).

Die Thürme (d)der Stadt
Amsterdam sindt
gar wol zu sehen, und
gar angenehm dis,,
poni
ret, wiewol
meistens nur oberst
weil sie miten
auff den Überresten
der alten schlechten
Thürme stehen. Ich
will sie hier ohnge,,
fehr entwerffen.

[20]{8v}

Westerkercks Toorn.

Oude kercks Toorn.

Halbe Face
des
Zuÿder kercks
Toorn.

grundriss
des ersten
Stocks am
aufsatz.

Der Haring packers und Montelbahns Toorn sind eben
nicht sonderlich, derowegen ich nicht mehr alß diese gezeich,,
net.

[21]9{r}

Die übrigen Publiquen Gebäude sind zwar in großer anzahl vor,,
trefflich zu sehen, und ist schwerli{c}h eine Stadt in diesem Stücke mit Amster,,
damm
zu vergleichen. Sie sind alle groß mit großen höfen versehen,
alle von Stein gebauet, theils auch mit Architectur geziehret, daß Sie
vor Palläste passiren können, doch ist daran eben von besondern Ar,,
chitectoni
schen anmerckungen nichts zu ma{c}hen, die hieher zu bringen
wären. zumahl die Architectur an allen nicht gar zu correct ist. Das
vornehmste was daran zu oberserviren verkömt, ist die commodität, die
gewißlich gar wol daran in acht genommen worden.

Vor allen ist die Vorsorge vor die armen, wie in gantz Holland, al,,
so sonderlich in Amsterdamm hoch zu rühmen, da sich alleine acht große
herliche Gebäude vor die Armen befinden. Das große Gasthauß, wel,,
ches allein 11. große um und um wol bebauete höfe enthält, das Almo,,
senierhauß
, der alten Männer und frauen hauß, welches einen so gros,,
sen Hoff hat, daß ein schöner lustgarten, und ein großer bleichplatz darin,,
nen stat finden. Eine große seltenheit darinnen ist der brunnen süßes
waßers, welches der einzige in gantz Amsterdam ist, man hält ihn vor
240. fueß tieff. Das große weÿsenhaus, wel{c}hes in 3. höffe eingetheilet ist, de,,
ren der mittlere die kleinen knaben und Mädgens beÿsammen, die an,,
dern einer, die größern jungen, der andere die größern Mädgen enthält.
Der wittiben hoff, der walen Weÿsenhauß, der Armenversorger (od)oder Diavo,,
nen
weÿsenhauß
, und außen vor der Stadt Pesthauß.

Was Privat Gebäude anbelanget, sind deren gar schöne in gewißer an,,
zahl zu Amsterdamm, daß aber sonderliche anmerckungen davon zu ma,,
chen stünden, kan ich ni{c}ht sehen. Oben in der Spitze der HeergraffchtNote: Gemeint ist wahrscheinlich die „Gouden Bocht“ der Herengracht zwischen Leidesestraat und Vijzelstraat, der vornehmste Abschnitt der Herengracht. sind die ma,,
nir
lichste zu sehen, sonst sind hier und dar na{c}h einige mit Ionischen und Corinthi,,
schen Pfeilern von Bentheimerstein, recht wol ausgearbeitet, wie I. E. das Po,,
pe
sche hauß
op de Cloveniers Borghwall, gegen der tür des alten Männerhau,,
ses, welches mit Corinthischen Pfeilern, deren Gebälcke sauber geschnitzt ist,
und einem darauffliegenden Fronton, sehr ansehnlich ist. Allein die fenster
und Thüren verderben insgemein dieses ansehen wiederumb.

Derowegen wil ich nur mit wenigen sonst no{c}h einige merckwür,,
dige zur Architectur gehörige Dinge anführen.

1. Die waßersamlungen in Holland sind sehr notabel. Die Dächer
werden oben doppelt gema{c}het, daß sie einen rechten keßel zwischen sich
machen, der gantz mit bleÿ ausgefüttert wird. von diesen leiten sie
Röhren, unten in einen bleÿernen kasten, der unter den zimmern lie,,
get, daß er gantz völlig kan verschloßen, und kühle gehalten werden, da,,
mit das waßer lange zeit gut bleibe. Auff dem landmagazin, ist
vor andern eine sehr große und köstliche waßersamlung, von wel{c}her
alle zimmer durch bleÿerne, mit hahnen versehene große Creisel[?] augen,,
blicklich mit waßer können angefüllet werden.

2. Die Machine womit die Graben und Canäle gereiniget wer,,
den, ist etwas besonder remarquables, deswegen ich dieselbe hier in et,,
was in Profil entwerffen wil.

[22]{9v}

[Die Buchstaben in der Zeichnung sind nicht transkribiert.]

Der Gebrauch dieser Machine ist dieser. Sie lieget auff einem Schiff,
wel{c}hes mit dem tau b. an einen brücken Peiler gehefftet wird. Wen
nun beÿ c: die Pferde die Welle ziehen, drehen sie die Welle d. also umb,
daß das tau auffgewickelt, und sol{c}her gestalt gegen der brücke die gan,,
tze Machine gantz langsahm gezogen wird. Eben dieselbe Pferde (drehe)drehen
au{c}h dur{c}h die trillis, e. f. und g. die viereckigten wellen o. und n. und da,,
dur{c}h die Schauffelleiter, wel{c}he den koht beÿ k. auffsamlet, und über das
planum inclinatum km. in ein Schiff wirfft.

3. Weil in Amsterdam so wol alß aller Ohrten viel waßer Mühlen
zufinden sind, wil ich derselben hier auch gedencken. Sie dienen daß in
den wiesen zusammengelauffene waßer, in canäle auszuschöpfen, wo,,
dur{c}h diese zur Schiffahrt so viel beqwehmer gemachet und jene getrocknet
und zur weide gut behalten werden. Das Schöpfradt ist allein etwas be,,
sonders an diesen Mühlen, welches ich demna{c}h hier gantz eigentlich vorgestel,,
let habe.

[[Detailskizze von einem Schöpfrad von einer Wassermühle in Amsterdam]]

Dieses Radt gehet in einer
auffwerts liegenden Rinnegen
geheb, daß es beÿderseits, und auff
dem boden fast anstößet, wen
es demnach herum gedrehet wird,
schläget es das waßer so es unter
sich findet immer in diese Rinne
hinein, und nöthiget es also auff,,
werts dur{c}h die Rinne in einen
canal zu lauffen. Das Radt her,,
umb zu drehen brau{c}het bloß Cam,,
radt und trillis, welche dur{c}h
windflügel getrieben (werd)werden.

4. beÿ dieser Gelegenheit muß
ich au{c}h der holländischen Pappier,,
Mühlen gedencken, welche dieses
vor unsern teutschen Mühlen

be,,[23]10{r}

besonders haben daß sie die lumpen nicht zustampfen, sondern, sondern durch be,,
sonders dazu gemachte metallene hebels zerstampfen. Es laßen si{c}h zwar die,,
se hebel nicht wol zeichnen, zu erhaltung der memoria aber kan beÿstehen,,
der Riß no{c}h etwas dienen.

[[Detailskizze von einer Papiermühle in Amsterdam]]

Ihre Säge stampf und öhl Mühlen p: sind
au{c}h gar schön, selbige aber in Rißen
vorzustellen leidet die zeit und
der Raum nicht, welche ich zu diesen
Anmerckungen destiniret.

[[Innenansicht von einer Trassmühle in Amsterdam]]

[5.]Note: Knesebeck irrt sich in der Nummerierung und gibt in seinem Manuskript die Nummer 6 an, obwohl es sich tatsächlich um Nummer 5 handelt. Von Tras, und Tras,,Mühlen
muß ich hier au{c}h eine kurtze meldung
thun. Tras ist ein Sand von gewis,,
sen Steinen, die man bey Cöln fin,,
det, und häuffig na{c}h Holland führet,
sie sind im waßer gewachsen, weßwe,,
gen sie tauchsteine heißen. herna{c}h beÿ
Gebäuden gebrauchet werden, von
denen man anjetzo no{c}h alte reste
findet. Aus diesen werden die Stei,,
ne gebrochen, nach Holland geführet
und daselbst, auff solchen Mühlen,
alß hierneben entworffen zu sande
gemalmet werden. Besten mischet
man 5. theile unter 6. theilen kalch.
um eine Mörtel zu haben der im
waßer festhält.

[[Detailskizze von einer Brückenklappe in Amsterdam]]

6. Ist no{c}h zu mercken die ahrt der ka,
pen, welche mitten auff einigen (brücke)brücken
alß zum (Ex)Exempel: auff der neuen brücken, ü,,
ber das waßer sind, wel{c}he wen die Ma,,
ste daran stoßen von si{c}h selbst auffge,,
hen, und herna{c}h wieder zufallen, wel,,
ches bloß an der form derselben klappen
gelegen ist, welche wie hiebeÿ stehende
Figur in etwas erinnert, muß gema,,
chet werden.

Mit diesem wil ich die Remarquen
von der Stadt (Amsterdam)Amsterdamm beschließen,
deren, no{c}h viel mehr sein könten, da,,
fern ich zeit genug gehabt, alle ma=
chinen
und kunstzeuge auszufragen,
deren man sich in dieser vortreffli,,
chen Stadt bedienet.

Von[24]{10v}

Von Amsterdam nach leiden sind 7. gute Stunden. Diese Stadt ist sehr
groß und eine der schönsten in Holland, auff dem land umbher, die aller,,
fruchtbahrste. Was die Merckwürdigkeiten dieser Stadt anbelanget, bestehen
dieselbigen meistentheils in denjenigen raritäten wel{c}he sich beÿ der Uni=
versität
in den Medicinergarten, und auff der Anatomiekam{m}er befin,,
den, welche aber hieher nicht gehören, weil gegenwärtige remarquen al,,
lein auff die Architectur, und deren anverwandte künste gehet. In
dem Hÿbernaculo des Horti medici ist ein gantz accurates model von (eine)einem
höltzernen Moscovitischen hause. An gebäuden ist in der Stadt nicht viel son,,
derliches. Auff der rechten seiten der Rappenburg wen man von Amster,,
damm
kömt, bald am ende der Stadt, ist ein hauß, wel{c}hes den Hoff nach
art der frantzösischen hôtel vor sich, und zuforderst nur einen niedrigen vor,,
zug hat, daran die Ionische Ordnung, gar sauber und accurat ausgetheilet,
und nett aus quadersteinen gearbeitet ist. das Gewandhauß ist au{c}h gar
sauber und verständig angeleget. In dieser Stad ist eigentlich der tuchsta,,
pel, indem in gantz Holland so gute tücher und laken ni{c}ht gemachet
werden können, alß daselbst. Die Fortification ist auch nichts besonders
wird au{c}h gar schlecht unterhalten.

Von Leiden nach dem Haag sind drittehalb Stunden. Dieses ist jetzo
der angenehmste ohrt in Holland, sonderlich wo die liebhaber des Hofflebens,
wel{c}he daselbst eine viel angenehmere lebensahrt vor sich entworffen, als
in den übrigen Holländischen plätzen. Es sind zwar gar schöne Häuser da,,
selbst, alleine sonderliche Architektonische wißenschaft ist nic{h}t daran zu,,
sehen, doch die beÿderseits an der Printzen Graftt sind gar prächtig, und na{c}h
dem Heutigen gusto gebauet. Doch habe ich keines gefunden, welches abzuzei{c}h,,
nen der Mühe wert gehalten hätte. Der so genandte Moritz Hoff, hinter
dem Printzen hoff an den großen teich, ist mit gantz correct odonirten durchge,,
henden Ionischen wandpfeilern von Quadersteinen sehr ansehnlich gebauet,
und behält billig vor allen Gebäuden im Haag den preis. In der Haubt,,
kirchen
ist ein schönes GrabMahl freÿ in den Chor stehend, vor dem (berühmte)berühmten
Admiral Obdamm, wel{c}hes desto beßer beschreiben zu können ich beÿ stehen,,

[Die Buchstaben in der Zeichnung sind nicht transkribiert.]


den Grundriß entworffen habe.
Bei fueß (od)oder Tombeau des (gantze)gantzen
wercks, ist alß ein Piedestal von
weißen Marmor erhoben, auff
wel{c}hen an den vier Ecken, 4. Römi,,
sche Säulen stehen, welche einen bo,,
genweiß auffgelegten architra,,
virten krantz, und Himmel tragen,
darunter stehet beÿ a. der Admi,,
ral
lebensgröße, aus weißen mar=
mor
, wie alles übrige gehauen,
und neben ihme dreÿ kindergen,
die seine Waffen halten. Hinter
ihnen stehet beÿ f. ein erhabenes

pede=[25]11{r}

pedestal darauff eine große kugel, und auff derselben ein Adler stehet,
welcher eine fama träget. beÿ b .c. d. e. stehen auff niedrigen bilderstühlen,
Fidelitas, Fortitudo, Vigilantia und Prudentia. Endlich sind an den Vier Seiten
des Tombeau g. h. i. und k. vier berühmte Seeschlachten, wel{c}he dieser Admiral
commendiret, basso relievo gehauen. Die Inscription stehet oben an den Him{m}el
(od)oder Decke des Grabmahls. Das gantze werck ist von weißen Marmor, ohne daß
in dem Tombeau ümb die bassi relievi etwas wenig schwartzer, eingemischet ist.
Die bildhauereÿ ist nett fleißig und von guter zeichnung, die Vier tugenden
aber sind nicht mit genug deutli{c}hen kenzeichen versehen.

Umb das Haag herum sind die königlichen lusthäuser, nebst no{c}h einigen
Gärten wol zu sehen.

1. Das Hauß im busch ist klein aber gar annehmlich disponiret, und hat
und hat nur in den untern Geschoß rechte zimmer, darüber nur no{c}h ein
halbgeschoß vor bediente, und diese beÿde sind auch von der Erde zimlich erho,,
ben. Das vorhauß, und deren liegende treppen sind reich von Marmor.
zwischen der treppe dur{c}h gehet man nach dem Saal wie aus beÿstehenden
haubtriß zu erkennen, der eine gar besondere figur hat, die gar annehm,,
li{c}h heraus komt, sonderlich weil oben eine kuppel darüber ist, die von al,,

[[Grundriss von dem Oranjezaal in Schloss Huis ten Bosch in Den Haag]]


len seiten dem Saal licht giebet,
ist mit Römischer Architectur gezieh,,
ret, die aber nur auff an den Sei,,
ten ausgeschnittenen brettern ge,,
mahlet ist, welches nicht zum besten
aussiehet, hingegen ist alles mit
herlich gemählden von Ant: van
Dÿck
, Hondhost, Rubens und Jor-
dan
, und mit vielen Golde her,,
lich gemahlet. zu beÿden Seiten
liegen Gemächer, jedes aus Vier
stücken bestehende. In dem (erste)ersten
auff der rechten Seiten, ist an dem
Camin ein Gruß Marie von Ru,,
bens
.Note: Knesebeck muss sich hier bezüglich Autor oder Bildthema täuschen. Keines der drei Werke von Rubens mit diesem Thema wurde in Schloss Huis ten Bosch bei Den Haag aufbewahrt. Heute befinden sich die in Frage kommenden Gemälde im Kunsthistorischen Museum Wien (Gemäldegalerie, GG 685) und im Rubenshuis in Antwerpen (RH.S.112); auch auf den Außenflügeln des Triptychons des hl. Sebastians im Musée des Beaux-Arts in Valenciennes (Inv. P. 46.1.10) ist eine Verkündigung dargestellt. das letzte welches gantz klein
ist schön und kostbahr, die wände
sind mit Indianischen holtz und lac,,
werck beleget, wozwischen allerleÿ
felder gelaßen sind, die mit Chine,,
si
scher und Japanischer mahlereÿ und Atlas arbeitNote: Gemeint ist der Stoff Satin. ausgefüllet worden.
die decke in form eines Muldengewölbes ist oben au{c}h mit Indianischen
Rahmen ausgekleidet, die mit Silber und Gold reich eingeleget sind, und
in ihren füllungen Spiegel haben. In einem Cabinet auff der andern
Seite, welches mit diesen in Sÿmmetrie stehet, sind ni{c}ht weniger kostbar,,
keiten. Es ist reich mit gediegenen Silber und Gold beschlagen, und finden
sich viel rahre migniatur stücke, vortreffliche metallene Sigilla oder klei,,
ne Statuen und ungemeine Corallstücke.

Von[26]{11v}

Von da kan man bald zu des (he)herrn von St. Annenland Garten kommen wel{c}her
glei{c}hsam dreÿ besondere Gärten ausma{c}het, die nach dreÿ theilen der Weld
liegen, vor welchen mitten das haus angeordnet ist, das theil zur re{c}hten
hand im Hineingehen, ist das notabelste. wegen seiner schönen geschnittenen He,,
cken, und taxusbäume, von unterschiedlicher höhe, welche ein ander gar
annehmlich überhöhen, und dadurch ein schönes Theatrum machen.

Von diesen kömt man leichtlich in den schönen weg nach Schevelingen, wel,,
cher in einer gantz geraden Allée von dem Haag an biß nach (Schevelinge)Schevelingen
mehr alß eine halbe Stunde weit hinausgehet, gantz gleich mit klinckers ge,,
pflastert, und im übrigen so schön ist, alß sonst keine Allée in Holland, da
daß das rechte Vaterland der Alléen ist. Lincker Hand neben diesen weg lie,,
get des Graf Portlands garten Sorgvliet genandt, der wegen seinen un,,
gemein schönen alléen, und wol unterhaltenen und geschnittenen bäumen
hoch zu æstimiren ist. die Gebäude sind da gar schlecht, und von holtz auff gebau,,
et. Der Vorgarten, und der berg darinnen sind Ingenieus genug angegeben,
und in der Grotte, die sonst schlecht ist, finden sich woldisponirte Spiegel, die
die vüe angenehm multipliciren. Auff der anderen Seite vom Haag,
nach Delpht zu liegen auch noch zweÿ königliche lusthäuser.

Rÿswÿck, welches durch den letzten friedensschluß berühmt worden, lie,,
get mitten in einen parc, und siehet zimlich wüste aus, weil der könig sel,,
ten dahin kömt, es ist wol ausgetheilet, weil aber die Architectur, theils
negligent ausgearbeitet, und im ubrigen gar zu klein, und Unansehnli{c}h
ordiniret ist, entgehet dadurch dem hauß ein großes theil seiner Schönheit. Es
enthält zweÿ Geschoß, davon das untere Dorisch, das obere Ionisch. die Dori,,
sche ordnung ist mit bossagen, die fenster sind mit vollen Gesimsen, und
Gibel{c}hen geziehret. Das stehet nicht schön daß der borten über allen
wandpfeilern verkröpfet ist. die ausarbeitung ist au{c}h gar schlecht. Das
gantze Gebäude lieget in einer linie, auff einer mit steinern Geländern
von dem Hoff und Garten abgesonderten terrasse, von etwa 3. (od)oder 4. stuf,,
fen hoch. Es hat in der Mitte ein groß Corps de Logis von 9. Säulen weiten,
welches gegen dem Garten na{c}h eine zimlich Vorlage hat. 3 Säulen weiten
in front, und 2. in flanq haltend. Das untere Geschoß ist gantz mit offe,,
nen bogen, alß eine Logia. Darüber ist das Gemach, worinnen sich die
Gesandten beÿ dem Mediatore versamelet haben, der das mittlere Corps
de Logis
innen hatte. Es lieget auch der große Sahl darinnen. Neben diesen
Corps de Logis sind beÿderseits Galerien, 7. Säulenweiten lang und 2 breit.
Und an denselben beÿderseits ein Pavillon 4. Säulen weiten lang und breit.
Dieweil diese austheilung so correct und gut ist, und sich besonders wol zu
den friedenstractaten geschicket hat, wil i{c}h hier einen haubtriß von den
zimmern vorstellen.

  • a. der Sahl der algemeinen Conferentien.
  • b. gemächer des Mediatoris.
  • c. deßen Gemach zu den besondern con,,
    ferentzien.
  • d. freÿplätze vor der treppe,
  • e. galerien.
  • f. gemächer der Alliirten Ab,,
    gesandten,
  • g. Gemächer der frantzösischen
    Abgesandten.
[27]12{r}

[Die Buchstaben in der Zeichnung sind nicht transkribiert.]


Das untere Geschoß hat schöne ästriche von marmor, die in jedem zimmer nach
andern figuren zusammengesetzet sind. Die Camine sind au{c}h mit vielerleÿ
art Marmor bekleidet. Die böden und Camineinfaßungen in dem oberen Ge,,
schoß sind nur von holtz, die thüren aber in den gantzen hause sind gantz schlecht und
sehr klein, welches einen großen Mißstand giebet. Der große Camin im Saal
ist mit schönen verguldeten tischerwerck bekleidet, und ist des itzigen königs Uhr,,
an Herr
von fueß auff in lebensgröße davon daran abgemahlet.

Hondslaersdÿck ist schöner und fället etwas ansehnlicher ins auge alß
Rÿswÿck, ohnerachtet wol daran zu sehen ist, daß sie von einerleÿ bauMeister
angegen worden. Die innere disposition erweiset abermahls, daß dersel,,
be die austheilung der zimmer beßer, als die übrigen Stücke der baukunst ver,,
standen. Es bestehet der gantze bau, aus (ein)einem Corps de Logis, mit 2 flügeln
die einen viereckigten hoff beschließen, der fern mit einer Galerie und altan
geendiget ist. Es hat zweÿ volkommene Geschoße, und darunter noch ein kel,,
l{er}ei Geschoß mit niedrigen fenstern. In Holland ist dieses Haus gantz gut
in kupfer gebra{c}ht worden dur{c}h Gerhard Valck, woraus man gantz sicher von
dem Gebäude Urtheilen kann na{c}h dem äuserlichen ansehen, nur ist dabeÿ zu,,
mercken, daß die vordere faciate, unten mit Ionischen, oben mit Römischen
wand Säulen, im gantzen hoff herum aber unten mit Dorischen, oben mit Io,,
ni
schen wandpfeilern geziehret ist, welches zimlich wunderlich heraus komt,
sonderlich da die zweÿ Pavillons na{c}h dem Garten und auff einer Seite Ar,,
chitectur haben, und an den übrigen gantz glat sind. Das Vorhauß innen
ist wieder Ionisch, sonst gar wol ausgetheilet, und mit busti so aus Stein ge,,
hauen geziehret. Die Treppe ist über aus wol angeordnet mit ruheplätzen
und Geländern von Marmor, und mit einer hohen kuppel gedecket, die an
der decke ein schön gemählde hat, und umb und umb dur{c}h ihre fenster licht
hinunterwirfft, daß die Treppe die schon unten von den ordinaren fen,,
stern licht hat vortrefflich erleuchtet ist, und in ansehen der zimmer fast zu,,
viel. Aber außen auff dem Dache gegen den Hoff fället diese länglich ova,,
le
kuppel gar flickhafft und miserabel ins Gesichte. An marmornen ästrichen
und Caminen ist eben wie zu Rÿ{s}wÿck nichts gespahret, und die Thüren sind
durchgehends eben so elend ordoniret. Im gegentheil sehen oben die zim{m}er
beßer aus weil sie wol meubliret sind, und mit schönen Gemählden, von
den besten Holländischen Meistern geziehret sind, sonderlich ist das so genand,,
te Ost Indische Cabinet der königin zu remarquiren worinnen ni{c}ht eines

fin,,[28]{12v}

fingers groß ist, so nicht von OstIndisch,, Chinesisch, (od)oder Japanischer, Lack,,Mahler,,
Stücke und anderer arbeit ist.

Von Haag nach Delpht ist eine Meile. Diese Stadt ist eine der regulier,,
sten unter den Holländischen. Sie ist vor andern berühmt wegen der Porcellain
Manufactur
, die no{c}h täglich daselbst höher getrieben wird, daß wer nicht wol
zwischen Delphischer und Ost Indischer arbeit unterscheiden kann, anitzo leicht,,
lich eine vor die andere nehmen solte. Die Gaßen und Häuser sind zwar
nett, aber sonderliche remarquen von Architectur sind ni{c}ht daran zuma,,
chen. Das RahtHauß stehet freÿ auff einen großen Marcktplatz, ist von
schönen steinen mit recht fleißiger arbeit erbauet, die Architectur ist
wunderlich und halb Gothisch, fället aber gar angenehm in die augen, wo,,
zu das dabeÿ angewendete vergulden nicht wenig contribuiret. In,,
nen im Vorhauß gegen der thür über steht ein kleiner trohn, (od)oder platz mit
4. Dicken schwartz Marmornen Säulen von dem vorhauß abgesondert, auff
welchen dreÿ Marmorne bögen von gar guter arbeit ruhen. Das vor,,
nehmste sind die Epitaphia, welche etwas weitläuffiger beschreiben wil, Ge,,
gen dem Rath,,Hause über in der alten (od)oder St: Ursel kirche. Sind diese zweÿ
Tombeaux vor andern zu sehen.

A.

B.

A. Ist des Admiral Mart: Hub: Tromps GrabMahl, von Roht und weiß ge,,
äderten, von weißen, und von wenig schwartzen Marmor sauber zu,,
sammen gesetzt, oben auff halten zwey Greiffen das wapen, und liegen
2. alte tritonen daneben, die im entwurff aus mangel des platzes sitzend
gemachet worden, wie den alles zu groß gezeichnet ist.

[29]13{r}

B. Ist des Admiral Heinii Grabmahl. welches gantz schlecht und von
schwartz und weißen Marmor gemachet ist. Die arbeit und zeichnung
ist beßer daran alß an Tromps Grabmahl. Von beÿden ist nicht zu
loben, daß Sie eher kleinen Altären alß Grabmahlen Gleich sehen.

In der andern kirche welche St: Hÿpoliti, (od)oder die neue genennet
wird, ist das schöne GrabMahl Printz Wilhelms von Uranien der ermor,,
det worden, worinnen auch Printz Moritz begraben lieget, Den auf,,
riß davon zu machen hatte ich ni{c}ht zeit genug, der Grundriß aber ist
dieser.

[Die Buchstaben und Zahlen in der Zeichnung sind nicht transkribiert.]

Es ist ein Tombeau von schwartzen Marmor mit a b c d. bezeichnet,
darauff lieget Printz Wilhelm auf einer Decke ausgestrecket, beÿ 1.
in einen langen Rock, und einen Hertzogshut, der fast einer
Schlaaf Mütze gleich siehet. zu seinen füeßen lieget ein Hund. Dieses al,,
les ist von Alabaster. Vorn beÿ 2. sitzet bemeldeter Printz in vollen
harnisch. Hinten beÿ 3. stehet eine fama von Metal, welche sehr wol
gezeichnet. Uber diesen Tombeau ist ein herlich Monument von weißen
Marmor gebauet nach anweisung vorhergehenden Grundrißes, nem,,
lich auff den 10. Säulen in der Mitte liegen um und um bogen, die
ein kreutzgewölbe in si{c}h beschließen. Auff den vier Eckpfeilern, mit
ihren daran gehängten Säulen, ist eine attique, so hoch alß die bogen
über den andern, über allen diesen gehet erst das Gebälcke her,,
um. Die Säulen sind von schwartz,, das übrige von weiß Marmor,
an den attiquen stehen Emblemata in bassi relievi, und darüber
sitzen weinende kinder, mit verloschenen fackeln.

zu[30]{13v}

zu oberst stehen no{c}h 2. weinende kinder welche die Inscription
halten

D.O.M. et æternæ memoriæ Guilielmi Nassovi suprem: Aurasionen-
sium Principis Patris Patriæ, qui Belgii Fortunas suas posthabuit
et suorum. Valedissimos Exercitus ære plurimum privatobis conseri,,
psit, bis induxit Ordinum auspiciis. Hispaniæ tÿranidem propalit:
veræ religionis cultum, Avitas Patriæ leges revocavit, resituit: ipsa
(deniq)denique libertatem tantum non assertam Mauritio Principi Paterna
virtutis Heredi filio stabilendam reliquit: Herois vere pii, pruden-
tis invicti: Qvem Philippus II. Hisp: Rex. ille Europæ Timor, timuit,
non domuit, non terruit, sed embo percussore fraude nefanda sustu,,
lit. Foederat. Belg: Provinc: perenni meritor. monum. P.C.C.

zu Delpht habe ich beÿ den berühmten Leuenhoeck seine vortref,,
liche Microscopia gesehen, weil aber diese, ob schon sehr curieuse materie
nicht hieher gehöret, übergehe ich sie mit stilschweigen.

Von Delpht na{c}h Roterdam. sind 2. Stunden. Diese Stadt ist anitzo
die Volckreicheste nach Amsterdam, und wegen der Schiffahrt sehr be,,
rühmt. Dieses ist sonderbahr an ihren port, der sonst wol beqwehmer
ist alß der Amsterdamische, daß die größten Schiffe an einen ende der
Stadt ein, und an den andern wieder ausfahren, und solchem nach
ihre wahren gar beqwehm debarquiren können. Auff jeder seite die,,
ses Canals stehet an beÿden Enden der Stadt ein Thor von passabeler
Architectur
wie na{c}hfolgender ohngefehrer entwurff, an den zweÿ
letzten zeiget. An beÿden seiten des Canals stehen die besten häuser,
von der Stadt, die sonst daselbst schlechter, alß in bißher beschriebenen
sind. An der einfahrt ist auff einer Seite ein Dorisches mit binden
oder bossagen, welches von gar reiner Architectur eben ni{c}ht ist. Das
andere auff der andern Seite, hat 4. Ionische wandSäulen, welche ü,,
ber die helffte aus der wand stehen, das thor ist nicht gar doppelt so ho{c}h
alß breit. Uber den 4. Seulen ist ein fronton. Ist also dieses thor zwar
gantz simpel, aber von gar reiner Architectur, aussen sind die Thore
wie innen. Wen man biß zu ende der Stadt komt, stehet das
Thor A. zur lincken und B. zur rechten Seite.

[[Ansicht von einer Fassade von einem Torgebäude am Hafenkanal in Rotterdam]]
folgen,,[31]14{r}
[[Ansicht von einer Fassade von einem Torgebäude am Hafenkanal in Rotterdam]]


folgender auff und grund Riß zeiget die halbe Faciata des landt,,
hauses
zu Roterdam. auff der ho{c}hstraße. Sie ist gantz sauber von qua,,
der
Steinen gebauet, do{c}h ingegen die andere Ecke, welche au{c}h freÿ gegen
einer qwer Gaße steht, auff gut holländisch von ziegelsteinen, und gar
glat und schlecht erbauet ist, welches der zierde des vordern baues gar
viel benimt. Die dispositon an dieser Faciata ist gar verständig,
bloß die Schnirckel an dem fronton, über der untern vorlage beÿ
a. und über dem obern fenstern das schnitzwerck, sind von keinen
guten gusto.

Es ist au{c}h hier zusehen die Glaßmachereÿ, und nahe dabeÿ, beÿ dem
(He)Herrn van Vliet, die schöne papierarbeit.Note: Die Erwähnung von Knesebeck ist nicht eindeutig: Bezieht sich die „Papierarbeit“ auf die Ausstattung des Hauses beispielsweise mit Tapeten oder auf dort gesehene Arbeiten auf Papier des Malers Hendrick Cornelisz van Vliet?

In der Haubtkirche ist auch ein Tombeau des Admiral Wittensens,
wel{c}hes gar gut gearbeitet, weil es aber eben nach dem gusto
wie die Delphtischen gema{c}het ist, habe ich selbiges nicht auszeich,,
nen mögen.

Auff[32]{14v}
[[Ansicht von der Fassade von dem Corps de logis von einem Landhaus in Rotterdam]]
[[Horizontalschnitt von der Fassade von dem Corps de logis von einem Landhaus in Rotterdam]]

Auff einer großen und breiten brücken, die wie ein kleiner
Marckt aussiehet stehet des berühmten Erasmi Roterdami Statue von
über lebensgröße und darunter diese auffschrift:

Desiderio Erasmo
Magno Scientiarum (atq)atque literaturæ
politioris vindici instauratori
Viro Seculi Sui primario
Civi omnium præstantissimo
ac nominis immortalitatem Scriptis
æquiternis jure consecuto
S. P. Q. Roterdamus
Ne quod tantis apud Se Suosq posteros
(virtutib)virtutibus præmium deesset.
Statuam hanc ex æere publico
erigendam curaverunt.

Es[33]15{r}

Es hat dieser vortreffliche und besonders umb die literas humani=
ores
hochverdiente Mann, au{c}h diese sonderliche meriten, daß er den
gebrauch des Torffs, und die Segel erfunden, deren man sich auff den
kleinen Scheuten bedienet, da man mit allen winden segeln kann.
Deßwegen eine so große hochachtung vor Ihn in Roterdam gewesen,
daß sie auch das kleine hauß, worinnen er gebohren worden, conser,,
vi
ret, und mit Teutschen, Spanischen und Lateinischen Inscriptionibus
beehret haben.

Von Roterdam nach Gaude fahrend, welches 3. Stunden davon
ist, habe ich eine Rollbrücke gesehen, die aber nur klein, und vor bau,,
er Schueten dienete. Mann könte sich derselben auff den teutschen
flüßen wol bedienen, man müßte aber besondere Schiffe von
2. kiehlen, und demnach unten mit einen platten boden dazu
bauen.

[[Ansicht von einer Rollbrücke bei Rotterdam]]

Man hätte sie vor allen an Stat der Schläussen auff der Saale
wolgebrauchen können. Die ordinäre Schiffe aber kommen leicht,,
lich darauff zu schaden.

Gaude ist eine ziemlich artige und reinliche Stadt, da alle Schiffe
durchgehen müßen, die von Roterdam nach Amsterdam, und vice
versa
gehen. Das sonderlichste an dieser Stadt ist, daß sie durch hülffe
der Schläussen alle tage ihre Canäle ablaßen, und wieder mit
frischen waßer anfüllen kann, welches sonst keine Stadt in Hol,,
land
zu thun vermag.

An Gebäuden ist daselbst gar ni{c}hts zu sehen, ohne die große Marckt,,
kirche St: Johannis
, welche wegen ihrer Glasfenster berühmt ist, die
vortrefflich in feuer gemahlet worden. Die zeichnung ist zwar
ni{c}ht allezeit gar zu correct, und sind sonderlich gar offt die füeße
viel zu lang, offt ein fueß mehr als 1 1/2 mahl so lang alß das Haubt.
Indeßen muß man gestehen, daß die Glasstücke mit großen
verstandt ajoustiret worden, daß sie die zeichnung nicht verstel,,
len, die colorit und schattirung ist admirabel, die ordonantz zim,,
lich und sehr reich. In Summa man wird schwerli{c}h irgendwo so schö,,
ne gemahlte fenster und in solcher menge entworffen, die au{c}h

so[34]{15v}

so viel licht durchlaßen, und ein Gebäude so wenig verfinstern.
Hertzog Ericus von braunschweig hat au{c}h eines von den besten fen,,
stern mit verehret, worauff Heliodorus gemahlet ist, aus dem buch
der Maccabeer,Note: Bezieht sich auf eine Schilderung im zweiten Buch der Makkabäer im Alten Testament (2 Makk 3,23-30). wie er wegen vorhabenden kirchen Raubs gestraffet
wird. Die Mahler wel{c}he diese Gläser fast alle verfertiget, sind
2. brüder, Diterich Peter, und Walter Peter, beide brabathen. In
eben dieser kirche ist auch eine gantz schlechte Capelle außen mit ei,,
nen weiß marmornen Portal geziehret, davon der auffriß dieser ist.
Oben auff in der mitte sitzen zweÿ weinende kinder an einer ur=
na
, über jeder thüre lieget ein Todten kopf. zu oberst in der mitten
sind noch 3. mit festonnen zusammengehängte wapen. Dieses
Grabmahl ist des (He)Herrn von Bevoerincks, burgermeisters zur Gau, und
damahligen Abgesandten der He{rre}n: (Gen)General: Staaten.Note: Knesebeck beschreibt das Portal der Kapelle, die Hieronymus van Beverningh fast 15 Jahre vor seinem Tod anstelle einer Kapelle aus dem 15. Jh. errichten ließ. Er wurde hier 1690 beerdigt. Der im Text evozierte obere Teil der Kapelle ist in Knesebecks Zeichnung nicht dargestellt.

[[Ansicht von der Van-Beverningh-Kapelle in der Sint Janskerk in Gouda]]

Von der Gau. sind 7. Stunden nach Dordrecht, alwo ni{c}hts besonders
zu sehen. Von Dordrecht kan man ein{e}n wagen nehmen biß an die
neue fähre auff eine Stunde. Von da gehet alle Stund, und öffters
eine Scheut ab nach Lage Swalff 1 1/2 Stund, und von dar muß man
einen karren miethen biß Breda, welches noch 4. Stunden davon lie,,
get.

Diese berühmte festung dem itz regirenden könig in Engelland
alß Printzen von Nassow zuständig ist ein vortrefflich Exempel ei,,
ner verbeßerung, und verstärckung einer alten (fortificatio)fortification,
wel{c}he von den renommirten van koehorn glücklich ausgeführet
worden, deswegen bin ich 3. Stunden um den wall herum ge,,
gangen, und habe na{c}h anleitung des alten grundes,Note: Vgl. den Plan von Breda in Abelinus/Merian 1662, nach S. 832: https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb11048516_00258.html. den man
in dem Theatro Europæo findet, die verbeßerung angezeichnet
wie beÿstehender Riß zeiget. Jedennoch ist nicht alles völlig vollen,,
det, indem von a. biß zu b. alle bollwercke herlich von brique auf,,
gemauret, die übrige aber anno{c}h bloß von Erde sind. Die
alten bolwercke sind nicht allein auffs beste menagiret (word)worden,
sondern au{c}h die Außenwercke, daß solchem na{c}h diese verbeße,,

rung[35]16{r}

[Die Buchstaben in der Zeichnung sind nicht transkribiert.]

Schloss
Breda.
100. (Rheinl:)Rheinländische (R.)Ruten

[36]{16v}

rung mit wenig kosten und ohne verlust des terreno in der festung
zu wege gebracht worden. Doch ist beÿ c d. ein ganz spitzig bolwerck
mit einer großen Ecke abgeschnitten worden. Das Schloß ist nicht
viel besonders, der garten ist zimlich wol angeleget, und liegen zweÿ
re{c}ht lustige kleine parc dabeÿ, die Statuen aber sind von Thon, und
so elend geformet, alß wen sie von einen Töpfer gemachet werden.

In der Haubtkirche auff den großen Marckt, sollen schöne tombeaux
stehen, i{c}h habe aber so lange ni{c}ht bleiben können selbige zu besehen.

Von Breda muß man mit Extraordinar gemietheten karren
na{c}h Antwerpen gehen, weil keine ordinar fuhre dahin gehet. Diese
große berühmte Stadt lieget 10. Stunden davon, was aber dabeÿ
zu remarquiren, will ich beÿ beschreibung des Rückweges anführen.

Von Antwerpen biß Gent geht man mit einer ordinar kut,,
sche, die wie die teutschen land Gutschen beschaffen ist. 10. Stunden weit
lieget diese Stadt von Antwerpen, ist sehr groß und no{c}h zimlich wol
bebauet, jedo{c}h nicht so schön alß Antwerpen. Auff einen großen
platz
ist auff einer schwartzen Säule, Caroli V. bild ins lebensgröße
gehauen, und gantz verguldet. die arbeit ist no{c}h leidlich. das Raht,,
hauß
stehet an einer Ecke, da zweÿ Gaßen zusammen lauffen, ist sehr
ho{c}h und groß. Es hat Dreÿerleÿ Architectur. Auff einer Seite sind
3. Reihen gekuppelte wandSäulen, vier Säulenweiten. Die unterste
Dorische Ordnung ist mit binden (od)oder bossagen, mit den basen lauffen
sie in einander, an den Capitälen sind sie gantz, ohne das eine platte
auff beÿden lieget. Die Trigliphen sind sonst no{c}h wol ausgetheilet,
hierauff stehet eine Ionische ordnung, und darauff eine Corinthische
mit kragsteinen, wie Serlio an der Composita machet, in den (borte)borten.
Hiernach ist das Gebäude längshin gantz Gothisch von sehr kostbahrer Ar,,
beit,Note: Das Gebäude ist L-förmig angeordnet und hat folglich zwei Fassaden. alß man schwerlich etwas beßers von solcher ahrt finden wird.
Umb die Ecke gehet diese arbeit auff 5. fenster fort, hernach kömt
no{c}h ein Stück wiederum von moderner Architectur, welches 19.
Säulenweiten und so viel fenster begreiffet, und gar ein gu,,
tes ansehen hat. Unter dem 10. und 12. fenster steht in dem unter,,
sten geschoß ein gut Portal mit einer wol disponirten freÿtreppe.

Von Gent gehet man mit einer gehängten Carosse nach Lille
einer großen und schönen Stadt, 11. Stunden von Gent gelegen;
Die Fortification der Stadt ist starck, von hohen innen und aus,,
sen von ziegelstein gemauerten wällen und bastionen, davor
no{c}h schöne Außenwercke liegen. Die bolwercke sind an einigen ort{e}n
gar klein, hingegen revetirte raveline mit contregarden, die contrescar=
pen
haben places d’armes und traversen. Vor der Porte Malade sind
die bolwercke größer mit schrägen flanquen, viereckigten Orillons, und
places basses retirées. Die Citadelle ist vor allen schön fortificiret,
und der zu Antwerpen weit vorzuziehen. Es sind au{c}h die Thore gar
artig disponiret, und sonderlich die so genandte porte de france,
der des Malades
gantz neu von quadersteinen sehr ho{c}h und präch

tig[37]17{r}

tig angegeben wie folgender entwurff zeiget. Die proportion ist
etwas enge und ho{c}h, vergnüget das Auge sehr wol. Die Sculptur ist
sehr net und annehmlich.

[[Ansicht von der Porte de Paris in Lille]]
[38]{17v}

Es sind au{c}h schöne kirchen in der Stadt nach moderner art gebauet,
sonderlich 3. Die Dominicanerkirche, welche unten Ionisch, oben Corin=
thi
sch ist mit zusammen gewachsenen Säulen und pfeilern, ohngefehr
von diesen grundRiß.

[[Horizontalschnitt von der Fassade von der Église des Dominicains in Lille]]

Innen ist die kirche mit bogen die auff Ionischen freyen Säulen lie,,
gen, und einer emporkirche darüber nur von Stein, und auff einmahl
so gut disponiret alß die Jesuiterkirche zu Antwerpen. zu beÿden
Seiten sind herliche Landschaften, mit kleinen geistlichen Historien.
Die kirche der Recollecten ist schöner und reiner von Architectur
außen sind dreÿ Reihen über ein ander, Dorisch mit mutulis, aber
nicht wol ausgetheilet, Ionisch mit eingebau{c}hten borten, und Corin,,
thi
sch. Die face ist in etwas hier nach halb entworffen, innen ist
nichts remarquables von Architectur.

Die Jesuiter kirche ist gar klein
aber niedlich, hat einen schönen Altar
von Corinthischen rothmarmornen Säu,,
len, mit einen schönen Gemälde.
Das Portal hat 2. gekuppelte Dorische
Pfeiler beÿderseits, mit (ein)einem bogen
dazwischen, von gar guter proportion,
wie folgender entwurff zeiget.

[[Ansicht von einer Fassade von der Église Saint-Étienne in Lille]]

3 10 3 6 1/4

[39]18{r}

Von Lille biß Arras sind wiederumb 11. Stunden. Diese alte bischöf,,
li{c}he Stadt ist eben nicht zum besten constituiret. Die fortification ist
gantz zerfallen. An Gebäuden ist ni{c}hts darinnen, ohne zweÿ Thürme,
die renoviret, und oben ziemlich wol façoniret sind. Die Citadelle
ist sehr schön gebauet, aber sie lieget niedriger alß die Stadt, und alß der
terreno umbher, aus was vor uhrsachen habe nicht erfahren können.
Deswegen sind au{c}h um die Citadelle herum musqueten schuß (voneinand)voneinander
fünffeckigte detachirte Redouten von brique geleget, mit niedrigen
Gewölben versehen, haben aber keine retiraden, noch communications li,,
nien.

Von Arras biß Amiens, sind wiederumb 11. Stunden, diese Stadt ist
no{c}h zimlich gebauet, doch siehet man überall die Armuth der fran,,
tzösischen unterthanen hervorblicken, die Sie do{c}h auff alle weise zu ver,,
bergen beflißen sind. Es ist nichts remarquables in der Stadt, alß die
Chatedral,,kirche Nôtre Dame, von der die frantzosen ungemein viel
wesens machen, alß wen man in franckreich nichts gesehen hätte,
so man diese kirche nicht sähe. Sie ist ertz Gothisch, und nach dieser Ahrt kost,,
bahr genug gebauet, indem an den Vrissen[?] der haubtthüre allein etli,,
{c}he hundert sitzende bilder von sehr miserabler zeichnung ausgehauen
sind. Die Stühle im Chor sind nach derselbigen art sehr wol von holtz ge,,
schnitzet. Sie ist aber ni{c}ht einmahl so schön alß die Lorentzer kirche in Nürn,,
berg
, und gegen den Thum zu Regenspurg gantz im geringsten ni{c}ht zu
verglei{c}hen.

Von Amiens gehet man über Bretteville à 7. (frantz)frantzösische Meilen,Note: Knesebeck bezeichnet die Stadt Breteuil fälschlicherweise als „Bretteville“. Eine Meile entspricht 4,445 km (vgl. Chantelou 2001, S. 38). Die Distanz zwischen Amiens und Breteuil entspricht demnach 31,11 km, was in etwa mit der aktuellen Entfernung übereinstimmt.
St. Jus, 6 1/2 (M.)Meilen Clairmont, 3. Craille, 3. Lusarche, 3. nach St. Denis, a 4. Mei,,
len. Hier ist wiederumb die kirche St. Denis unter die schönen Gotischen
kirchen zu zehlen. Es liegen darinnen die könige begraben, und
sind viel schöne Marmorne Monumenta zu sehen, die aber alle von
dem Tombeau des Marschall Tourenne übertroffen werden. Es
stehet an der lincken seite im hineingehen, neben den Chor, nahe beÿ
dem eingang, der runden Mausolei der könige, welches Marot gar
schön abgezeichnet, da es doch ein sehr zerfallenes Gebäude ist, und
sehr elend aussiehet. Ehe man zu des Tourenne Grabmahl kömmt,
stehet außen noch ein Grabmahl von über dem liegenden bildnis
des königs Lud: XII. +) auffgerichteten Arcaden zwischen welchen wol,,
gehauene und gezeichnete Statuen der Tugenden sitzen. Die Filles
de l’Assomtion
haben an diesem orte ein artig klein kirchlein wie
in folgender (fig)figur zu sehen, woran die Architectur gar correct, und
die proportiones wol ausgeführt sind, die construction ist recht und ac,,
curat, im übrigen aber gantz schlecht, die untere Ionische collonate
scheinet gantz Scamozzi proportion zu haben, wie den die Säulen
selbst mit ihrem Gebälcke fast gantz deßen austheilung behalten
haben. Das gantze werck ist von Quadersteinen, und mit Schie,,
fer gedecket.
+ und Anne de Bretagne

Von[40]{18v}
[[Ansicht von der Fassade von der Église des religieuses de l’Assomption in Saint-Denis]]


Von St. Denis ist noch 1 1/2 Meilen nach PARIS. Da ich durch die Pforte
St. Denis
passirende, dieselbe mit Blondels Riß in seinem Cour d’Ar,,
chitecture
gantz einstimmig befunden. Sie ist innen wie außen dispo,,
ni
ret, und die bildhauereÿ daran ist auserlesen gut. vor dem ältern
Anguier
,Note: Michel Anguier (1612-1686) und nicht sein älterer Brüder François (1604-1669) arbeitete an der Porte Saint-Denis. Es bleibt unklar, warum Knesebeck hier Michel als den älteren Anguier bezeichnet. Girardon hatte den anfang daran gemachet, muste aber um
der königlichen Arbeit wegen davon abstehen. Sonst ist in der Rüe St.
Denis
von Architectur eben nicht viel zu sehen, ohne die Fontaine des In,,
nocents
, wel{c}he billig vor ein re{c}ht gutes Stück der reinen baukunst
gehalten wird. Es hat das Gebäude zweÿ Etagen, davon die untere
gantz schlecht, die obere aber gar zierlich ist. Es ist an ein Hauß angebauet
und hat zweÿ Seiten alleine freÿ, deren eine na{c}h der Gasse St. De,,
nis
zweÿ, die andere Dreÿ bögen von recht guter proportion, etwas
über Doppelt hoch begreiffet. Dazwischen sind Composite Pfeiler 5: Mo,,
dul
weit. In den bögen stehen Geländer. zwischen den Pfeilern
sind Nimphen gantz bas reliev in allerleÿ Statuen, von guter
zeichnung, sonderlich an den Gewändern. Unter den Geländern

der[41]19{r}

der bögen an dem Stück welches die Säulenstühle formiren sind bassi re,,
lievi
von kindern und Najaden. Jean Gougeon ein habiler bildhau,,
er hat Anno 1550. dieses gantze werck angegeben, und gearbeitet.Note: Knesebeck täuscht sich in der Datierung: Die Nymphen stammen von 1547-1549. Der
gusto des werckes ist recht Antichisch. Es ist aber schade daß dieses werck so
gar nicht gereiniget wird, welches au{c}h den meisten übrigen in Paris
fehlet. besiehe die folgende (fig)figur den Grundriß und aufriß der werden
faciata.


Grund und Aufriß der Fontaine
St: Innocent.
in der Gaße St. Denis
zu Paris.

Unten über dem Wasserhahnen stehen die worte Fontium Nimphis.
An der Seite stehet auff schwartzen Marmor,

Quos duro cernis simulatos marmore fluctus,
Hujus Nimpha loci credidit esse suos. 1689.


Weiter hinauff in der Rüe St: Denis auff der andern Seite. ist die
kirche St. Leu et St. Gilles, ein gar schlecht Gebäude. Do{c}h ist darinnen zu no,,
tiren das Abendmahl, an dem HaubtAltar von Francisco Porba. wel,,
{c}hes wol gemahlet ist. An der lincken Seite neben dem Schiff ist eine Ca,,
pelle
, welche mit einer kleinen kuppel erleuchtet, und sonst artig

ordi,[42]{19v}

ordoniret ist, reich von Gemählden, darunter das Abendmahl der Jünger zu
Emaus gemahlet ist, alß wen der Heyland einen Jünger eine ho,,
stie
reichete. Hinten neben dem Chor ist ein Tombeau de Charlo,,
te de Besançon
,Note: Knesebeck täuscht sich: Es handelt sich um das Grabmal von Marie des Landes, Ehefrau von Chrétien de Lamoignon (1567-1636), das von François Girardon realisiert worden war und sich ursprünglich in der Église Saint-Leu-Saint-Gilles in Paris befand. Vgl. Maral 2015, S. 469. von Girardons invention, und guter arbeit, wobeÿ
sonderlich ein bas reliev estimiret wird, welches vorstellet wie diese
Witibe de Lumoignon eines Staat Rahts von den Armen begraben
wird, dene sie viel gutes gethan. Das übrige der Stadt habe ich in fol,,
gender ordnung besehen.

1. Den Pallast aux Thuilleries, deßen beÿde faciaten von Marot
gestochen zusehen sind, worauff man sich vollig verlaßen darff. Es
sind diese faciaten gantz von Quadersteinen mit großen fleiß
und viel kunst gearbeitet, und ist kaum zu sehen daß diese Arbeit
zu unterschiedenen zeiten gemachet worden. An dem mitlern Ge,,
bäude gegen den Hoff ist doch noch viel Marmor, alß die Säulen alle
an den mittelsten Pavillon, von allerhand art, die beiden an den
Ionischen Pfeilern, und hier und dort die füllungen an den wänden
unter den fenstern. Die Proportiones des mittlern und ältern Ge,,
bäudes, sind beßer alß die neuern stücke außen zu beÿden Seiten, da
sonderlich das gar zu hohe Gebälcke über den Corinthischen Pfeilern, die
Pfeiler gantz schwa{c}h und unansehnlich machet. Der Profil dieses Ge,,

2 (Mod)Modul:

1 1/3 (M)Modul.

1 (Mod)Modul:

1 2/3 (M)Modul.


bälckes ist von besonderer ordonance
wie hieneben zu sehen. Ich habe a,,
ber nicht nur an diesem, sondern
au{c}h mehr andern wercken observi,,
ret, daß des Vignola proportion
der Corinthischen Gebälcke von 5. Mo,,
dul
ni{c}ht angenehm sondern zu
schwehr ist. Indeßen haben die bau,,
Meister zu Paris fast in allen
ihren wercken Vignola am mei,,
sten gefolget. An dem mittlern
Gebäude ist in der andern Reihe
die ordnung nicht fort geführet, son,,
dern anstat der Corinthischen Pfei,,
ler gaines des Thermes mit Corni,,
schen gema{c}het, darauff busti ste,,
hen sollen, deren aber nur we,,
nige gegen dem Garten vohan,,
den sind.

Innen ist dieser Pallast gar wol zu sehen. Unten ist das vorhauß
gantz mit Arcaden dur{c}hsichtig gemachet zwischen denen Ionische wand,,
Pfeiler und Säulen stehen, über denen liegen gantze, aber viel zu
niedrige Gebälcke, und ist falsch, daß es einige vor einen Architra,,
vi
rten krantz ausgeben, indem sie sich durch die kragsteine betriegen
laßen, die im borten stehen. Die treppe ist auff gewölben von Qua,,

der,,[43]20{r}

dersteinen nach der coupe des Pierres re{c}ht wolgebauet., Die zimmer sind
alle sehr reich vergüldet, das schnitzwerck auff den Thüren und fensterRah,,
men ist sehr reich zierlich und nett geschnitten. An den wänden sind aller,,
leÿ Grotesquen mit allerhand schönen farben, auff Goldgrund, theils gemah,,
let und mit Gold erhöhet auff einen weißen grund, alles von herlichen
und besonders angenehmen erfindungen. Die Mahler heißen Lemoines,
einer von Paris, der andere aus Lotharingen bürtig, die dieselben ge,,
mahlet haben. Sonst ist der Plafond in dem Garde Saal Grau in Grau
von Loye, der au{c}h den in der Antichambre bund gemahlet hat eine auf,,
gehende Sonne, vor der Aurora hergehet, und die von den Stunden und
andern heidnischen Gottheiten begleitet wird, daneben sind auff 4.
Papp Rollen die Vier Jahreszeiten gebildet. In dem Cabinet ist der Plat,,
fond
von Bertolet.Note: Knesebeck täuscht sich in seiner Zuschreibung: Bertholet Flémal hat nur eine Decke im Palais des Tuileries ausgeführt, jene der Chambre du Roi, die eine Allegorie der französischen Monarchie zeigte. Vgl. Kairis 2015, S. 169-170. Die verguldete Corniche ist mit vielen zierrathen
von Gibs übersetzt an dem Spiegel Gewölbe von Lerambert, die Statu,,
en
aber die daneben sitzen und liegen sind von Girardon. Die große
Galerie
ist an den wänden gantz schlecht und demeubliret, aber die kost,,
bahren Schräncke die daran stehen meritiren wol besehen zu werden. Sie
sind meistens mit einer guten Architectur von Jaspis und andern kost,,
bahren steinen, wozwi{s}chen allerhand mit gestochenem Silber und Gold,
mit miniatur und anderer weise gezierte felder ausgetheilet sind.
Die Decke en berceau ist sehr wol gemahlet, und ist daran die decke der
Galerie Farnese zu Rom, welche Ann. Carachio gemahlet, mit großen
fleiß durch Erard copiret worden. Die nackende bilder auff dem
krantz die daselbst von Stuc sind, sind hier bloß gemahlet, aber so wol
und natürlich daß man sie vor erhaben ansiehet. Der königin Ge,,
mächer
, welche gegen dem Garten zu liegen, sind kleiner, daneben liegen
annoch ein Cabinet und eine kammer gegen den dene Garten, die
man zu des königs zimmer rechnet, worinnen der Platfond, und die
Gemählde über den thüren von Coypel den altern sind. Der königin
Gemä{c}her
hingegen hat Nocret gemahlet, an denen vornehmlich zu ta,,
deln ist, daß si{c}h die Historien an dem Platfond an solchem ort nicht schi,,
cken, auch nicht verkürtzet sind, welches ein unangenehm aussehen giebet.
In der königin Gemach sind schon der Camin und die thüren mit Spiegeln
geziehret, daß also dieses so gar neu nicht ist. In die untern Gemächer des
Dauphins
, da die Modelle der vornehmsten festungen liegen, wird nie,,
mandt leichtlich mehr eingelaßen. Die Salle des Machines, oder das
Theatrum, welches benebst der Capelle und treppe den untern theil des
Gebäudes einnimt ist sehr herlich angeleget, und mit Marmor artig
gemahlter und reich vergoldeter Architectur sehr ansehnlich gema{c}het.
Die disposition der Säulen in dem Proscenio ist prächtig, sonderlich aber
der platfond über der parterre ohngemein kostbahr und sehenswür,,
dig. Der könig hat seinen platz zuvorderst auff der parterre, und ist
derselbe von den daneben liegenden Stuffen bäncken, durch ein 2. fuß
hohes eisernes Geländer unterschieden. Die Gemählde an dem Plat,,
fond
darüber, sind von le Brun gezeichnet und (vo)von Coypel gemahlet.

Es[44]{20v}

Es kômen eine große menge leute, ohne einer dem andern zu hindern
darinnen zu sehen, ohnerachtet der Platz des parterre Gar klein ist. Aber
7000. Persohnen wie die frantzosen angeben können schwerlich Platz dar,,
inen finden, alß aus der planimetrischen ausb{e}re{c}hnung des platzes klar
mag dargethan werden. Der angeber dieses Theatri ist ein Italiänischer
Edelman Vigarini gewesen.

Der Garten aux Thuilleries ist re{c}ht anmuthig zu promenaden, und
mangelt es darinnen an alléen, geschnittenen bäumen und terrassen
nicht, aber von Fontainen, Statuen, (u.)und (d.)der (gl:)gleichen ist nichts notables darin{n}en.
Die freÿtreppen an den terrassen sind sehr wol angegeben, und auff Ma,,
rots
Grundriß von diesen Garten gantz accurat vorgestellet. Der be,,
rühmte le Nôtre, der gleich daran wohnet, ist der angeber davon. Sein
Gemach besteht in 3. auff einander folgenden kleinen stücken, davon
das hintere alß ein kleiner Saal passiren kann. In dem mittlern
stehen ein hauffen schöne metallene Statuen, nach den antiquen beÿsam,,
men, die alle von guten händen sind.

Das Louvre ist ein herlich Gebäude, und ist schade daß nicht daran fort,,
gefahren wird. Erstlich ist der eingang, der von Perrault angegeben (word)worden,
ein Meisterstück der baukunst zu schätzen. Ich habe deßen auff und
Grundriß in etwas entworffen, wie auff folgenden blatte zu sehen. An
dem Gebälcke hat der auctor unter den Sparrenköpfen einen kehl,,
leisten, und über dem borten einen wulst gesetzet, welches gegen den
gewöhnlichen universalgebrauch gantz umgekehret ist, deswegen habe ich

[[Ansicht von einem Gebälk an der Straßenfassade von dem Ostflügel von dem Palais du Louvre in Paris ]]


es hier entworffen. Der krantzlei,,
sten ist auch zu gleich. Es scheinet das
Gebälcke höher alß 4. und niedri,,
ger alß 5. (Mod:)Modul zu sein. Der Rinne,,
leisten solte größer, und der krantz,,
leisten kleiner sein.

Die ausführung von lauter
schönen großen Quadersteinen, ist
so volkommen, alß man etwas er,,
dencken kann, alle perpendicular
fugen sind so vil möglich gewesen
verstecket. Die Architraven
sind nach dem coupe des Pierres aus vielen stücken zusammen gesetzt,
und obschon diese Stücke innerhalb der Mauer keilförmig geschnitten,
sind sie doch außen wo sie ins Gesichte fallen, gantz gerade abgeschnitten,
wodur{c}h es desto verwundersahmer aussiehet. Aber beÿ dem (meist)meisten
dergleichen gerahden Schwellen, wie zum (Ex)Exempel: über der mitlern thür=
re, sind denno{c}h eiserne stangen untergeleget. Es ist diese art der
Schwellen und Architrave nunmehr gantz gemein in paris, aber
vil darunter sehen schon baufällig aus, in welchem Stücke beson,,
ders Peraults wercke si{c}h von dem übrigen distinguiren. Die Glie,,
der über dem krantzleisten des Frontons, sind auff jeder Seite hin,,

auff[45]21{r}

Aufriß der Principal Entrée des Louvre,
angegeben von Mr. Perrault.
Diese faciata ist von den frantzosen nicht in kupfer gebracht worden, ohne daß es unter denen sein mag die der könig nur vor
si{c}h ste{c}hen laßen, hohe Persohnen damit zu beschencken, vielleicht ist es aus Neid geschehen, zumahl man aus andern umbständen
solchen ihren neid gar deutlich bemercket. Der execution und correction na{c}h hat dieses Gebäude in der gantzen Welt kaum sei,,
nes gleichen. Deswegen habe ich es mit mehr fleiß als alles übrige gezeichnet.


Der Modul oder halbe Seulendicke hält 1 3/4 Fueß.
16 5/ [...][?] (M.)Modul   2 [...][?] (M.)Modul   8 6/7 (M.)Modul
11 14/21 (M.)Modul

[46]{21v}

auff, gantz aus einem Stücke, und hat es freÿlich kunst bedurfft, sol{c}he
sehr lange und breite aber ganz dünne Steine unzerbrochen hinauff
zu bringen. Es ist eine besondere Machine dazu gemachet worden,
die die frantzosen über des Fontana arbeit erheben, mit der er
den Obeliscum im Vatican zu Rom auffgerichtet hat. Die dispo,,
sition
dieser Architectur, aber nur in Pilastern, ist au{c}h außen an
der seite des Louvre behalten die gegen dem waßer siehet. Alleine
daß über den haubtfenstern zwischen den Corinthischen Pfeilern, die
gar schön und proportionirlich sind, im andern Geschoße nur niedrige
schlechte bogenfenster sind, wie beÿstehende (fig:)figur ausweiset, könnte ei,,

[[Ansicht von einer Fassadenachse Richtung Seine von dem Palais du Louvre in Paris]]


nigen mit recht vielleicht mißfallen.
Indeßen wird diese disposition gar sehr in
Paris, sonderlich an Mansards Gebäuden
befunden, alß auff dem Place des Victoires
und auff der neuen Place des Conquêtes
oder de Vendôme.
Außer zweiffel benimt
dieses dem Majestätischen ansehen des übri,,
gen baues gar viel. Der hoff ist ein
sehr großer Viereckigter Platz, daran ein
winckel noch das alte Gebäude hat, wel,,
ches einen winckelhacken formiret, und
weniger alß die helfte des itzigen (gantz)gantzen
Gebäudes ausma{c}het. Es bestehet die ordo,,
nantz in 3. Geschossen, davon das unterste
Corinthisch, das andere Römisch, das dritte
nur eine attique ist. An dem neuen Ge,,
bäude ist die gantze austheilung behalten,
ohne daß das dritte Geschoß auch eine volkommene höhe hat, und anstat
der halbpfeiler mit einer gantzen ordnung geziehret ist, welche die præ,,
tendi
rte frantzösische werden solte. Das alte Louvre, deßen austhei,,
lung Marot in einem auffriß publiciret hat, ist völlig ausgearbei,,
tet, und kan niemandt leugnen, daß nicht allein gar gute propor,,
tiones
dabeÿ observiret, sondern auch alles mit der größten kunst und
möglichsten fleiß ausgeführet worden, es ist viel schnitzwerck, aber oh,,
ne verwirrung, und dasselbe so nett und accurat ausgearbeitet,
so wol ordiniret, und so verständig erfunden, daß es nicht zu verbes,,
sern ist. Das neue werck sol eben so ausgeschnitzet werden, welches un,,
erhörete kosten und noch viel zeit erfordern wird. zur zeit ist alles nur
nach der frantzosen weise ebauchiret; Daß ist alle stücke die geschnitzet
sollen werden, bekommen von dem Steinmetzen allein überhaubts
die ohngefehre gestalt, und die haubtmaße der höhen und ausladun,,
gen, und also werden sie mit eingemauert. hernach arbeitet man
sie an der wand aus. Paris ist gantz voll solcher ebauchirter wercke
darunter einige so alt sind, daß sie einfallen dürfften, ehe sie aus,,
gearbeitet werden. Ein guter bauMeister machet sich daraus ei,,

ne[47]22{r}

ne Regul, sich so viel müglich von vielen schnitzwerck zu hüten. Das tach
ist gebrochen, eben wie die so man a la Mansarde nennt, wie es
nun lange vor Mansard gebauet worden, erhellet, daß er fälschlich
vor den erfinder derselben ausgegeben wird.

Innen ist an dem neuen bau noch nichts gemachet, sondern es ste,,
hen die bloßen äußern Mauern. Das alte Louvre aber hat innen
viel sehenswürdiges. Von den obern Gemächern sind einige der Aca,,
demie Françoise
, und einige der Academie d’Architecture eingehe,,
ben, die herlichsten stehen ledig, und sind auff eben die manier wie die aux
Thuilleries
geziehret, auch besonders reich von Gold und schnitzwerck. Ich
will hier kürtzlich des merckwürdigsten etwas gedencken.

Die Treppen zu beÿden Seiten welche unten das Vestibulum, oben
die Capelle begreiffen, sind à deux rampes zwischen Mauern, mit reich ge,,
schnitzen Tonnengewölben gedecket. In den Gemächern der bauMeister
Academie
Note: Seit 1692 war die Académie d’architecture im ehemaligen Appartement der Königin Marie-Thérèse in der ersten Etage des Südflügels untergebracht. Ein Plan von François d’Orbay von 1692 zeigt die neuen Funktionszuweisungen der Räume. Vgl. Bresc-Bautier/Fonkenell 2016, S. 447. ist von zierathen nichts sonderliches zu melden, das merckwür,,
digste darinnen sind die Modelle von verschiedenen Gebäuden des köni,,
ges
. In dem ersten Gemach, in welches man aus der Academie des
Devises
kömt,Note: Knesebeck bezieht sich hier vermutlich auf eine große Antichambre nahe dem Escalier Henri IV, der zwei Fenster zum Festungsgraben und drei weitere auf die Cour carrée besaß. Von hier aus betrat man die von der Académie française und der Académie des devises genutzten Räumlichkeiten. Tatsächlich standen in dieser Antichambre mehrere Modelle von Perrault und Le Vau, die wiederholt beschrieben wurden. Vgl. Babelon 1964, S. 72 u. 74f. stehet unten neben dem eingang ein Modell von der
höltzernen brücke des PeraultNote: Im Manuskript von Nicodemus Tessin findet sich ebenfalls eine Darstellung von Perraults Brückenmodell. Vgl. Tessin 2002b, S. 166, fig. 86. recht mit steinern wiederlagen auffs
fleißigste gemachet. Es ist auff 32. fueß weit gesprenget, und die höl,,
tzer sind keinen zoll dick außer gar wenigen. folgende (Fig:)Figur giebet ei,,
nen ohngefehren auffriß davon.

Auffriß der halben brücke von Perraults Invention.
Der bogen kann beÿ dieser Invention noch flacher sein alß er
hier gezeichnet ist, um die verbindung deutlicher zu machen.

Die festigkeit dieser brücke zu erreichen, hat man das Modell mit
einer großen last steine beleget. Uber dieses stehen zweÿ große Mo,,
delle
, eines von stein nach Peraults angeben, das andere von holtz
na{c}h Louis le Vau, wie die haubttreppe im Louvre solte gebauet wer,,
den.

oben[48]{22v}

Oben in einen von den Gemächern der Academie d’ArchitecturNote: Die Académie d’architecture war seit 1692 im ehemaligen Appartement der Königin Marie-Thérèse in der ersten Etage des Südflügels untergebracht. Ein Plan von François d’Orbay von 1692 zeigt die neuen Funktionszuweisungen der Räume. Vgl. Bresc-Bautier/Fonkenell 2016, S. 447, fig. 341.
stehet ein großes Modell von dem gantzen Louvre, wie es jetzo ange,,
leget ist, und noch eines von dem neuen haubteingang, von dem
vorgemeldet worden, nach größern Maaßstab à part. Das schnitz,,
werck ist sauber darauffgetuschet, und sonst nichts vergeßen worden.
Die Faciata gegen dem waßer ist herlich, mit zweÿ vorlagen an den
Ecken, und mit einer großen freÿtreppe disponiret, denen man aber
im werck nicht gefolget. In einen andern GemachNote: Dieser Raum war vermutlich Teil der von der Académie d’architecture genutzten Raumfolge. Seit 1692 war die Académie im ehemaligen Appartement der Königin Marie-Thérèse in der ersten Etage des Südflügels untergebracht. Ein Plan von François d’Orbay von 1692 zeigt die neuen Funktionszuweisungen der Räume. Vgl. Bresc-Bautier/Fonkenell 2016, S. 447. stehet die haubt,,
Entrée von Perault no{c}h einmahl gar groß von braunen holtz, item
ein General modell von gantz fontainebleau, ein größeres von dem
haus zu fontainebleau à part. Eines von Chambor, wie es sol reno,,
vi
ret werden. Eines von der Treppe zu Nancÿ, umher ins gevierdte
an der rampe mit Ionischen Säulen besetzet. (It)Item: zweÿ Modelle von
Capellen gar componirter figur, und zweÿ von kuppel,,dächern. End,,
lich ist des berühmten Cavaliero Bernini Modell zu der haubt Entrée
des Louvres, welches die dreÿ andern von den frantzosen gegebene
desseine an ansehen übertrifft, alleine daß zwischen zweÿ Säulen
zweÿ mahl fenster stehen, und die dreÿ schlechte bögen zum eingang
sind meines erachtens etwas schlechtes. Die Romische ordnung mit
dem Gebälcke von kragsteinen, ist sonst in viel besseren propor,,
tionen
ausgetheilet alß an den übrigen. folgendes blatt giebet einen
entwurff von der halben faciata.

Das folgende zimmer ist gar prächtig und reich von Gold, do{c}h ist ni{c}hts
dabeÿ sonderlich zu mercken. Aus denselben gemächern gehet man
nach der Galerie d’Apollon, welche gantz demeubliret, und mit gerüsten
besetzt ist. Indeßen siehet man daselbst mit vergnügen das tonnen Ge,,
wölbe der Galerie, welches zuvor an den Gemählden nach wenig aus,,
gearbeitet, an deren einfaßung aber durch Girardons hand fast gantz
volkommen und sehr herlich ist. An dem halben Circul, an dem ende
gegen das waßer ist das gemählde fertig, und in einen unter den Car=
touchen.
Sonst ist darinnen noch zu sehen die Bataille d’Arbelle von le
Brun
, 16. fueß hoch und 39. lang, und daneben von Paul Veronese ein
Stück fast eben so groß, vorstellend das Abend Mahl Christi, beÿ dem
Pharisæern, da die Sünderin hinein kommen ist. Dieses gemahlde ist es
wel{c}hes die frantzosen fälschlich vor die hochzeit zu Cana in Galilea
ausschreÿen, wel{c}he no{c}h auff diese Stunde in dem Benedictinerklo,,
ster
zu Venedig stehet. Außer diesen sind noch auffgehänget eine Fa=
milie
von Darius, imitiret nach der von le Brun durch Mignard. Es
kömt aber jenen beÿ weiten ni{c}ht beÿ. weiter ist daselbst eine schö,,
ne Bataille von Salvator Rosa, ohngefehr 5. fueß hoch, 8 fueß lang.

In einem Gemach weiter nach der Academie des Peintres,Note: Ab 1673 wurden die königlichen Gemäldesammlungen in mehreren Räumen präsentiert, die von Louis Le Vau hinter der Galerie d’Apollon angelegt worden waren. Im Anschluss an die Entscheidung Ludwigs XIV., das Schloss von Versailles als hauptsächliche Residenz des Hofes zu nutzen, wurden auch die Gemäldesammlungen ab 1683 aus dem Louvre dorthin überführt. Dennoch sah Knesebeck offenbar in zweien dieser Räume, von ihm mit „Gemach“ und „Kammer“ bezeichnet, eine Reihe dort verbliebener Gemälde. Vgl. Bresc-Bautier/Fonkenell 2016, S. 435-436.
ist eine Sainte Familie von Da Vinci, (it:)item 2 runde Schilde, in,,
nen und außen mit tausend kleinen herlich gezeichneten strei,,
tenden Männern grau in grau gemahlet, von Julio Romano,Note: Aus dem Inventar von Charles Le Brun (1683) geht hervor, dass sich zu diesem Zeitpunkt drei Gemälde von Giulio Romano in den Sammlungen Ludwigs XIV. befanden: ein Portrait de Jeanne d’Aragon (INV 612), eine Adoration des bergers entre saint Longin et saint Jean l’Évangéliste (INV 421) und der Triomphe de Titus et Vespasien (INV 423). Alle Gemälde befinden sich noch heute im Musée du Louvre. Vgl. Bréjon de Lavergnée 1987, Nr. 2, S. 85f., Nr. 32, S. 113-115 u. Nr. 33, S. 114f.
Uber dieses sind daselbst von le Brun die passage des Granici, und

die[49]23{r}

Aufriß der Principal Entrée des Louvre zu Paris, wie solche der
Cavaliero Bernini von Rom ordiniren wollen.
abgezeichnet nach seinen auff besagten Louvre befindlichen
Modell.


[50]{23v}

die überwindung Pori, weiter in einer kammerNote: Ab 1673 wurden die königlichen Gemäldesammlungen in mehreren Räumen präsentiert, die von Louis Le Vau hinter der Galerie d’Apollon angelegt worden waren. Im Anschluss an die Entscheidung Ludwigs XIV., das Schloss von Versailles als hauptsächliche Residenz des Hofes zu nutzen, wurden auch die Gemäldesammlungen ab 1683 aus dem Louvre dorthin überführt. Dennoch sah Knesebeck offenbar in zweien dieser Räume, von ihm mit „Gemach“ und „Kammer“ bezeichnet, eine Reihe dort verbliebener Gemälde. Vgl. Bresc-Bautier/Fonkenell 2016, S. 435-436. sind gute copi,,
en
von Raphael,Note: In den Sammlungen von Ludwig XIV. befanden sich drei Originale von Raffael: das Portrait de Baldassare Castiglione, écrivain et diplomate (1478-1529) (Paris, Musée du Louvre, INV 611), entstanden um 1514 und aus der Sammlung von Mazarin in jene von Ludwig XIV. übergegangen, die Grande Sainte Famille (Paris, Musée du Louvre, INV 604) und der Saint Michel terrassant le dragon (Paris, Musée du Louvre, INV 608). Vgl. Cuzin 1983, S. 188f. (Abb. 195), 207 u. 58 (Abb. 55). Nach Colberts Tod 1683 wurde die Mehrzahl der Gemälde aus dem Louvre nach Versailles gebracht. Vgl. Bresc-Bautier/Fonkenell 2016, S. 436. Zwei der drei Gemälde Raffaels, das Porträt von Castiglione und der Erzengel Michael im Kampf mit dem Drachen, waren in Versailles seit 1695 nachweisbar, das eine in der Petite Galerie, das andere im Schlafzimmer des Königs. Doch gab es in den königlichen Sammlungen zu dieser Zeit bereits mehrere Kopien dieser Werke, darunter eine des Erzengels Michael von einem der Brüder Testelin (Louis oder Henri) und die der Großen hl. Familie von Jean Michelin. Das Akademiemitglied René-Antoine Houasse hatte ebenfalls eine Kopie der Großen hl. Familie angefertigt. Es ist anzunehmen, dass Knesebeck einige dieser Kopien im Louvre sah. Wir danken Matthieu Lett für diese Präzisierungen. eine liegende Venus von Tition,Note: Es handelt sich wahrscheinlich um das Gemälde mit Jupiter und Antiope aus den Sammlungen Ludwigs XIV. (Paris, Musée du Louvre, INV 752). Knesebecks Beschreibung einer „liegenden Venus“ schließt Tizians Gemälde des „Concert champêtre“ mit einem weiblichen Akt in einer Landschaft aus, da die Figur hier nicht liegend gezeigt ist. Das Werk befand sich ebenfalls in den Sammlungen Ludwigs XIV. (heute im Musée du Louvre, INV 71). le Triomphe d’
Alexandere
von le Brun, wie au{c}h sein allerbestes stücke die abneh,,
mung vom Creutz. Endlich sind au{c}h no{c}h einige pourtraits von Ren,,
brand
und Ant: van Dyck.Note: In den Sammlungen des Musée du Louvre befinden sich heute mehrere Porträts flämischer und holländischer Meister aus den Sammlungen Ludwigs XIV., die Knesebeck gesehen haben könnte. Von van Dyck das Porträt von Charles-Louis Ier et son frère Robert (1637, INV 1238), das Portrait d’une dame de qualité et de sa fille (1627-1632, INV 1243), und das Portrait de James Stuart, duc de Lennox, et plus tard duc de Richmond, en berger Pâris (1633-1634, INV 1246); von Rembrandt befand sich seit 1671 das Portrait de l’artiste au chevalet (1660, INV 1747) in den königlichen Sammlungen. von da kömt man in die Mahler Aca,,
demie
,Note: Seit 1692 war die Académie royale de peinture et de sculpture im Palais du Louvre untergebracht, zunächst im ehemaligen Cabinet du Roi neben der Rotonde d’Apollon. Mit der Zeit nutzte sie weitere der umliegenden Räume, die im Plan von Jacques-François Blondel mit P1-P5 bezeichnet werden. Vgl. die Reproduktion des Plans auf https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/blondel1905bd4/0066. und erstlich zwar in den Sahl da die Academici ihre versam,,
lungen aller Sonnabent halten
.Note: Es handelt sich hier vermutlich um den im Plan von Jacques-François Blondel mit P5 bezeichneten Raum innerhalb der von der Académie royale de peinture et de sculpture ab 1692 genutzten Raumfolge. Vgl. die Reproduktion des Plans auf https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/blondel1905bd4/0066. Dieser ist gantz angefüllet, theils
von den Stücken welche ein jeder Meister hineingegeben, der unter
die Academices auffgenommen worden, theils von denjenigen wel,,
che von den ausgelernten Schülern um einen von dem könig (gesetzt)gesetzten
Preiß gemachet worden, theils au{c}h na{c}h den Antiquen abgeformete
Gibs Modelle, alß die Venus de Medices, Laocoon, Antinous, Hercules
Farnesius, Flora,
und die Athlete¸ dabeÿ siehet man die contrafaits
und Busti der wohlthäter der Academie gemachet. Von dar gehet man
no{c}h dur{c}h ein Gemach,Note: Es handelt sich hier vermutlich um den im Plan von Jacques-François Blondel mit P4 bezeichneten Raum innerhalb der von der Académie royale de peinture et de sculpture ab 1692 genutzten Raumfolge. Vgl. die Reproduktion des Plans auf https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/blondel1905bd4/0066. mit allerleÿ Mahlereÿ angefüllet, und kömt
auff den Sahl da sich die Scholaren versamlen,Note: Es handelt sich hier vermutlich um den im Plan von Jacques-François Blondel mit P3 bezeichneten Raum innerhalb der von der Académie royale de peinture et de sculpture ab 1692 genutzten Raumfolge. Vgl. die Reproduktion des Plans auf https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/blondel1905bd4/0066. der mit Gibs,,Modellen
sonderlich von Bassi relievi, wie auch mit guten Gemählden reich gezieh,,
ret ist. Endlich gehet man davon in die zeichen kammer,Note: Es handelt sich hier vermutlich um den im Plan von Jacques-François Blondel mit P2 bezeichneten Raum innerhalb der von der Académie royale de peinture et de sculpture ab 1692 genutzten Raumfolge. Vgl. die Reproduktion des Plans auf https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/blondel1905bd4/0066. da das leben,,
de Modell auffgestellet wird, davor zweÿ sind, ein frantzoß und ein
Italiäner, bede gar wol gewachsen, deren jeder eine woche um die an,,
dere 3. Stunden stehet, und jährlich 400.fr: bekömt. Aus der Mahler
Academie
kann man au{c}h auff die lange Galerie des Louvre kom,,
men. Die länge derselben ist 1362 (frantz:)frantzösische fueß, daß man sie
kaum außsehen kann, ich habe über 700: meiner Schritte gezehlet. vorn
an den Louvre ist sie ein wenig ausgema{c}het mit höltzerner Archi,,
tectur
an den wänden, und einen grau in grau gemahleten tonnen,,
gewölbe von Poussin: Es sind aber lauter kleine felder, und klei,,
ne bilder darinnen, welches nicht gut aussiehet. Alß ich sie besahe, hat,,
ten eben die Mahler der Academie Jährlicher gewohnheit nach ihre
wercke jederman zu freÿer beschauung darauff ausgehänget. Was
nun die vollkommenheit der zeichnung anbelanget, traue ich mir
von so habilen Meistern nicht zu urtheilen, was aber die ordonantz,
die action, und den Geist anbelanget, trage ich kein bedencken, des
jüngern Coÿpels, eines Mannes von 30. Jahren arbeit, allen andern
vorzuziehen.Note: Hier verrät sich Knesebecks Präferenz für die Rubenisten, die der Farbe den Vorrang vor der Zeichnung gaben. Hierin standen sie in Opposition zu den Poussinisten, die ihrerseits die Linie als wichtiger erachteten. Vgl. Imdahl 1987, S. 66ff.

Wen man von der Mahler Academie herunter gehet, kan man v{o}n
hinten in die untere gemächer des Alten Louvre kommen, die man
na{c}h ein daselbst befindlichen haubtgemach les Bains de la Reine
nennt.Note: Mit dem „haubtgemach les Bains de la Reine“ meint Knesebeck hier beide Appartements der Königinmutter Anna von Österreich, sowohl das Appartement d’hiver als auch das kurze Zeit später entstandene Appartement d’été. Dass Knesebeck unter dieser Bezeichnung beide Raumfolgen zusammenfasst, erklärt sich vermutlich durch die Berühmtheit des im Appartement d’hiver gelegenen „Cabinet des Bains“. Dieses hatte eine aufwendige Ausstattung erhalten, die von Eustache Le Sueur konzipiert und von Charles Errard sowie Charles Poerson ausgeführt worden war. Vgl. Bresc-Bautier/Fonkenell 2016, S. 324-326, 330-333. Es kan an ziehrrathen nichts rei{c}hers ausgedacht werden, alß
dieses zimmer. Es sind alle gemächer über und über auff holtz ver,,
guldet, auff den leisten ist vortrefflich schnitzwerck, auff die füllungen
sind schöne grottesquen gemahlet. Ein gemach hat viel landschafften
al fresco.Note: Der ursprünglich aus Genua stammende Landschaftsmaler Francesco Maria Borzoni (1625-1679) führte 1664 mehrere große Landschaftsdarstellungen für das Appartement d’hiver aus, die auch von Brice erwähnt werden, vgl. Brice 1971 (Ausgabe v. 1752), Bd. I, S. 63. Art und Umfang des Auftrags sowie der Bestimmungsort der Werke lassen sich heute nicht mehr verlässlich rekonstruieren. Eventuell handelte es sich um den Raum vor dem Petit cabinet im Appartement d’hiver. Vgl. Coural 2011, S. 173. Die platfonds sind frantzösischen Gebrauch nach, reich ver,,
guldete Spiegelgewölber mit schönen Gemählden. Alle Mahlereÿ
in diesen Stücken in {ist} von Francesco Romanelli einen Italiäner.

In[51]24{r}

In dem Sahl des bades stehen die nach dem leben gemahlten pourtraits
der vorfahren der königin, von Philippo. I. an, biß auff Philip: IV. Dieses
gemach ist das schönste unter allen, obschon nicht gar so reich ist alß das Ca,,
binet
, die wände sind mit vergüldeten taffelwerck verkleidet, mit da,,
zwischen gesetzten schwartz marmornen Ionischen pfeilern, deren Capitä,,
le
und füße [...][?] von verguldet Metal sind, der platfond ist auch gantz
verguldet, auff die felder sind grotesquen mit lapis Lazuli claro scuro
gemahlet. Ein theil von dem boden des Gemaches ist ein wenig erhoben,
und mit Marmor beleget, darauff das badegefäße von weißen
Marmor stehet. Dieser platz ist durch ein schön marmorn Geländer von
dem übrigen abgesondert. Der Sahl der Antiquen, welcher nahe dabeÿ
ist, wird billig betrachtet alß ein kostbahres Stück der Architectur. Es
ist gantz mit Marmor bekleidet, und an den bilderblinden sind schöne Sau,,
len, alles von rahren und seltenen Marmor. In diesen blinden (stunde)stunden
sonst antiche Statuen, die aber jetzend na{c}h Versailles gebracht sind.
Das letzte gemach dieses zimmers ist der Schweitzer Sahl, durch den man
in das Vestibulum wieder gelanget. Die Vier Cariatÿden von unge,,
mein schöner arbeit, und proportion, sind in Peraults Vitruvio gantz
accurat abgezeichnet zu finden. Die Cariatyden zu oberst an dem Pa,,
villon
, durch wel{c}hen man in das Louvre auff seiten der Thuilleries ge,,
het innen gegen den hoff sind na{c}h denselben gema{c}het, do{c}h mit weni,,
ger fleiß. Gaugeon ist der Meister von jenen, der so viel herrliche wer,,
cke zu Paris hinter sich gelassen. In diesen Sahl liegen itzo eine große
menge formen von Gibs, die der könig auffs genaueste in Rom über
die antichen formen laßen, um gute Copien davon zu bekommen.

Palais Roÿal, Von dem Louvre kan man zu nächst nach der Straße St: Honoré ge,,
hen, daselbst gar vil zu sehen verfället, und erstlich das Palais Royal,
wel{c}hes dem Duc de Chartres vom könig geschencket worden ajetzo aber
annoch zugleich von deßen (H)Herrn Vater dem Duc d’Orléans bewohnet wird.
Außen ist das ansehen des Pallastes gar schlecht, wie es sehr niedrig ist,
sonst könnte es wegen des davor liegenden platzes, und wegen seiner
breite wol pasiren. Innen sind vornehmlich 3. haubtzimmer wol zu,,
sehen, eines de Madame, das andere de Monsieur, das dritte du Duc
de Chartres.
Das erste ist sehr niedrig, aber gar reich geziehret, die Gemä,,
cher sind auch sehr klein, eines darunter ist mit verguldeten taffelwerck
geziehret, daran die füllungen wechselweiß mit gemählden und mit
Spiegeln besetzet sind. Das andere zimmer ist etwas höher, und raum,,
licher, und ist vor allen das Cabinet sehr reich, da die mit verguldeten
Rahmen bekleidete wände, mit den herlichsten miniaturgemählden ü,,
ber und über besetzet sind, auff einen schönen Schränckgen von Mar,,
queterie
sind stuffen weiß eine ziemliche anzahl Silberner Medaillen
auffgestellet, daß die auff einmahl gar nahe ins Gesichte fallen, In
diesem Gema{c}h sind die Camine anjetzo auff die meiste frantzösische
mode mit Spiegelen angeleget, die einfaßung rücket auch weit

von[52]{24v}

von dem übrigen theil des Camines hervor, daß man etwas darauff setzen
kan. Nach dem dritten Gemach der Duchesse de Chartres gehet man durch
die galerie, diese ist no{c}h auff die alte Manier geordnet mit einer gera,,
den decke, da man die balcken siehet, welche reich gechnitzet, und hin und
wieder verguldet sind. An den wänden aber ist sie gar zierlich und an,,
genehm, mit lauter Contrefaits ausgemahlet, die in lebensgröße,Note: Die Porträts waren entgegen Knesebecks Eindruck überlebensgroß. Vgl. Thuillier/Brejon de Lavergnée/Lavalle 1990, S. 240. und
in gantzen Posituren die größten und berühmtesten Männer Von franck,,
reich
vorstellen. Uber denselben und dazwischen sind allerhand klei,,
nere felder ausgetheilet, worauff besagter Männer merckwürdigste
Geschichte gemahlet sind. biß auff wenig Contrefaits nahe an der Thür
durch die man in der Hertzogin de Chartres zimmer gehet unter denen
Tourennes bildnis mit ist hat der berühmte Simon Voüet das übrige
alles gemahlet.Note: Zwar verweist Knesebeck hier auf die Beteiligung eines weiteren Künstlers, doch verkennt er offenbar die Rolle des von ihm namentlich nicht genannten Philippe de Champaigne, der neben Vouet maßgeblich an der Ausstattung der Galerie mitwirkte. besagte zimmer der hertzogin de Chartres sind der dis,,
position
, größe, höhe und proportion na{c}h weit schöner alß alß vorgemel,,
dete. Die große Treppe dieses Pallasts ist gar schön, jedennoch nichts neues
und kömmet der aux Thuilleries nicht beÿ. der Garten ist gar schön,
nach le Nôtre invention ausgetheilet.

Die kircheSt. Roch. folget auff eben die Seite nach der Porte St: Honoré hingehende;
Außen siehet diese kirche noch sehr schlecht aus. Innen ist sie zimli{c}h cor,,
rect
mit einer Dorischen ordnung en pilastres ausgetheilet. Le Mer,,
cier
soll der angeber davon sein. Neben dem altar stehen zweÿ
Statuen, eine von dem hln. Christo, die andere von St: Roch, beÿde
von Anguer gemachet. An der lincken seite ist eine dem hl. andrea
gewidmete Capelle. Darinnen des besagten heiligen Creutzigung von
Iuvenet gemahlet ist.

Die kirche des Fevillans lieget weiter hinunter an der lincken seite mitten gegen dem
itzigen neuen königlichen Platz über. Die Faciata der kirche sie,,
het zwar innen gegen dem hoff, nach der Porte St: Honoré hin,,
unter, jedennoch ist außen über dem eingang des klosters hier
neben entworffenes Portal recht mitten gegen der Statue zu
Pferd über, welches eine gar gute Parade ma{c}het.

Die Faciata der kirche ist zimlich, und ist ein gar richtiger abriß
davon in ZeilersTopographia Galliæ Part: 1. zufinden. Diese ist
das erste Specimen gewesen, wodurch der alte Mansard sich in credit
gesetzet. Innen ist die kirche gantz schlecht, ohne das Capellen auff beÿden
seiten, doch meistens mit holtzwerck reich geziehret sind, dieses bestehet vor,,
nehmlich in schön verguldeten Rahmen, die zwischen sich kleine Gemählde ein,,
schließen, marmor ist nic{h}t viel darinnen. Die Capelle von Rostiny an
der lincken seite im hineingehen ist die Schönste, und werden darin{n}en
kleine Römische Säulen von sonderlich rahrem marmor gesehen, den
man vor antich hält.Note: Charles, Markgraf von Rostaing (1573-1660), ließ insgesamt drei Kapellen der Familie in Paris ausstatten: eine in der Église des Feuillants, eine in der Église des Célestins und eine in der Église Saint-Germain-l’Auxerrois. Der Dekor der Kapelle in der Église des Feuillants entstand ab 1612 und ist durch einen Stich von Jean Lepautre überliefert (abgebildet in Millin 1790, Bd. I, Teil V, Tafel 3, S. 15; vgl. auch Collections numérisées de la bibliothèque de l’INHA). Zwei Grabmalsskulpturen in betender Haltung von Charles und seinem Vater Tristan de Rostaing (gest. 1591) befinden sich heute in der Église Saint-Germain-l’Auxerrois. Vgl. Willesme 1986, S. 45 (Abb. 56). In der folgenden Capelle auff eben der Sei,,
te ist ein Tombeau bestehend in (ein)einen busto von weiß Marmor, auff
einer Rundung, und auff einen niedrigen Piedestal stehen, daneben
sind noch zweÿ Statuen von weiß Marmor.

Das[53]25{r}
[[Ansicht von der Straßenfassade von dem Eingangsportal von dem Couvent des Feuillants in Paris]]


Das vornehmste ist des Comte Henrÿ de Harcourt Tombeau von Mar,,
mor
mit verguldeten festonnen, deßen gantzer abriß in folgen,,
der (fig:)figur zu sehen. An diesen piedestal sind die consoles an den ecken
von einen gantz grauen ohngeäderten Marmor, der zwar nicht gar
schön aussiehet, aber unter die raresten gezehlet wird.

Der Altar ist nur von holtz, aber fast gantz verguldet. Das
Altarblat ist eine assumtion der Mutter Gottes von Bunel, noch zim,,
lich gemahlet, und schon etwas alt.

Ehe[54]{25v}
Figure 1. Des Printz Harcourt Tombeau, in der kirche
des Fevillans
zu Paris.

Ehe ich zu diesen kloster kömmen bin, hätte ich eines hauses gedencken
sollen, welches weiterhin auff an eben der Seite stehet, woran ich
die faciata abgezeichnet, wie hiernegst stehende figur zeiget, wie
sie meines behalts von niemand sonsten in kupfer gestochen (worde)worden.
da sie doch nicht weniger remarquabel ist alß die größten faciaten
der besten Hôtels. Es hat solches einer nahmens Henrÿ Pusfort
auff gebauet.Note: Vgl. die Passage bei Brice 1701, S. 125f.: „La maison de Henry Pussort, Doïen des Conseillers d’Etat, mort l’an 1697. L’entrée de cette Maison est embellie d’un excellent morceau d’Architecture, formé de deux Colonnes Ioniques, avec un Attique au-dessus, dans lequel sont les armes de ce Magistrat. Les proportions de l’ouvrage sont tres-regulieres, & le tout ensemble forme un objet agréable. Les dedans de ce Logis ont aussi de la beauté & de l’agrément. Le Jardin sur tout, quoique fort resserré, a tous les ornemens que l’on lui a pû donner. On y voit entr’autres choses quatre Perspectives, peintes par Nicolas Montagne de l’Académie. Bertin, Trésorier des Parties Casuelles a acheté cette Maison en 1697. & y a fait faire des réparations tres-considerables. Comme c’est un homme tres-riche & qui a des meubles magnifiques, cette Maison sera sans doute une des plus considerables de Paris, & dans laquelle il y aura beaucoup de belles choses à voir.“

Der[55]26{r}
[[Ansicht von der Straßenfassade von der Maison d’Henri Pussort in Paris]]
[56]{26v}

Der platz wo vor diesen das Palais de Vendôme gestanden, wird
anitzo ins gevierdte mit einen sehr schönen Gebäude umgeben, daß auff
dreÿ Seiten daß Gebäude stehet, und auff der vierdten gegen der Gaße
St: Honoré
der platz gantz offen ist. Hinten ist eine große Arcade durch
die man auff eine schöne neugebauete kleine kirche eines Nonnen,,
klosters
die aussicht hat, welches alles zu sammen sehr wol pariret,
i{c}h habe ein stück von diesem Gebäude in nachstehender figur ent,,
worffen.

[[Ansicht von Fassadenachsen von der Place Vendôme in Paris]]

Die engen Säulen aber sollten etwas weiter von einander gesetzet seÿn,
daß bilderblinden zu Statuen dazwischen kommen könten. Von al,,
len diesen Gebäuden, ist noch nicht einmahl die vordere Mauer her,,
um gantz fertig, Es ist also angeleget, daß unten hinter dem bögen
ein freÿer umbgang bleiben soll, wie auff dem place Rojale, das ü,,
brige sol zu wohnungen gemachet werden. Auff dem flügel na{c}h der
Pforte zu sol des königs Bibliotheca und der Bibliothecarius logiret
werden.

Hinter diesen Platz wird anitzo ein schön kloster vor Capuciner Non,,
nen
erbauet, wozu die kirche gantz fertig ist, und das übrige Gebäude
au{c}h schon ziemlich avanciret, wel{c}hes zwar niedrig aber sehr weitläuf,,

tig[57]27{r}

tig, und dabeÿ gantz regular gebauet wird. Die kirche ist der Ar,,
chitectur
nach auch gantz schlecht, innen gantz glat, außen aber nur
mit einen kleinen Portal geziehret deßen auffriß hinach folget.

Der bauMeister zu dem großen platz, so wol als zu dießen kloster ist
der jüngere Mansard, der anitzo über alle des königs Gebäude gesetzet ist.
Andere schreiben es dem Dorbay zu, der in guten estim zu Paris ist.

[[Ansicht von der Straßenfassade von dem Couvent des Capucines in Paris]]

Er hat hier die artige kirche der Jungfrauen de la Visitation in der Gas,,
se St: Antoine
imitiret, wel{c}he sein Vetter der alte Mansard angegeben,
von dem er den Nahmen angenommen, da er sonst Hardouin geheißen,
der ihn au{c}h adoptiret, und zum Erben aller seiner Güter gemachet hat.
Allein diese ordonance kommt jener bei weitem nicht beÿ, innen ist
nichts an der kirchen zu loben, alß daß sie recht helle ist.

Über dieses sind auch zweÿ Capellen darinnen sehenswürdig, wel,,
che gerade gegen einander überliegen. In der auff der lincken seite im
hineingehen ist das begräbnis des berühmten Charles Duc de Crequi,
in der auff der rechten Seite des großen Staatsministers Francois Mi,,
chel le Tellier Marquis de Louvois
, beide von Marmor, wie den die
gantze Capellen über und über herlich mit Marmor bekleidet sind. Ich
habe beÿde GrabMahle hiernegst entworffen.

Jenes[58]{27v}
Figure 2. Tombeau de Louvois,
dans L’Eglise des Capucins derri,,
ere la Place des Conquêtes.

Inscription.

[59]28{r}
Figure 3. Tombeau de Duc de
Crequi
in der kirche des Capuci,,
nes
à la Place de Conquêtes zu Paris.

Inscription.

Hier stehet eine Inscription.

[60]{28v}

Jenes werck ist von Mazelin und Utrel, beides bekandte bildhauer
in Paris, Dieses aber welches no{c}h schöner ist von dem vortrefflichen Des,,
jardins
und von Van cleve gearbeitet, und angegeben.Note: Auch François Girardon war an der Ausführung beteiligt. Vgl. Maral 2015, S. 478 und 511. In der Ca,,
pelle de Crequi
ist der Altar gegen dem Tombeau über mit Corinth,,
schen Säulen von Marmor de BrabançonNote: Hierbei handelt es sich um schwarzen Marmor mit weißen Äderungen. geziehret, und hat ein Altar,,
blat von dem Märtirer Ovide, welches Jouvenet gemahlet. In des
Louvois Capelle, ist der altar bloß ein Gemählde einer Auffahrt Christi,
von Coypel gemahlet, und mit einen Marmornen Rahm eingefaßet.
An dem weiße Marmornen Altartisch ist ein basso relievo gantz verguldet,
vorstellend das begräbnis Christi, von sehr schöner arbeit.

Das große Altarblat, ist eine Abnehmung vom Creutz von Iouvenet,
sehr schön gemahlet, und siehet man wol daß er le Bruns imitiret, und a,,
nuli
ret.

Von den Fevillans auff eben der Seite weiter na{c}h der Pforte hinun,,
ter ist die kirche der Nonnen von der Assumtion, von wel{c}her, Grund,,
riß, Auffriß und Profil gantz accurat von Marot sind in kupfer her,,
ausgegeben. Der bauMeister daran ist Charle{s} Errard gewesen. Es
bestehet die gantze kirche in einer großen kuppel, wel{c}he innen beÿ 35.
Ellen im diameter hat. Die kuppel darauff siehet etwas schwer aus, und
hat so eine gute proportion nicht, alß die übrigen in Paris. Innen sind
au{c}h die Sparrenköpfe nicht just auffgepaßet, und treffen nicht {u}m und um
mitten auff den Säulen zu. Außen vor der kirche ist ein vorschopf mit

Der krantz ist
re{c}ht Dorisch

krantz

a.


freÿstehenden Corinthischen Säulen, deren
Gebalcke nicht nur keine Sparrenköpfe
hat, sondern au{c}h sonst sich nicht wol zur
Cornthischen ordnung schicket. Es ist sol{c}hes
hieneben entworffen. Es hat mir au{c}h
ein kenner von guten Gebäuden gesa,,
get, daß dieses Gebälcke gegen den Säulen
keine proportion habe, wel{c}hes ich zum
wenigsten mit dem bloßen augen ni{c}ht
habe erkennen können.

zu beÿden Seiten neben dem vorschopf
sind zweÿ thüren deren einfaßung aussie,,
het wie in nebenstehender figur zu sehen
ist, wobeÿ ich mir ni{c}ht einbilden kan, was
die außen gelaßene, hervor stehende stücke
mit a. bezeichnet bedeuten sollen, indem
sie ni{c}ht taugen einig schnitzwerck daraus
zu hauen, so sich zu dieser einfaßung schi,,
cken könte. Im übrigen ist die einfas,,
sung selbst nicht zum besten profiliret.
Die Gemählde in dieser kirche sind wol
zu aptiren, der haubtAltar, so zur rechten
der thüre im hineingehen stehet, hat ein

blat[61]29{r}

Grundriß der Pont Royal zu Paris.
10. 20 30 40. 50. 100 (Frantz:)Frantzösische
Fueß.


blat von der gebuhrt Christi von gar arti,,
ger ordonance von dem berühmten Hoüasse, der
anitzo der frantzösischen Mahler Academie Di,,
rector in Rom
ist. Gegen der Porte über an ei,,
nen kleinern Altar ist ein Crucifix von Coÿ,,
pel
den ältern
, und über der thüre eine Assom,,
tion al fresco
von Coÿpel dem Jüngern.Note: Das heute verlorene Fresko, 1681 von Antoine Coypel realisiert, zeigte die Unbefleckte Empfängnis Mariens. Die Darstellung ist durch eine mit dem Grabstichel überarbeitete Radierung (um 1747) von Nicolas-Henri Tardieu überliefert (Paris, Bibliothèque nationale de France, Estampes et photographie, MFILM R-107825). Vgl. Garnier-Pelle 1989a, S. 93. Die kup,,
pel ist mit verguldeten Rahm in länglichten
A{c}htecken geziehret, und zuoberst ist die Assumtio
Mariæ
von Charle de la Fosse gemahlet, auff
eine ziemlich besondere Manier die wol heraus
kömt. zwischen den fenstern sind bereits fünff
gemählde, so das leben der (J{ung}fr:)J{ung}frau Maria vorstel,,
len von lauter guten Meistern gemahlet, und
fehlen annoch 3. um die kuppel gantz herumb
zu besetzen. So viel habe i{c}h in diesen Quartier
von Architektonischen dingen zu remarquiren
angetroffen. Anitzo wil ich mich, auff die an,,
dere Seite der Stadt nach der Fauxbourg St:
Germain
wenden. Das erste was daselbst zu
notiren vorkömt ist die Steinerne brücke, Pont
Royal
genandt welche von Quadersteinen recht
wol gearbeitet ist, besonders aber ist dieses dar,,
an zu observiren, daß an beÿden enden sich
die brücke ausbreitet, wie ingemein an gu,,
ten brücken zu geschehen pfleget, daß aber die,,
se ausbreitung, nicht wie sonst gewöhnlich ist, auff
dem Massiv des Ufers lieget, sondern über dem
waßer auff Gewölben, die daher von einen
sonderbahren und ziemlich hardien schnit sind.
wen man diese brücke passiret hat kan man
recta nach dem

Hôtel des Invalides gehen, welches billig vor das beste und berühm,,
teste Gebäude gehalten wird, so der könig ge,,
führet. Mann findet in Paris ein gantzes buch
in Median folio, in welchen dieses Gebäude
mit grundRißen, auffrißen, Profilen und Pro,,
specten
vol kommen vorgestellet ist, deswegen
habe i{c}h hier alleine einen Haubtriß von der
ordnung der Gebäude mit einfachen linien
vorgestellet.

Es[62]{29v}

[Die Buchstaben und Zahlen in der Zeichnung sind nicht transkribiert.]

Figure 4. HaubtRiß von dem Hôtel des Invalides.

[mehrfach] Hof.

Garten.

40. Toises (od)oder 240 (frantz.)frantzösische Schue.


  • A. Gebäude vier Geschoß Hoch.
  • B. Gebäude ein und einhalb Geschoß Hoch.
  • C. Gebäude eingeschoß.
  • Y. Die kirche mit der kuppel.
  • Z. Die Soldaten kirche.
  • X. Der Haubt Altar vor beÿde kirchen.
  • a. Die Speise Sähle der Soldaten.
  • b. Die Sähle der krancken Soldaten.
  • d. die waßerkunst.
  • o. ein Altar mitten in den krancken Sählen.
  • p. der Haubteingang.
Es lie,,[63]30{r}

Es lieget dieses Gebäude gantz freÿ außen vor der Stadt an deren Quar,,
tier St. Germain
nicht weit von der Seÿne, gegen dem Cour de la Reÿne über,
daß es also demselben an herlichen prospect ni{c}ht fehlet. Es ist gantz von ge,,
hauenen Steinen sehr nett erbauet, und alß ein königlicher Pallast anzuse,,
hen. Der haubteingang ist von einer gar sonderlichen und etwas bizzaren
ordonance.
Nachdem man über einen um das Gebäude herum gehenden
Graben, der innen und außen gefüttert, und auff dem boden mit kleinen
Gärtgen besetzet ist, durch ein schön Gitterthor auff dem großen vorplatz hin,,
ein kömt, siehet man den haubteingang mit der vornehmsten faciata ge,,
rade gegen sich. Es bestehet der haubt eingang in einem bogen, so hoch alß
das Gantze Gebäude ist, darunter no{c}h eine retirirte wandt mit 3 fenstern
im oberen, und der pforte des Hôtels nebst zweÿ fenstern im untern ge,,
schoß stehet. In dem halben Circul unter dem bogen ist der könig zu Pferd
na{c}h der Seite in basso relievo vorgestellet, mit einer Armatur dahin,,
ter. Auff dem großen Schwibbogen sind Armaturen ausgehauen, dieser
ruhet auff zweÿ Ionischen Pfeilern mit piedestalen, auff denen vor besagten
Pfeilern auch Armaturen stehen, die Capitäle haben anstat der Schnecken
widderhörner. Der große hoff hat innen übereinander zweÿ Corridor
oder gänge mit offenen bögen, ohne dazwischen gesetztete Säulen. Gegen den
eingang aber lieget das Portal der Soldaten kirche, welches mit zweÿ reihen
freÿ stehender und gekuppelter Säulen gezeichnet ist. Unten sind vier kuppeln,
oder 8. Säulen Ionisch mit widderhörnern, oben darüber 8. nach der sogenand,,
ten frantzösischen ordnung wel{c}he Daviler in seinen Cours d’Architecture
beschrieben. Die Gesimse und zierrathen sind an diesen Portal, welches
das geziehrteste billig sein solte, viel schlechter ausgearbeitet, alß an den wän,,
den des hoffes umher. Über den vier hervor rückenden Ecken des hoffes wel{c}he in
dem entwurff mit 1.2.3.4. gezeichnet sind, stehen auff dem Dache zweÿ aus
stein sehr nett gezeichnete, und gehauene springende Pferde. Die kapfenster,
außen an der vorwandt, und innen umb diesen hoff herum, sind wol
zu notiren, die ubrigen sind gantz schlecht. Ich habe sie hier in etwas entworffen.

Ein kappfenster von denen
im großen hoff.

[64]{30v}

Noch ein kapfenster von denen in den großen
Hoff.

Die Gestalt der kapfenster außen an der vorderen
faciata.

Inner,,[65]31{r}

Innerhalb der Gebäude sind überall schöne treppen, und besonders die
große haubttreppen beÿderseits neben der kirche von schönen künstlich geschni,,
tenen, und um einen Viereckigten hoff gleich hohen schwebenden Gewölbern
Construiret, vor Meisterstücke zu halten. In den Seitengebäuden, ne,,
ben den großen hoff, unten auff der Erde sind vier lange, und hohe Sähle
mit des königs conquêten bemahlet, die doch meist wiederumb sehr ausge,,
löschet und übel zu erkennen sind, an beÿden schmahlen enden über den
thüren sind den könig zu ehren Gemählde von le Brun gemachet, worunter
eines auff der ersten handt im hineingehen, welches vor andern annoch frisch
und deutlich den könig mit einen blitz in der hand in wolken vorstellet,
woran le Brun großen fleiß gewendetNote: Die Supraporten der vier Refektorien des Hôtel des Invalides hatte nicht Charles Le Brun geschaffen, der zum Zeitpunkt ihrer Entstehung mit der Ausmalung der Galerie des Glaces im Schoss von Versailles beschäftigt war. Die Ausstattung der Refektorien stammte von Friquet de Vauroze, Michel (II.) Corneille und Joseph Parrocel. Vgl. Lacaille 2005, S. 155., es können zu beÿden Seiten
in jeden refectorio an dreÿ tischen 300. also in allen 600. Mann speisen,
ohne die welche zur straffe in der Mitte sitzen, und waßer trincken müssen.
Im hineingehen gehet man na{c}h der lincken seiten nach den höffen der kran,,
cken Soldaten, welche mit niedrigen Gebäuden bebauet sind, so ein kreutz
vorstellen, deßen stücke in der mitte an ein achtecke zusammenstoßen.
Die Stücke des kreutzes sind so wie lange Sähle, beÿderseits mit krancken,,
betten besetzet, und mitten in dem achtecke stehet ein altar, daß alle kran,,
cken dahin sehen können. Außen an diesen Gebäuden gehen schmahle gänge
herum, die wie die krancken Sähle selbst etwas höher alß die höffe liegen,
an diesen Gängen sind die algemeinen Plätze zur nothdurfft, die also an,,
geleget sind, daß sie nicht stincken.

Über dieses ist die waßerleitung in diesem Gebäude wol zu notiren,
deswegen ich dieselbe in den Haubtriß angezeiget, in dem Gebäude d. ist
ein plumpwerck, da das waßer aus einen brunnen durch Maul Esel
gezogen, und unter dem tach des Gebäudes in einen großen kessel ge,,
schüttet wird, von da an hat man das waßer, wie die puncktierten li,,
nien anzeigen dur{c}h bleÿerne Röhren in den gantzen Gebäude herum
geleitet. Diese waßer und die Regenwaßer haben hernach alzusam,,
men ihren abzug na{c}h den großen hoff zu, da sie wie die schlangenli,,
nien anzeigen, endlich auß dem Gebäude vorn unter dem haubtein,,
gang abgeführet werden.

Das herlichste zu sehen ist die doppelte kirche, die eine wel{c}he gegen den gros,,
sen hoff lieget, und eigentlich vor die Soldaten gehört, ist zu beÿden Seiten
mit schönen Corinthischen Pfeilern besetzet zwischen denen unten wolpro,,
portionir
rte bögen zu Capellen, und oben darüber gantz niedrige gedruck,,
te bögen zu den Emporkirchen sind. weiter ist in dieser kirchen eben nichts
besonders zu notiren, indem sie gantz simpel, aber wol ausgetheilet. beÿ
der andern kirche na{c}h der Stadt zu habe i{c}h mehr observiret, woraus zu,,
erweisen, daß die frantzosen no{c}h nicht gantz correct in ihren Gebäuden
sind, ausgenommen was Perrault angegeben. An dieser kirche hat der
Jüngere Mansard sein Meisterstücke erwiesen. Sie ist gantz über und
über so gar auf das Gewölbe der kuppel von Quadersteinen gebauet
und überaus rei{c}h mit schnitzwerck geziehret. An der execution ist
nichts zu tadeln, und das schnitzwerck ist re{c}ht delicat gearbeitet, aber

no{c}h[66]{31v}

no{c}h nicht fertig. Es wird nach dem frantzösischen gebrauch an den (wänd)wänden
erst ausgearbeit. Die äussere faciata ist unten Dorisch, und darüber
Corintisch. Die Dorischen Säulen sind geckuppelt, und ist eben der fehler
daran, deßen ich unten beÿ der kirche des Minimes gedencken werde,
daß die Glieder der basen und Capitäle in einander lauffen. Do{c}h
fället dieser grosse schändliche fehler ni{c}ht also bald so sehr in die Augen,
wie an besagter minsten brüder kirche. Diesen fehler hier sovil
deutlicher zu zeigen, habe ich den grundriß der Säulen mitten an den
Portal accurat hieher gezeichnet, aber ohngefehr versehen, daß ich die äu,,
ßere Säulenweise um 7. (Mod.)Modul weit gesetzet, da sie do{c}h 7 1/2 halten
muß, wel{c}hes do{c}h hier ni{c}hts hindert. In Clagnÿ aber hat eben dieser (Mons.)Monsieur
Mansard
diesen unverantwortlichen fehler gar zu Sensibel gemachet
wie i{c}h an seinen ohrt zeigen wil, und hätte er besser gethan mit dieser ord,,
nung sich gar ni{c}ht zu verirren.

Sollte 7 1/2 (M:)Modul sein.  2 1/2 (M.)Modul  5. (Mod.)Modul  5. (Mod.)Modul


Es[67]32{r}

Es ist auf dieses Hiebeÿ versehen, daß der bauMeister in dem krantze
Dielenköpfe brauchet, welches beÿ dem acouplement der Dorischen Säulen
dur{c}haus nicht geschehen muß. Ich habe hier so wol das Dorische, alß das darüber
stehende Corinthische Gebälck accurat hieher gezei{c}hnet, ohne daß die Glie,,
der eben ihre Maaße nicht haben mögen, die ich nicht gemeßen habe, wie
es den der mühe nicht were wehrt gewesen. Im übrigen ist nicht zu läug,,
nen, daß die Profilirung dieser Gebälcke gut genug ist, ohne daß die Spar,,
ren köpfe des Corintischen krantzes gar zu lang sind.

[[Ansicht von dem Gebälk von der dorischen Säulenordnung im Erdgeschoss von der Straßenfassade von der Église du Dôme in Paris]]
[[Ansicht von dem Gebälk von der korinthischen Säulenordnung im Obergeschoss von der Straßenfassade von der Église du Dôme in Paris]]

Innerhalb ist diese kirche ungemein rei{c}h von bildhauereÿ die alle gar
delicat gearbeitet wird. Der bauMeister aber hat an der Cornische einen
gar notablen fehler gemachet, wel{c}her ihm wie die andern so viel eher kan
auffgerücket werden,weil si{c}h die frantzösischen bauMeister flattiren,
die correction der Archirectur, biß auff die größte Subtilitäten zuverste,,
hen. Der fehler aber bestehet darinnen, daß an dem krantz unter der
kuppel die Sparrenköpfe heßlich wieder einander lauffen, wie beÿste,,
hender abriß zeiget.

[[Horizontalschnitt von dem Kranzgesims unterhalb der Kuppel von der Église du Dôme in Paris]]

Als ich diese kirche besehe, wurde eben aus Gibs der große haubtaltar
gemachet, welcher vor beÿde kirchen zugleich dienen soll. Es wird aus
sechß gewundenen Säulen gemachet eben wie der an Val de Grace, und
ist dieser en general dabeÿ zu loben, daß die frantzosen solche wercke, wel,,
che wie au{c}h dieser Altar von Marmor sollen gearbeitet werden, zu,,
vor volkommen von Gibs auffrichten, und also recht volkommene Mo,,
delle
vorstellen, an denen man den effect des künfftigen werckes recht deut,,
lich sehen kan.

Aussen[68]{32v}

Außen stehen bereits schöne Statuen von weiß Marmor, und sind unter
andern zweÿ Engel welche auff dem Simse der Haubtthüre sitzen wol zu no,,
ti
ren, welche Van Cleve gemachet. Auff dem Fronton sind zweÿ liegen,,
de bilder welche Coÿzevox sol gemachet habenNote: Die Statuen waren, entgegen der Angabe Knesebecks, nicht in liegender, sondern in aufrechter Position., deren delicatesse aber we,,
gen der ferne nicht völlig zu erkennen ist. Von diesen Hôtel wiederum
in die Stadt kehrend muß man das Collegium Mazarini besehen, wel{c}hes
gantz gerahde, gegen dem Louvre über an der Seÿne lieget, und durchaus wol
angegeben ist. Meines wißens ist nichts alß ein profil der kirche von Marot in ku,,
pfer heraus, welches billig zu bedauern. Ich werde zwar hier einen entwurff davon
machen, den ich aber der Maaße und den minutiis na{c}h vor accurat nicht aus
geben kan. zum wenigsten wil i{c}h den grund Riß der kirchen so accurat zeichnen
alß mir mügli{c}h ist, indem i{c}h an der disposition etwas gar angenehmes finde.

A

Col=[69]33{r}

Collegium Mazarini. Die kirche ist außen mit Corinthischen Säulen von ziemlicher proportion gezieh,,
ret, allein daß ist ni{c}ht schön daran, daß so viel Säulen davon gantz nahe beÿ,,
sammen stehen, wie aus dem grundriß zu sehen. An dem krantz ist ein bandt
zu denticulen, welche aber ni{c}ht ausgeschnitten sind, da sie sich do{c}h an den Ne,,
ben Gebäuden befinden, welche weniger solten geziehret sein. Auff der
attique welche beÿderseits neben dem Fronton alß ein aneinander hän,,
gender bilderstuhl stehet, sind sechs kuppeln von Statuen gestellet, welche ei,,
ne sehr gute parade ma{c}hen, die neben der kuppel zu nächst, stellen jede
zweÿ Evangelisten vor, die übrigen sind vier Griechische kirchen Väter, auff der
rechten, und vier Lateinische auff der lincken seiten. In dem fronton lie,,
gen zweÿ frauen, die zwischen sich den Uhrzeiger haben, eine mit ein ham,,
mer, und einer klocke, die andere mit einen linial und buch, alle diese fi,,
gu
ren sind wol gearbeitet. Uber der andern kirchthüre sind fliegende Engel
in basso relievi, die das Cardinals wapen führen. Es sind allezeit auff eine
Säulenweite 7. Sparrenköpfe, und auff eine Sparrenweite 5. zahnschnitte
ausgetheilet. Doch diese letztern sind so gar accurat nicht, indem zuweilen
auch 6. sind. Die Gebälcke sind gegen den Säulen zu hoch, und die arcaden aus,,
sen zwischen den Säulen an den flügeln des Gebäudes haben gar zu breite
Schwiebbögen. Es scheinet daß 7. Sparrenköpfe auff 9 1/2 (Mod:)Modul kommen. Oben an
der kuppel sind Römische Pfeiler, mit 3. Sparrenköpfen auff 5. Modul.

Innen ist die kirche nett und regulier alles von gehauenen zarten Sandt,,
steinen, ohne daß in den Capellen etliche Marmorsteinerne Säulen stehen,
welche wol angebracht sind. Die kirche ist dur{c}haus helle, und die Architectur
ist gar rein ausgetheilet. Insonderheit ist der Tombeau de Mazarinsehens,,
würdig. Dieser stehet hinten auff der rechten Seite im hineingehen beÿ
A. und bestehet in folgender ordonantz, welche eben beschriebener an dem
Tombeau de Louvois zimlich gleich kömt.

Es stehet ein ziemlich hoher piedestal freÿ unter einen bogen von roht,,
graule{c}hten Marmor gehauen, an denen dreÿ Metallene Statuen sitzen.
Der Sargstein ist von schwartzen Marmor, mit verguldeten füßen, Des
Cardinals Statüe samt den Engel von weißen Marmor. Diese sind von
Coÿcevox, die metallene bilder aber sind von B. Tubi. Die arbeit an
diesen Tombeau ist so herlich, alß an einen in gantz Paris. folgende (Tab:)Tabula
ist ein ungefehrer entwurff davon gema{c}het. Insonderheit ist das über
dem Sarg hin ausgebreitete Gewand des Cardinals von excellenter,
und höchst mühsamer arbeit.

In dem großen Altar ist eine beschneidung Christi, sehr wol gemahlet
von Poussin.Note: Knesebeck täuscht sich: Es handelt sich um ein Gemälde von Tommaso Luini (heute im Musée des Beaux-Arts in Nancy, INV 52).

Die gantze disposition ist auch von einer seltenen Invention, die auch
ihren effect sehr wol thut, und zur commodität selbst nicht wenig contribu,,
i
ret, Deswegen habe ich sie ohngefehr (Tab:)Tabula II entworffen, nur mit ein,,
fachen linien. Die disposition ist gantz genau in acht genommen, die Win,,
ckel des Gebäudes und die maaße aber haben bloß können und müßen
na{c}h dem Augenmaß gemachet werden.

Einige[70]{33v}
[[Ansicht von dem Grabmal von Kardinal Jules Mazarin in der Chapelle du collège des Quatre-Nations in Paris]]
[71]34{r}

Einige kleinigkeiten von zimmern in winckeln gelegen, welche nicht obser,,
viren können sind auch außen gelassen, und die übrigen eben nicht so gar
irregular alß sie hier entworffen sind. Die Biblioheca ist haubtsächlich un,,
ter den zimmern zusehen, indem die übrigen eben ni{c}ht viel sehenswürdi,,
ges haben. Die bücher stehen alle in Schräncken, so mit drat verschlossen sind,
die Tischer und bildschnitzerarbeit ist gar gut daran, und die verguldung
contribuiret nicht wenig zu der Schönheit dieses gemachß welches schmahl und
lang wie eine Galerie, und unten alß ein winckelhacken gebogen ist.
Ich habe darinnen die schöne mit herlichen figuren geziehrte beschreibung
des Barberinischen Hauses zu Rom angetroffen deßen titul dieser ist,

Ædes Barberini ad Quirinalem a Comite
Hieronÿmo Tetio Perusino. fol: Rom. 1642.


Von diesem Collegio weiter in die Fauxbourg (od)oder das Quartier St. Germain
hineingehend kan man das Jesuitenkloster au Novicat des Jesuites be,,
sehen. Ich habe allein die kirche

L’Eglise du Novicat des Jesuites besehen, welche gar sauber angegeben ist. Die faciata ist in Zeilers (Topogr.)Topographia
(Gall:)Galliae Part: I.
gantz accurat, wie sie itzo annoch ist vorgestellet, und ist auch
die zahl der Dreÿschlitze in acht genommen, welche an derselben gantz accu,,
rat
ausgetheilet sind. Au{c}h die tischer arbeit an der thüre ist gantz genau nach
gezeichnet, also daß gantz unnöthig ist etwas davon herein zu bringen. Es ma,,
{c}hen einige groß wesen aus dieser faciata, und ist nicht zu läugnen, daß
die Architectur daran reiner ist, alß an der kirche des grands Jesuites,
doch kan i{c}h die sonderlichen proportiones nicht finden, sondern halte viel,,
mehr die beÿden controforti neben der obern Ionischen ordnung vor alzu
plump. Im übrigen ist dieses gar ein schlecht anzeigen einer volkommen,,
heit, daß die Dorische metopen breiter alß ho{c}h gemachet werden, da do{c}h sol,,
{c}hes an einem so freÿen Gebäude besonders niemals kan gelobet werden.
Sonst ist an dieser faciata zu loben, daß die combination daran genau
observiret worden. In den bilderblindten stehen annoch keine Statuen,
wie an dem Abriß in besagten Topographien.

Innen ist au{c}h die Dorische Ordnung gebrauchet, da in den metopen al,,
lerhand Meße und ander kirche geräthe vorgestellet werden, zu loben
ist daß die kirche überaus helle ist. Der haubt altar ist von Architectur
nichts besonders, allein daß Gemählde von Poussin, worinnen Xaverius
wie er ein wunder thut vorgestellet ist, wird sonderlich hoch æstimiret, wie
es auch wehrt ist.

Die kirche der barffüßer Carmeliten. Die Architectur dieser kirche hat gantz nichts remarquables, aber in,,
nerhalb derselben sind no{c}h einige gar merck= und sehenswürdige dinge.
Es ist eine kleine kuppel über derselben, woran innen die Himmelfahrt
Eliæ vorgebildet ist, und thut der fallende Mantel einen gar guten ef,,
fect. Bartolet Flamael
, ein brabänder, sol es gemahlet haben. Der
große Altar ist gar schön mit Corinthischen Säulen von Dinantischen
Marmor,Note: Es handelt sich um schwarzen Marmor, der auch als „marbre noir de Dinant“ bezeichnet wird. und etlichen Statuen geziehret, welche die vornehmste Heiligen

vor,,[72]{34v}

vorstellen, welche Patroni dieses ordens sind. Unter der kuppel sind noch
zweÿ schöne Capellen. In der zur lincken Hand sitzet eine Mutter Gottes mit
dem kinde Jesus, von weißen Marmor in ein blindt, welches mit vier
Corinthischen Seulen von gesprengten Marmor geziehret ist. Diese Statue ist
sehr wol gemachet, und wird sogar von den frantzosen selbst gelobet, ohn,,
erachtet dieselbe nach Bernini modellen von einen Schüler des berühmten
Algardi. Ant: Raggi genandt, und also von einen Italiäner gemachet
worden. Jedoch finden sie das Christkind gegen der Mutter zu starck, welc{h}es
i{c}h eben nicht sehen kunte.

Palais d’Orleans, welches sonst Palais de Luxembourg genennet worden, ist eines der consi,,
derabelsten
dinge in Paris dieser Pallast hat vollkommen, was die fran,,
tzosen la maniere grande nennen, die sie so hoch æstimiren, und do{c}h an
ihren wercken nicht zu ma{c}hen wißen. Jacque de Brosse ist der Archi,,
tect
von diesen herlichen Gebäude gewesen, deßen Gestalt in Marots
frantzösischen Gebäuden in 4to. und in oben angeführter Topographia
Zeileri
zu sehen. An kleinigleiten muß man die Architectur dieses Ge,,
bäudes ni{c}ht examiniren, sonst findet man vil zu tadeln /: die Dorische
ordnung ist an dem borten gar zu klein, und sehr heßlich ausertheilet :/ son,,
dern die gantze Composition vornehmlich betrachten, welche recht herlich ist,
daß wen ein Pallast nach itziger reinen ahrt auszuziehren gebauet
würde, nichts magnifiquers könnte erdacht werden. Die Haubt Entrée
ist innen rund und en coupola gewölbet mit einen sehr fleißigen
schnit, rund aber herum mit corinthischen Pfeilern besetzet, daß wol
ni{c}hts beßers dahin hätte können gemachet werden.Note: Der Eingangspavillon hat außen eine toskanische Ordnung mit Bossagen und innen eine korinthische Ordnung. Die Haubttreppe
ist wie der überrest magnifiq und ansehnlich, die zimmer sind groß, und
sehr reich von schnitzwerck, welches alles na{c}h ein alten Gusto gemachet
ist, der anitzo nicht mehr beliebet wird, man siehet an den decken die bal,,
cken, die aber alle reich geschnitzet, und viel verguldet sind. Das
herlichste so da zusehen, ist die Galerie zur lincken handt, wen man hinein
kömt, welche zu beÿden seiten mit fenstern versehen, die aber so weit
von einander stehen, daß große Gemählde dazwischen stehen, welche al,,
le von dem berühmten Rubens gemahlet worden, und zwar, welches
billig zu verwundern in zweÿ Jahren. Es ist darinnen das leben der
königin Maria de Medicis allegorisch vorgebildet, die colorit ist gantz un,,
vergleichlich, die Gewänder verwundersahm gemahlet, aber die Invention
und ordonnance übertrifft sol{c}hes alles. Es ist wol der mühe wehrt
stückweise eine beschreibung davon zu machen, und ist zu verwundern,
da die frantzosen ihres Mignards, Poussins, le Bruns, und dergl: Galeri,,
en
und andere wercke mit solcher mühe und fleiß in kupfer gebracht,
daß sie dergleichen mit dieser Galerie noch nicht gethan haben.Note: Der Gemäldezyklus sollte erst später, zwischen 1707 und 1710, reproduziert werden: Jean-Baptiste Nattier schuf 24 Rötelzeichnungen, die von Gaspard Duchange gestochen wurden. Das Werk erschien unter dem Titel La gallerie du palais du Luxembourg peinte par Rubens, Paris, Duchange 1710 (siehe Gallica). Alleine
was thut der Neid nicht? Die ordnung der Gemählde ist diese, so man
aus dem haubt Gebäude hineingehet.Note: Der Autor benutzt zwar die Gemäldebeschreibungen, die Brice in seinem Reiseführer von dem Zyklus gibt, kürzt diese aber und fügt ihnen vor allem persönliche und originelle Beobachtungen hinzu. Vgl. Brice 1971 (Ausgabe v. 1752), Bd. III, S. 381-398.

1.[73]35{r}
  • 1.
    Über der thüre und auff der andern Seite in Simmetrie die Contre,,
    faits
    in voller Statur und lebensgröße von den Aeltern der königin
    Maria de Medicis
    , wel{c}he den Pallast bauen, und selbst diese galerie
    mahlen laßen. Allein diese contrefaits sind nicht von Rubens, sondern
    von Van Dÿck.Note: Entgegen Knesebecks Annahme sind die Porträts von Francesco I. de’ Medici und Johanna von Österreich nicht von Anthonis van Dyck, sondern ebenfalls von Peter Paul Rubens gemalt worden. Mitten zwischen diesen an dem Camin steht die königin
    selbst in Amazonenkleidung von Rubens gemahlet, ferner an der
    lincken seite,
  • 2.
    Spinnen die Parcen der königin den faden. Juno bittet Jupiter
    mit sonderlicher tendresse der minen und des Gesichts, daß er ihn lang spin,,
    nen laße.
  • 3.
    Ein weibesbild alß Pallas, hält das kind, die königin auff den armen
    und siehet es sonderlich penetrant an, wie den das feuer wel{c}hes Rubens
    den Augen zugeben gewußt gantz inimitabel, und Surprennant ist, um,,
    her sind mehrere weiber zu betrachten, und zu bedienen geschäftig. Im
    vordergrund lieget ein fluß, der sich auff einen löwen steuret. ist der Al,,
    feo
    fürstellet.Note: Der aus der griechischen Mythologie stammende Flussgott Alpheios soll hier vermutlich den Fluss Arno evozieren, der durch Florenz - Geburtsstadt Maria de’ Medicis - fließt., viel Amouretten streuen dabeÿ bluhmen und allerleÿ Insignia rega,,
    lia
    aus. gegen dem fluß über ziehen zweÿ Amouretten einen Schild mit ei,,
    ner frantzösischen lilie.
  • 4.
    Ist die Jugend der Princessin, Sie stehet klein vor einer sitzenden Pallas, und
    lernet schreiben, Mercurius in der Lufft zeiget mit verwunderung darauff,
    daneben stehet einer der die Violdigamba streichet, zu seinen füeßen lieget
    eine laute und buch, auch ein pallet mit farben, und Pinsel, und ein kopf
    von Sculptur. Dreÿ Gratien stehen hinter der Printzessin, davon ihr die mit,,
    lere sehr gleichet, und (ein)einen krantz zureichet.
  • 5.
    Eine Fama bringet könig Henrico IV. in franckreich ihr Pourtrait, wel,,
    {c}hes ihn eine hinter ihm stehende Pallas zeiget, zweÿ kinder spielen mit des
    königs waffen. Juno redet ferne davon im Himmel mit Jupiter die
    Heurath ab.
  • 6.
    Die vermahlung der konigin mit des königs gesandten, hat nicht vil allegorisches.
  • 7.
    Ein Schiff am Port, darunter an dem vorgrund etliche nimphen, tritonen,
    und ein alter fluß mit glatten grauen haaren. franckreich alß eine Jun,,
    ge persohn mit (ein)einen helm, und etliche weibes Persohnen empfangen die kö,,
    nigin
    , und der Hertzog von FlorentzNote: Knesebecks Vermutung, es handele sich hier um einen „Hertzog von Florentz“, bei dem er eventuell an Ferdinand I. de’ Medici denkt, ist nicht zutreffend. Tatsächlich ist auf dem Gemälde von Rubens ein unbekannter Ritter des Malteserordens dargestellt. stehet geharnischt auff dem Schiff.
  • 8.
    Verstehe ich nicht recht. Es ist eine frau auff ein wagen von 2. löwen
    gezogen, darauff zweÿ libigen mit fackeln reiten. In der wolcken ist Ju,,
    piter
    mit Juno, welche ihn sehnlich bittet, vielleicht ümb die fruchtbarkeit
    der liebe beÿder vermähleten.
9.[74]{35v}
  • 9.
    Die Gebuhrt Loudovici XIII. ein herlich stücke. Sonderlich ist die königin
    verwundersahm vorgestellet. Sie sitzet gantz matt mit nackenden (füeß)füeßen
    und Pantoffeln auff einen Seßel, und sieht man daraus, daß der Mah,,
    ler
    mehrmahls beÿ gebährenden frauen gewesen. Sie siehet mit ein sonderli,,
    chen von schmertz und freude gemischten affect nach dem neugebohrenen kin,,
    de, welches etliche frauens Persohnen zur pflegung hinnehmen. Auff der
    andern Seite præsentiret eine Frau der königin einen korb mit (frücht)früchten
    worunter no{c}h 5. kleine kinder stecken. In der weite fähret die Sonne
    auffwarts, die Gebuhrts zeit vorzustellen.
  • 10.
    Der könig eine Reise vorhabend, und von viel geharnischten begleitet,
    übergibt der königin, welche zwischen beÿden den Printz an der Hand hat,
    eine blaue kugel mit den frantzösischen lilien, die Regiments sorgen
    vorzubilden.
  • 11.
    Die kröhnung der königin, ein herliches stück, wobeÿ nichts allegorisches, als
    daß zweÿ fliegende bilder ein Cornu copia mit Geld hinter ihr ausschüt,,
    ten. Dieses Gemählde ist größer als die übrigen, mit sehr vil Persohnen,
    unter denen cardinäle recht abgebildet und getroffen. Der Cardinäle
    Mäntel sind von herlichen Roht, und noch so frisch, alß wen sie eben erst
    gemahlet wären.
  • 12.
    au fond de la galerie ein vortreffliches stück, der Todt des königs. Es
    wird der könig von zweÿ Männern gen himmel geführet, seine Waffen
    auff der Erde verlassend. Eine frau mit ein Palmzweig fället auff
    die knie gantz betrübt, und eine andere mit einen Siegeszeichen, auff
    einen baumstock, fället sich in die Haare, und weinet schmerzlich. Die kö,,
    nigin
    in der trauer, mit einer sonderlich heroisch betrübten mine
    auff einen Thron, nimt von den auff knien liegenden unterthanen gleich,,
    sam wiederwillens die regierung an. Das sehnliche wesen in der knie,,
    enden Gesichtern, so wenig alß die übrigen affecten in diesem stücke, ist
    mit keiner feder zu beschreiben.
  • 13.
    Eine versamlung der Götter in dem Himmel, ein junger nackender
    Mann /: der etwas gemeines und bürgerliches an sich hat :/ mit rothen Ha,,
    ren und einen schein um den kopf, ist Apollo, die Pallas und Mars ver,,
    treiben die furie, den Neid, die auffruhr, und die untreu. Dieses stück
    ist in Simmetrie, mit dem gegen überstehenden, und wäre eben so groß
    wen ni{c}ht ein fenster ein stücke daran abschnitte.
  • 14.
    Ist die königin alß eine Amazonin zu Pferde, eine renommée flie,,
    get über ihr, mit (ein)einen Siegeskrantz, eine weibes Persohn folget ihr, die eine
    hand auff einen Löwen liegend, in der andern der königin schmuck hal,,
tend[75]36{r}
  • tend, den sie derselben mit traurigen gesichte vorzeiget. In der ferne
    lieget eine Stadt, nach welches der königin Heer ziehet.
  • 15.
    Die verbindniß mit Spanien, durch die verheurathung der (frantz:)frantzösischen
    Printzessin
    an Spanien, und der Spanischen an FranckreichNote: Dieses Gemälde verbildlicht die Heirat zwischen Anna von Österreich und Ludwig XIII. (auf der linken Seite) sowie jene zwischen der Schwester des Dauphins, Élisabeth de Bourbon, mit dem späteren König von Spanien Philipp IV. (auf der rechten Seite)., beÿde ste,,
    hen beÿsammen, und werden jede auff beÿden seiten von (ein)einen gehar,,
    nischten jüngling gleichsam abgeholet. Dreÿ flüße liegen im vor,,
    dergrund, und ist alß wen dieses auff einer brücke geschähe. In dem Him=
    mel ist eine glorie von Engeln, die allerhand aus einen Cornu copia
    ausgießen.
  • 16.
    Die königin auff ein wagen, auff der (ein)einen Seite ein geflügelter
    mann, und eine frau mit (ein)einen Helm, auff der andern nackende wei,,
    besbilder mit bluhmen, 3. kinder vorher, und im vorgrunde auff dem
    bau{c}h liegende gleichsam zu boden geschlagene Satÿri vor denen ein Schal,,
    meÿ und bücher liegen.
  • 17.
    Die königin mit dem könig ihrem Sohn auff dem Schiff, welches von
    vier weibern getrieben wird.Note: Bei diesen vier rudernden weiblichen Figuren handelt es sich von links nach rechts um die Personifikationen von Stärke, Religion, Gerechtigkeit und Eintracht.
  • 18.
    Die königin wird von etlichen geharnischten angefallen. Sie hat eine
    waage in der hand, auf ihrer Seite ist ein Jüngling mit (ein)einen Helm, dar,,
    über fliegen zweÿ bilder, deren eines eine fackel, das andere ein gewand
    träget.
  • 19.
    Mercurius bringet der königin auff ihren Thron den friedenszweig,
    neben dem ein Cardinal stehet,Note: Es handelt sich entweder um Louis III. von Lothringen, Kardinal von Guise oder um Kardinal Louis de Nogaret de La Valette. der mit zuspricht ihn anzunehmen. Neben
    ihr stehen auff einer Seite no{c}h ein Cardinal,Note: Hierbei handelt es sich um Kardinal François de La Rochefoucault. und auff der andern eine
    frau. bedeutet den mit dem könig ihrem Sohn gemachten frieden.
  • 20.
    Ist der königin danckfest vorgestellet. Mercurius führet sie nach einen
    Tempel, und no{c}h eine frau ümfänget sie gleichsam rückwerts, no{c}h
    eine andere frau gehet vor ihr her mit einer umgekehrten fackel ge,,
    gen liegende waffen. Sie wird vom Neid verfolget.
  • 21.
    Die königin wird gen himmel geführet, welches ihren Todt bedeu,,
    tet. Ein Engel mit ein blitz stürzet ein drachen.Note: Die Hydra wird nicht von einem Engel gestürzt, sondern von einer Personifikation des Mutes oder der göttlichen Gerechtigkeit.
  • 22.
    Der könig und die königin sitzen beÿsammen in den Himmel. Er
    præsentiret ihr ein Hertz. Ein geflügelter alter führet eine meist nacken,,
    de weibespersohn na{c}h ihnen zu.

In dem Gemach vorher stehet an dem Camin ein David sitzend, der
Goliaths kopf auff ein pidestal hält. Es ist wenigstens 5. fueß breit, 7.
bis 8. fueß hoch, und herlich gemahlet, Rembrand scheinet der meister davon
zu sein.Note: Knesebecks Beschreibung lässt keinen Zweifel daran, dass es sich um das Werk von Guido Reni handelt, das sich ehemals im Palais du Luxembourg befand (heute im Musée du Louvre, INV 519). Dass Knesebeck hier ein Gemälde von Rembrandt zu sehen glaubt, ist durchaus erstaunlich. Vgl. Baudouin-Matuszek 1992, S. 289f.

In[76]{36v}

In dem Garten ist ni{c}hts sonderliches zu sehen, ohne gleich an der lincken
Seite wo man hinein komt ein Geländer von weiß Marmor, wel,,
ches überaus proportionirlich und sauber gearbeitet ist. Indem ich mei,,
nete, daß Blondel in (sein)seinen Cours d’Architecture accurat gezeichnet, ha,,
be i{c}h unterlaßen daßelbe zu thun, finde mi{c}h aber nunmehr betrogen.

Die Sorbonne. zu diesem herlichen Gebäude kömt man bald aus dem Palais d’Or=
leans
. Marot hat es in grund,, und auffriß auffs fleißigste vorge,,
stellet, deswegen ich keine riße davon mit einbringe. Die Faciata ge,,
gen dem äußern platz ist gar angenehm angeordnetNote: Adam Perelle hat einen Kupferstich publiziert, der die Fassade dieser Kirche zeigt (Vue et perspective de l’église de la Sorbonne), mit der Chapelle du collège de Cluny auf der rechten und der École de la Sorbonne auf der linken Seite.. Unten ist Corintisch oh,,
ne, und darüber Römische ordnung mit Piedestalen, allein daß unten Seu,,
len, und oben wenig ausgeladene pfeiler stehen, schicket sich meiner mei,,
nung nach nicht zum besten, zumahl die Seulen unten fast freÿ stehen, und
oben ein gantz mäßiges Gebälcke tragen. sie sind mit Canellüren un,,
ten und oben geziehret, und an den Säulen unten, sind biß auff den
dritten theil stäbe eingesetzt. Die vier Statuen in den blindten sind wol
gemachet, sollen von Guilin seÿn. Die kuppel ist mit zusammenge,,
wachsenen Corintischen pfeilern ordiniret, aber etwas zu niedrig. Das
kuppeldach aber mit seinen fueß, und die lanterne oben darauff sind
recht wol gezeichnet. Sonderlich sehen die acht strebepfeiler an dem fuße
besagten kuppeldaches, mit den davor gestellten kindergen gar wol aus,
weswegen ich sie hier à part entworffen. Die kindergen, und die dar,,

au Val de Gra=
ce
ist eben diese or=
donnance.
Note: Tatsächlich sind sowohl bei der Kirche der Sorbonne als auch bei der der Abteikirche Val-de-Grâce in ähnlicher Weise vor den Voluten am Kuppelansatz solche Engelchen platziert.


auff zu treffende binden oder streif,,
fen des daches, sind von verguldeten
bleÿ. Auff der kuppel um die Later,,
ne
ist ein gang von eisen Gatterwerck.
In sum{m}a wen diese kuppel etwas
höher an dem Rumpf wäre, wie die
aux Invalides, so wäre nichts dar,,
an mit guten recht zu tadeln. In,,
nen gegen den hoff des Collegii, ist die
faciata gantz schlecht, ohne ordnung,
ohne daß ein vorschopf mit 6. freÿste,,
henden Corintischen Seulen in front, und
in allen mit 8. freÿstehenden Seulen,
vor der großen thüre stehet, welche mit,,
ten gegen dem hoff stehet.Note: Knesebeck orientiert sich bei seiner Beschreibung an dem Kupferstich von Marot (vgl. Gady 2005, S. 96, Fig. 58), der eine Vorhalle mit sechs Säulen zeigt. Die beiden äußersten Säulen waren durch zwei dahinterstehende verdoppelt. Dem tatsächlichen Zustand entspricht dies jedoch nicht. Vgl. die Beschreibung bei Brice 1971 (Ausgabe v. 1752), Bd. III, S. 199f.: „Ce portique occupe le milieu d’une des faces laterales de l’Eglise, & il est du genre de ceux que Vitruve nomme prodomos ou decstyle, étant formé de dix colonnes, dont six sont de face & les quatre autres en retour sur les côtez.“ Vgl. auch Gady 2005, S. 249, Fig. 170. Daß siehet
sehr elend aus, daß umb diese worte
an dem vorschopf zuschreiben.

Armandus Johannes Card: Dux de Richelieu,
Sorbonæ provisor, ædificavit Domum et exaltavit
templum Sanctum Domino. M.DC.XLII.

Note: „Armand Jean Kardinal-Herzog von Richelieu, Provisor der Sorbonne, erbaute das Haus und erhöhte den dem Herrn geweihten Tempel 1642.“
man die glieder des Architraves alle weggelaßen, daß er mit dem bor,,
ten nichts alß eine platte taffel machet, und nur zu äußerst den pro,,
fil
der glieder des Architraves zeiget.

Innen[77]37{r}

Innen ist diese kirche noch angenehmer alß außen, gantz von gehau,,
enen Steinen mit Corintischen Pfeilern ausgeziehret, zwischen denen Ar,,
caden
von zimlicher proportion sind. Die kirche formiret ein kreutz,
über deßen mitte die kuppel zutrifft, aber die vier winckel des kreutzes
werden mit so viel Capellen ausgefüllet, dadurch die kirche außen
die form eine rechteckes gewinnet. Insonderheit sind folgende stücke
in der kirche zu notiren. Der Haubt Altar, deßen grund,, und auffriß
in folgender (Tab:)Tabula vorgestellet ist, welchen le Brun angegeben.Note: Der Hauptaltar sollte 1647 nach einem Entwurf von Jacques Lemercier ausgeführt werden, doch das Projekt wurde 1681 aufgegeben. Ein zweites Projekt wird Pierre Bullet zugeschrieben. Letztlich wurde der Altar von Charles Le Brun realisiert, mit dem der Vertrag am 24. Juni 1686 geschlossen wurde. Vgl. Lours 2016, S. 349. Es ist
dieses unangenehm daran, daß er kein Gemählde hat, und die Piedestale
von schwartzen Marmor mit goldenen zierrathen sind. Die Säulen
sind gar angenehm, von röthlichten Marmor mit verguldeten Basen,
Capitälen, Sparrenköpfen und rosen am Rinnen des krantzes. Das Cru,,
cifix
ist herlich gearbeitet, sol die letzte arbeit von Anguierre seÿn.
Die Mutter Gottes ist von le Comte, den Johannes weiß ich nicht von
was vor einen Meister er gemachet worden. Die Engel sind von
B. Tubi, und von van Cleve.Note: Die beteiligten Künstler waren Louis Le Conte, Guillaume Cadaine, Jean-Baptiste Tuby und Corneille van Clève. Vgl. auch die Beschreibung bei Brice 1971 (Ausgabe v. 1752), Bd. III, S. 189f.: „Cet Autel qui est d’une très-belle ordonnance, est placé au fond de l’Eglise, […] Sa décoration consiste en six colonnes Corinthiennes de marbre de Rance, dont les bases & les chapiteaux sont de bronze doré d’or moulu, aussi-bien que les modillons & les rosons du sofite de la corniche. Les deux colonnes du milieu forment un corps en ressault couronné d’un fronton, sur lequel il y a deux Anges appuïez qui sont de deux Sculpteurs differens, de Marc Arcis & de Corneille Vancleve; les autres colonnes sont en retraite, & deux encore en retour des deux côtez, entre lesquelles on a placé deux excellentes figures de marbre, dont l’une represente la Vierge, qui est de Louis le Comte; & l’autre, saint Jean l’Evangeliste, de Cadene. Un grand Attique regne sur tout ce riche ouvrage, où sont placez des Anges, qui sont de Jean-Baptiste Tubi. […].“ Alles dieses ist von weißen Marmor.

zum anderen ist zu notiren der Altar am kreutz gegen der Hoffthü,,
re, der oben auf anstat eines Gemähldes eine sitzende Mutter Gottes
mit dem Jesus kinde in einen blindt mit einer Muschel hat, über die,,
sen blindt ist ein Gebälcke mit einen fronton und attique, die auff
vier Corinthischen Säulen ruhen. Das Corpus des gantzen wesens, ist
weiß Marmor grau geädert, das Marienbild gantz weiß, und die
Säulen von recht angenehmen bunten Marmor, vor den altar lie,,
get ein Aestrich mit Marmor schön beleget, und mit einen netten Gelän,,
der umbgeben. Diese gantze Composition ist recht simpel, aber recht
wol proportioniret, und von guten verstand. Man findet ihn in ab,,
riß, deswegen ich hier keinen Riß davon einbringe. Das Marienbild,
ist von einen Italiäner Raggi genandt, gemachet worden,Note: Knesebeck täuscht sich: Die heute verlorene Statue der Jungfrau Maria wurde von Martin Desjardins geschaffen. Vgl. Bresc-Bautier/Hottin 2007, S. 31. und (könn)können
es die frantzosen selbst nicht verachten. Es sol dieser Raggi Schüler
des berühmten Algardi zu Rom gewesen sein.

Drittens ist das aller notabelste stück der Tombeau des Cardinal Ri,,
chelieu.
Es bestehet dieser in einen Viereckigten Stein der mitten in dem
Chor stehet, auff demselben ist der Cardinal halb liegend mit dem kopf
in den händen der Religion ruhend. zu seinen füeßen sitzet die Wißn,,
schaft weinend mit (ein)einem tuch vor den augen. zu ende am stein sitz{e}n
genii wel{c}he des Cardinals wapen halten, um wel{c}hes au{c}h die ordens zei,,
chen hängen. Alles dies ist von weißen Marmor, durch den vortreff,,
lichen Girardon herlich gearbeitet. Endlich stehen no{c}h die zwölff Apostel
und vier Engel aus einen tuffstein gehauen in blindten an den wänden
herum, die eine gute zeichnung und action haben und von Guilin sind.
Ein einig Gemählde ist notabel in dieser kirche, nemlich der Himlische Va,,
ter in einer glorie über dem haubtaltar in dem halben zirckel von le
Brun
. Einige æstimiren au{c}h die vier Evangelisten in brustbildern, an den
pendentif der kuppel gemahlet. Sie sollen von Champagne sein.Note: Die Kuppelbemalung wurde im Auftrag Richelieus von Philippe de Champaigne 1641 ausgeführt und ist durch diejenige des Petersdoms in Rom inspiriert. Gezeigt wird eine Engelsversammlung mit Gott im Zentrum sowie in den Pendentifs die vier Kirchenväter (Gregor der Große, Ambrosius, Hieronymus und Augustinus). Vgl. Lours 2016, S. 347f.

Von[78]{37v}
[[Ansicht von dem Altar in der Chapelle du collège de la Sorbonne in Paris]]
[[Horizontalschnitt von dem Altar in der Chapelle du collège de la Sorbonne in Paris]]
[79]38{r}
[[Ansicht von dem Grabmal von Armand-Jean du Plessis, Kardinal von Richelieu, in der Chapelle du collège de la Sorbonne in Paris]]
[80]{38v}

Von dieser kirche kan man kommen na{c}h dem

königlichen Observatorio. So ein Simpel ansehen dieses Gebäude hat, meritiret es doch wegen sei,,
ner herlichen execution vor allen wol in augenschein genommen zu,,
werden. Der bauMeister davon ist der vortreffliche Medicus Perrault
gewesen, deßen wercke nicht ohne mercklichen Neid der frantzöischen bau,,
Meister allen deren wercken von verständigen billig vorgezogen
werden. Er hat in seinen commentario über Vitruvium einen grund,,
riß, Aufriß, Profil und Prospect davon gantz accurat vorgestellet.
Es ist kein künstlicher Gewölbschnitt, deßen nicht ein beÿspiel in diesen
Gebäude zu finden. Die große haubttreppe ist sonderlich hardi, und son,,
derli{c}h oben das hängende Gewölbe wol zu notiren, wel{c}hes da die übri,,
gen auff der mauer ruhen, an stat deßen in den winckel auff eine
trompe gegründet ist. Auch sind etliche gar flache Gewölber zu notiren.
Alle steine sind groß, und nett gefüget, daß sie in dem Gewölbe allezeit
eine regute reguliere figur formiren. Das gantze Gewölbe ist durchaus
von quadersteinen gebauet, und so gar au{c}h mit einen Altan von Qua,,
der
steien gedecket, der no{c}h mit einen schönen steinernen Geländer umbgeben
ist. kein holtz, alß die Thürladen, und fenster gestelle ist daselbst zu finden.
Es ruhet auff sehr tieffen gründen, die doppelt keller über ein ander be,,
griffen, und ist um und um mit überaus dicken Mauren auffgeführet.
Summa, es wäre ein Gebäude zur Ewigkeit, daferne es nicht durch alzu,,
kühne Gewölbschnitte schon hier und dar Riße genommen hätte. Die thüren
sind mit geraden sturtz aus vielen steinen also gedecket, das sie gantz ge,,
rahde gehauen zu sein scheinen, welches den unwißenden gantz surprenant
vorkömt, der vortheil des schnitts aber ist aus diesen riß zu sehen den i{c}h
auff folgender pagina entworffen, alwo (fig.)figur 1. das äußere ausse,,
hen des sturtzes, (fig:)figur 2. das plan über denselben vorstellet, und
(fig.)figur 3. das plan unter denselben, woraus einer der die Stein Metzen,,
kunst verstehet leichtlich die gantze Construction erkennen kann,
aus welcher im übrigen die frantzosen mehr wesens ma{c}hen, alß
es wehrt ist, zumahl da ihre meiste Specimina davon entweder mit
eingelaßenen eisernen Stäben gestützet sind, oder sich heßlich vonein,,
ander gegeben haben. zudem haben sie gar viel, sich nicht trauende, no{c}h
eiserne stangen zur vorsorge untergeleget.

Wie nun in diesem Gebäude fünff gewölbe über einander
sind, alle von gehauenen steinen, so ist in demselben beÿ den Vorhauß
dur{c}h und dur{c}h ein rundes lo{c}h, dur{c}h wel{c}hes man zu unterst von dem
finstern keller an dem freÿen Himmel schauen, und vermeintlich die
Sterne beÿ tage sehen kann. die gantze höhe ist 144. fueß oder 288.
Stuffen. In dem obersten Geschoß sind in einer kammer allerhand curieu,,
se Modelle
von Machinen zu sehen, welche meistens von Perrault ge,,
ma{c}het, theils auch erfunden worden, Unter diesen sind:

1. Eine[81]39{r}

(Fig:)Figur 1.

(Fig:)Figur 1. wie diese Steine von vorne
aussehen.

(Fig:)Figur 2. wie diese Steine von oben
aussehen.

(Fig:)Figur 2.

(Fig:)Figur 3.

(Fig:)Figur 4.

(Fig:)Figur 3. wie diese Steine unten
aussehen.

(Fig:)Figur 4. wie diese Steine hinten
aussehen.

[82]{39v}
  • 1. Eine Machine die Port reine zu machen, die aber so gut nicht
    ist alß die Holländische.
  • 2. Eine mit vielen Steinsägen, die ingleichen den Holländischen
    es nicht gleich thun.
  • 3. Eine schöne Machine Pfähle einzuschlagen.
  • 4. Eine sonderliche Ahrt eines doppelten hebebaumes.
  • 5. Eine Schraube ohne Ende.
  • 6. Alle die Machinen von Perraults Invention die er in seinem
    Vitruvio beschreibet.Note: Die Bücher IX und X in Claude Perraults Dix livres d’architecture de Vitruve (Perrault 1673) enthalten zahlreiche Tafeln mit Abbildungen von diversen „Maschinen“, hierunter bspw. Wasseruhren (S. 271, Tf. LVI; S. 273, Tf. LVII), Maschinen zum Heben schwerer Gegenstände (S. 281, Tf. LVIII; S. 283, Tf. LIX) oder Mühlen (S. 293, Tf. LXI).

Alle diese Modelle sind zwar sehr sauber gemachet, doch thun sie ihren effect
nicht mehr wie es sein solte. Uber dieses ist auch ein Metallener Holspiegel
zu notiren, der weder der größte no{c}h dem effect nach dem, von He{rr}n von
Tschirnhausen
verfertigten zu Dresden verglichen kann werden, zu ge,,
schweigen daß in der mitte ein großer unpolirter oder verrosteter
fleck ist.

Wen man durch die vorderste thüre unten in das Hauß hinein kömt
ist der achteckigte vorsahl no{c}h wol zu mercken, welcher ein gar fla{c}h Ge,,
wölbe mit einen offenen Nabel von 12. fueß am Diametro im lichten
hat, und oben mit einen Geländer umgeben ist, die weite des Gewölbes
hält 22. fueß, auff 2 1/2 fueß im gespreng.
Von da durch die Rüe St: Jaque zurücke findet man die herliche kir,,
che au Val de Grace
, welche unter die allerschönsten Gebäude in Paris
billig gezehlet wird.

Val de Grace. Die äußere und innere ordonantz dieser kirchen, ist correcter alß an
der Sorbonne. Außen ist au{c}h unten Corintisch und oben Römisch, und
ist unter den frantzösischen kirche nächst der kirche St. Gervais am besten
na{c}h der großen und magnifiquen angegeben. Anfangs hat der be,,
rühmte alte Mansard die direction davon gehabt, hat aber nicht allein
keinen Riß noch Modell dazu gegeben, sondern auch alles so kostbahr an,,
gegeben, daß ihm darinnen wiedersprochen worden, daher er aus ver,,
druß den bau gar verlaßen, und Muet denselben ausgeführet. Die
Gebälcke der äußern Faciata sind diese.

Das Corinthische Gebälcke
am untern Geschoß.

Das Römische Gebälcke
am obern Geschoß.

[83]40{r}

Die profilirung an diesen Gebälcken ist ni{c}ht die beste, die kehlleisten sind
alzu ungestalt, der untere streiffen des Corintischen Architraves ist viel
zu klein gegen die andern, u.s. w. sonst scheinet alles ziemlich proportio,,
ni
ret zu sein. Unten stehen in zweÿ bilderblindten, St: Benedictus, und
S. Scholastica von Anguierre. Oben darüber sind no{c}h zweÿ bilderblinte
und über den äußersten Pfeilern sind oben auch no{c}h zweÿ plätze auff den
Pedestalen vor Statuen, aber diese sind noch nicht vorhanden. zu oberst in
dem fronton über der gantzen kirche ist das wapen der königin Anna
d’Autriche
nebst dem wapen von franckreich, von zweÿ Engeln getra,,
gen, welche Renaudin sol gemachet haben. Über der Haubthür rücken
vier Säulen weiter heraus, daß sie einen Vorschopf machen, und mit
ihren eigenem fronton gedecket sind, in deßen feld der königin gekrönter
Nahme ausgehauen stehet. An dem friese dieses Vorschopfes stehet geschrieben,

Jesu nascenti Virginique Matri.Note: Dem geboren werdenden Jesus und seiner Mutter der Jungfrau.


Allein die proportion der Säulen. distantzen ist nicht die beste, indem die
mittlere 10 2/3 (Mod:)Modul die andern zu beÿden Seiten aber 4: (Mod:)Modul weit von einander stehen, auff 4. (Mod:)Modul sind 3, auff 10 1/2 acht Sparrenköpfe.
Im übrigen ist die Simplicität mit der Majestät vereiniget, das vornehm,,
ste was diese faciata herlich machet.

Innen ist diese kirche zwar kleine, aber sehr wol gebauet mit Corinti,,
schen
Pfeilern, welche zwischen sich Arcaden einschließen, die von guter pro,,
portion
sind, und auff ihren schwiebbögen sitzende bilder in Basso relievo,
die zwischen sich auff einen gekröhnten Schild diesen Schiffer der königin haben
Æ. Über der ordnung ist ein tonnengewölbe gantz von gehauenen steinen
mit sehr lieblichen schnitzwerck von Anguierre. Auff jeder Seite des Schif,,
fes, liegen hinter so viel bogen Dreÿ Capellen, die aber no{c}h nicht ausge,,
ziehret sind. Die Corintischen Pfeiler sind mit Canellüren, die biß auff
den dritten theil platte Stäbe haben, wie die in der kirche St: Peter zu
Rom, wie den auch im übrigen davon viel imitiret worden. Unter
andern daß kein Rinneleisten auff dem krantz gemachet ist. Wen über
dem Gebälcke no{c}h eine kleine niedrige attique wäre gemachet (word)worden,
worauff das Gewölbe ruhet, würde dies no{c}h viel beßer aussehen. Sonst
ist an dieser kirche no{c}h zu tadeln, daß sie gar keinen Chor hat, sondern
der platz unter der kuppel davor dienen muß. Unter andern remar,,
quablen
dingen dieser kirche, sind na{c}hfolgende dreÿ vornehmlich an,,
zuführen.

  • 1. Der große Altar, der zwar in kupfer gestochen an das tages li{c}ht
    kommen, aber so uncorrect, daß ich bewogen worden, hieneben einen
    recht accuraten grund,, und auffriß davon vorzustellen, welche hin,,
    nächst zu sehen sind, recht nach proportion aller haubt maaße die sich
    an dem werck befinden, ohne daß Joseph, Maria und das kind Jesus
    auff dem Altar etwas zu groß gezeichnet sind. Diese hat der Jüngere
    Anguierre
    gemachet, und werden sie vor deßen beste arbeit gehalten.
    Die sechs gewundenen Säulen, die über 2. fueß im Diametro halten, al,,
so[84]{40v}
[[Grundriss von dem Altar in der Abtei von Val-de-Grâce in Paris]]
[85]41{r}
[[Ansicht von dem Altar in der Abtei von Val-de-Grâce in Paris]]
[86]{41v}
  • so daß sie auff 9. Modul 9 2/3 fueß halten. sind von schwartzen, weiß gespreng,,
    ten und geäderten gar sonderbahren und seltenen Marmor, also daß sie
    in diesem Stücke, schwerlich ihres gleichen haben. Die Capitäle, die bases, die
    Sparrenköpfe und rosen und das herumgewundene laub ist alles matt
    verguldet. Die Piedestal sind von schwartzen Marmor, und die Schieffer
    darauff verguldet Ertz. Die Engel das Palmwerck und die Consoles an
    dem Baldaquin sind auff glantz verguldet. Der baldaquin ist von Gab: Duc angegeben.
  • 2. das Marmorne æstrich in der kirche welches von allerhand farbi,,
    gen Marmor zusammen gesetzet ist, so schön alß es immer könte verlanget
    werden, wie den in und um Paris dergleichen nicht mehr zu finden ist. Unter
    der kuppel ist eine Rose wie diejenige die Daviler in seinen Commentario über
    Vignola planche 103. beÿ lit. Y. vorgebildet ohne daß die Vierecke zwischen dem
    weißen schwartz und mit roth eingefaßet sind. An dieser Rose sind auff dreÿ
    Seiten bunte acht,, und Virecke mit schwartz eingefaßet, dergleichen besag,,
    ter Daviler n. b. vorgestelletNote: Vgl. d’Aviler 1710, Bd. I, S. 353.. Unter den Ribben des Gewölbes über dem
    Schiff sind auch eben so breite streiffen, die große Viereckigte felder (zwische)zwischen
    sich einschließen.
  • 3. Ist sehr notabel das schöne Gemählde al fresco oben an der kuppel von
    Mignard, wel{c}hes nicht allein das beste stück von diesem vortrefflichen
    Meister, sondern au{c}h alß al fresco gemahlet das beste in franckreich sein
    soll. Es stellet eine Glorie der himlischen glückseeligen von fast unzehlig
    wol ausgetheilten, und wol disponirten figuren vor, die die kuppel um
    ein merckliches verhöhen. Die Lüfte welche immer weiter hinauff mehr
    erleuchtet werden, sind unvergleichlich. Mann kan in Paris ein vor,,
    trefflich accurat kupfer davon haben, und Moliere hat in seinen wer,,
    cken ein schön Carmen darüber gemachet.
  • 4. Ist noch zu notiren daß der gantze krantz innen um die kuppel herum
    und vier balcons über sovil kleinen thüren an der kuppel Pfeilern gantz
    verguldet, die vier Evangelisten aber oben darüber en bas relief halber
    Statur sehr wol aus stein gehauen sind. In das kloster habe ni{c}ht kommen
    können, welches sonst ebenfalß das schönste in Paris ist, wie aus Marots
    darüber gestochenen abrißen zu ersehen, welche gar accurat sind, ohne
    daß die halbrunden vorn gegen den großen platz der vor der kirche
    lieget erdichtet ist. Der platz vor der kirche ist mit Gebäuden von ge,,
    hauenen steinen umgeben, ohne daß vorn gegen der Gaße bloß ein
    eisernes aber sehr schönes gatterwerck vorgezogen ist. Die (Toscanisch.)Toscanischen
    Portale an diesem hoff herum sind dadurch verdorben, daß das Gebäl,,
    cke unter ihren frontons nicht fortgehet, sondern gebrochen ist.

Weiterhin an dieser Gaße auff eben der Seite lieget das kloster
und die kirche

Des Fevillantines, welche in einen großen hoff sehr wol ins gesichte lieget, ich habe ni{c}hts alß
das Portal gesehen, weil ich verführet worden, daß innen nichts beson,,
ders zu sehen seÿn. Die faciata siehet deswegen etwas ungestalt aus,

weil[87]42{r}

weil sie gar zu breit gegen der Höhe. Sonst ist die Architectur ziemlich reine
ohnerachtet die frantzosen es nicht davor halten wollen. zum wenigsten ist die
Profilirung recht gut, deswegen ich solches zu zeigen den deckel des Säulen,,
stuhls, den Säulenfueß und das Gebälcke der Ionischen ordnung, welche
unter der Corintischen steht hier vorgezeichnet. Im übrigen habe ich die
faciata zur Curiosité gezeichnet gantz wie sie aussiehet, nur in beßern
proportionen, damit sie gegen Marots davon herausgegebenen riß, der
die kirche selbst angegeben kan gehalten werden. Alßden wird erhel,,
len, indem ni{c}ht allein beßere proportiones hiebeÿ sind gebrauchet worden,
alß an dem wercke selbsten, sondern unstreitig die allerbesten, die
beÿ dieser proportion angingen, und dennoch die Faciata no{c}h etwas zu
breit, und gleichsahm gedruckt außsiehet, daß es nicht allein an der propor,,
tion
, sondern an der ordonnance selber gelegen seÿ, daß diese faciata nicht
beßer pariret. Daß aber die proportion auch ein merckliches dazu thun,
wird man erkennen, indem diese faciata dennoch die würcklich gebau,,
ete, und von Marot ordinirte ohnstreitig weit an schönheit und an,,
muthigkeit übertrifft. besiehe (Tab:)Tabula III. Im übrigen ist der reinig,,
keit und guten profilirung noch an dieser faciata fast weniger zu
tadeln, alß an der an Val de Grace.

Basis und deckel
des Säulenstühls da,,
selbst an eben der
ordnung.

Gebälcke der Ioni,,
schen ordnung an der
kirche de Fevillanti,,
nes.

Weiter hin ist die kirche
de St. Jaques de haut pas. welche außer ihrer faciata ni{c}hts notables hat, sie ist auff eine gewiße
simple ahrt, ohne ordnung, außer an der haubttühre, mit zweÿ ange,,
nehmen thürmen angeordnet, und dieses alles nach der großen an,,
sehnlichen manier, die sonst beÿ dem frantzosen gar selten gefunden
wird. Allein schade ist es daß nur ein thurm auffgebauet worden, und
demnach die faciata so volkommen nicht ist, alß sie Marot in kupfer

vor,,[88]{42v}

vorgestellet, wievol der sie im übrigen garaccurat gezeichnet. Vor
der Haubtthüre stehet noch eine sehr correcte und gantz ordinaire Dori=
sche Colonnata von Vier freÿstehenden Säulen, die sehr groß sind, und ihre
volle 16. (Mod:)Modul höhe haben. Die mittlern stehen 10. die andern beÿderseits
5. (Mod:)Modul von einander. Diese Colonnate ist no{c}h mit einen wol proporti,,
onirlichen fronton gedecket. So schlecht und gemein nun diese ordonnance
ist, hat sie doch vor dem aller künstlichst außgesonnenen in Paris no{c}h
einige vortheil der Schönheit, welches abermahl bestätigt, daß das Sim
ple
, wen es mit guten verstand und Majestätischer größer angebracht
wird, das allerbeste seÿ. Allein beÿ dieser wolproporionirten an,,
ordnung muß ich den bauMeister Gittard, der sie angegeben vor ei,,
nen capriceusen und wunderlichen kopf halten /: worinnen ich durch
die besichtigung des Pallastes zu St: Cloud, confirmiret wurde, wovon un,,
ten :/ indem er so gar einen absurden profil hiebeÿ gebrauchet, alß

[[Ansicht von dem Gebälk von der Straßenfassade von der Église Saint-Jacques-du-Haut-Pas in Paris]]


er einen hätte ausdencken können,Note: Der Architekt dieser Fassade ist Daniel Gittard. Da auf einen Verantwortlichen zur Überprüfung der Bauarbeiten verzichtet wurde, entfernte sich die Ausführung weit von seinen Entwürfen. Auch blieb die Fassade mit nur einem Turm statt der geplanten zwei unvollendet. Vgl. Lours 2016, S. 99-104.
wie aus beÿstehenden riß zu ersehen,
und ist unter andern der Stab in den
Architrav, und der Holleisten un,,
ten am krantze wol zu notiren, der
größer ist, alß der krantzleisten selbst,
zumahl er in proportion an dem
werck noch größer ist, alß ich ihn hier
gezeichnet, anderer fehler zu geschweigen
die aus dem Riß erhellen.

Von der Rue de St: Jaques kömt
man auff die Isle du Palais wor,,
auff dreÿerleÿ zu remarquiren
vorkömt, alß:

1. le Pont Neuf Diese ist der größte, und disposition, wie auch dem prospect nach
dem Pont Royal vorzuziehen, kömt ihme aber an der nettigkeit
der construction nicht beÿ, sie hat stärckere Pfeiler, und kleinere bö,,
gen, indem sie nicht viel mehr als doppelt so lang wie jene ist, und
doch 14. bogen begreiffet, da jene nur 5. hat. Die Maaße dieser
brücke sind diese. Die länge von der Seite des Louvre biß an die
Spitze der Insel hält 500. fueß, und darauff 7. bögen, daß massiv auf
der Insel hält in der länge 140. fueß, und der überrest der brücke
biß an das quay des Augustins machet annoch 230. fueß aus,
5 bogen begreiffende. Die breite der brücke hält in allen 72.
fueß, daran beÿderseits 2. vor die lehne abgehen, vor die fueßste,,
ge, welche 2. fueß erhöhet sind, kommen 19. fueß, und vor den fahr,,
weg in der mitte bleiben 30. dannenhero auff den breiten fueß,,
stegen annoch platz ist vor allerhand kleine boutiquen, welche 7. fueß

ein,,[89]43{r}

einnehmen, und 12. zur passage übrig laßen. Wen man unten
von dem Louvre auff die brücke kömt, lieget an dem andern bogen
auff der rechte seite

La Samaritaine

[[Ansicht von dem Pumpwerk von der Fontaine de La Samaritaine in Paris]]


Diese besteht in einen doppelten Metallenen druckwerck nach
Salomon de Caus manier, und ist nicht sonderlich daran zu notiren, als
die 8. Metallene Schrauben wodurch man das gantze werck nach dem
das waßer stehet, aufftreiben (od)oder sincken laßen kann. Das gantze
werck ist innerhalb eines kleinen Hauses verstecket, auff deme eine
schöne Uhr mit einen klockenspiel stehet, welches das einige in Paris
aber gar schlecht ist. Den nahmen hat diese kunst von der äusseren ver,,
ziehrung, welche in einen halbrunden kasten stehet, der auff einen termi,,
no
ruhet, er ist gestalt wie ein brunnen, und läufft das waßer in ei,,
ner angenehmen Cascade darein aus dem kessel, welcher nahe da,,
beÿ unter dem Dache stehet, neben diesen kasten sitzen der (He:)Herr ChristusNote: Gemeint ist Jesus Christus.
und die Samariterin, sehr nett gezeichnet und wol gehauen von zarten
Sandsteine. Es sol die gantze ordonannance die gar güt ist von German
Pilon
sein, der vor diesen zu Henrici III. zeiten berühmt gewesen, an,,
dere aber halten die Statuen nur vor Copien.Note: Die Skulpturen stammen von René Frémin (1672-1744). Die Pompe de la Samaritaine war 1607-1608 während der Herrschaft von Heinrich IV. errichtet worden. Germain Pilon (gest. 1590) hat hingegen die Masken an dem Pont Neuf realisiert. Vgl. Massounie/Prévost-Marcilhacy/Rabreau 1995, S. 82.

Henrici IV. Statua Equestris. welche über die helffte über lebensgröße, und also um ein ziemliches
kleiner ist alß die neue auff der Place de Vendôme, (od)oder des Conquê,,
tes,
uber dieses sind Mann und Pferd zweÿ Stücke, im übrigen wol,,
gezeichnet, und nett von metal gegoßen. Diese stehet auff einen mar,,
mornen Piedestal,
mit wol goldenen Inscriptionibus, unter denen

ich[90]{43v}

ich allein diese abgeschrieben /: weil sie in büchern genug zu finden :/
die vorn gegen der brücke stehet.

Erico IIII.
Galliarum Imperatori
Navar. R.
Ludovicus XIII. flius ejus
opus nicho. et intermissum pro
dignitate pietatis et imperii (pleni)plenius
et amplius absolvit.

Über dieses sind an eben dem pedestal des königs Actiones von
metallenen bassi relievi vorgestellet. An den vier Ecken des piedestals
sitzen gefangene von metall die unter den füeßen antiché waffen
haben. Der pedestal samt allem was daran, ist von einem fran,,
tzosen Nahmens Franche Ville, das Pferd aber und der könig in
Florentz von Jean de Boulogne gemachet worden, der zwar aus
franckreich gebürtig, alleine allzeit in Italien gewesen. An der
Statue herum stehet ein hohes eisernes, hin und wieder verguldetes
stacket.

2. Die kirche Nôtre Dame Ein alt Gotisches in seiner ahrt aber recht herliches Gebäude, daran
im übrigen nichts zu remarquiren ist, alß die schönen Gemählde, sonder,,
lich diejenigen, welche von Jahr zu Jahren von dem Goldschmieden hierin
verehret worden,Note: Es handelt sich um die sogenannten „Mays“. Diese bezeichnen eine Reihe von Gemälden, die jedes Jahr in den ersten Maitagen zwischen 1630 und 1707 (mit Ausnahme der Jahre 1683 und 1694) als Geschenk von der Zunft der Goldschmiede an die Kathedrale Notre-Dame in Paris gingen. Die Tradition ging bereits auf das 15. Jh. zurück. Seit 1533 wurden kleinere Gemälde gestiftet. Ab 1630 wurden diese kleineren „Mays“ durch großformatige Gemälde ersetzt, mit Darstellungen aus der Apostelgeschichte nach dem Evangelisten Lukas, welche von den missionarischen Aktivitäten der ersten Jünger Christi erzählen. Vgl. Notter 1999, S. 23 (Abb. 7) u. S. 27-52. deren Catalogum ich kurtz hieher setzen wil, indem
alles deutlich auff die Gemählde geschrieben ist, daß man denselben
versichert genug machen kan.

  • 1. A{nn}o.: 1630. Die historia, Actor: III. v. 1. biß 7. von Lallemand.
  • 2. – – 1631. Die miracul der Mutter Gottes die sie in dieser kirche sol
    gethan haben. von le Moine.
  • 3. – – 1632. Die Geschichte, Actor: V. v. 1 biß 10. von Voüet dem Jüngeren.
  • 4. – – 1633. Actor. VII. vers 60. von Lallemand.
  • NB.5. – – 1634. Ein Pfingstfest. Actor: II. von Blanchard dem ältern.
  • 6. – – 1635. Petrus heilet einen krancken mit seinen Schatten, wo es
    geschrieben stehet weiß ich nicht
    . von Laur. de la Hire. Es schei,,
    net aus Actor: V. 15.
  • 7. – – 1636. von Lestein. St: Paul in dem Areopago zu Athen, da er
    den (heil.)heiligen Dionisium bekehret.
  • 8. – – 1637. von Laur: de la Hire. Die bekehrung Pauli. Actor. IX.
  • NB. 9. – – 1638. könig Ludewig der XIII. seine krohne der Mutter Gottes auf,,
    opfernd, von Philip Champagne.Note: Knesebeck scheint dieses Gemälde fälschlicherweise für ein „May“ zu halten. Zwar befand sich das Werk von Champaigne in Notre-Dame, stand aber nicht im Zusammenhang mit der Goldschmiedezunft, sondern es handelte sich um einen königlichen Auftrag. Vermutlich führten die Maße des Gemäldes, die mit 342 x 267 cm jenen der Mays (üblicherweise 340 x 240cm) sehr nahe kamen, zu Knesebecks Verwechslung.
  • 10. – – 1639. von Claude Vignon. Actor. VIII. vers, 38.
  • 11. – – 1640. von dem Jüngern Voüet, Actor. X. 25. 26.
  • 12. – – 1641. von eben demselben. Actor. XII. 8. 9. 10. p
  • 13. – – 1642. von Prevoit. Actor. XII. 2.
  • 14. – – 1643. Person, der ältere, Actor. III. 12.
15[91]44{r}
  • 15. – – 1644. von Seb: Bourdon, die Creutzigung Petri.
  • 16. – – 1645. von dem ältern Corneille. Actor: XIV. 14.
  • 17. – – 1646. von Erard. Actor. IX. 17. 18.
  • 18. – – 1647. von Boulogne dem ältern, Actor. XIX. 12. Die Miracul welche dur{c}h
    die Leinwandt geschehen, welche St. Pauls Leib berühret hatte.
  • NB. 19. – – 1648. von le Brun. Die Creutzigung St: Andreæ. Ein Fuß daran, an dem
    St: Andrea ist sehr citropié
  • 20. – – 1649. von dem ältern Boulogne, der Märtirer St: Simon.
  • NB. 21. – – 1650. von le Sueur, Actor XIX. 19.
  • 22. – – 1651. von Loir, des Proconsul Sergii bekehrung, durch St Paulum.
    Actor. XIII. 6 biß zu 12.
  • NB. 23. – – 1652. von le Brun, ein vortrefflich stück, die steinigung St: Stephani.
    Actor. VII. 58. 59.
  • 24. – – 1653. von Têtelin. Actor. IX. 40 4i.
  • 25. – – 1654. von dem ältern Person. Actor. XXVIII. 3. 4. 5.
  • 26. – – 1655. von Heins. Actor. XVI. 14.
  • 27. – – 1656. von Têtelin, Actor. XVI. 22.
  • 28. – – 1657. von Villequin, Actor: XXV. 23.
  • 29. – – 1658. von dem ältern Boulogne, die enthauptung Pauli zu Rom.
  • 30. – – 1659. von dem ältern Corneille. Actor. X. 25. 26.
  • 31. – – 1660. von du Dot. Der Jungfrau Mariæ abschied.Note: Knesebeck täuscht sich: Es handelt sich nicht um den Abschied der Jungfrau Maria von Christus, sondern um Petrus’ Auferweckung der Tabitha.
  • 32. – – 1661. von Paillet, St. Bartholomei marter.
  • 33. – – 1662. von dem ältern Coÿpel, eine geschicht eines wunders, welches
    beÿ
    Jacobi marterung sich sol zugetragen haben.
  • 34. – – 1663. von Halle. St. Johannes, den man eben in das siedende öhl
    werf,,
    fen will.
  • 35. – – 1664. von Blanchet. Actor. VIII. 39.
  • 36. – – 1665. von de Sourlay, wie Petro da er von Rom fliehen will, (dem
    hl:)
    demh{ei}ligen Chri,,
    stus sol begegnet sein.
  • 37. – – 1666. von Heins, Actor. VIII. 19. 20.
  • 38. – – 1667. von Montagne, Actor: XVI. 26. 27. 28.
  • 39. – – 1668. von Bapt: de Champagne. Actor. XIV. 19.
  • 40. – – 1669. von Vignon dem Jüngern. wie Bartholomeus des königs in
    Armenien Polemonis tochter vom teuffel befreÿet, und dadurch
    den vater bekehrtet.
  • 41. – – 1670. von Boulogne dem ältern, eine auffahrt Christi.
  • 42. – – 1671. von Blanchard, Andreas wie er in ansicht seiner vorstehenden
    Marter von freude entzückt wird.
  • 43. – – 1672. von Canÿ, Actor XVII. 34.
  • 44. – – 1673. von Corneille. Math. IV. 18. 19.
  • 45. – – 1674. von Jouvenet. Math. IX. 2.
  • 46. – – 1675. von Claude Audran. Math. XIV. 0. ii. i2.
  • 47. – – 1676. von Hüasse, Stephanus, von den Schergen zur Steinigung
    geführet.
  • 48. – – 1677. von Ballin, Actor: XV.39.
49[92]{44v}
  • 49. – – 1678. von Verdier, Joh: XI. 43. 44.
  • 50. – – 1679. von Boulogne dem ältern,Note: Knesebeck täuscht sich in der Zuschreibung des Werks. Es handelt sich um Bon de Boullogne (1649-1717) und nicht um dessen Vater Louis (I.) de Boullogne, auch Louis le père genannt. von dem gichtbrüchtigen an dem Tei,,
    che zu Bethesda.
  • 51. – – 1680. von Joh: Bapt: Corneille Actor: XII. 7 .8.
  • 52. – – 1681. von Coypel, eine Himmelfahrt Mariæ.
  • 53. – – 1682. von Cotelle. Joh: II. die Hochzeit zu Cana.
  • 54. – – 1683. von Alexandre, Math: III. die Tauffe Christi.
    1684. Ist nichts gegeben worden.
  • 55. – – 1685. von dem jüngeren Person. Math V. 1.2. wie auch von heilung ei,,
    nes krancken.
  • 56. – – 1686. Von dem jüngeren Boulogne. Ein ansehnlicher Mann lieget
    auff den knieen vor Jesu, ob es der Haubtman zu Capernaum
    (od)oder der Römische sein soll, kann man nicht sehen. keines trifft
    volkommen mit der H: Schrifft überein. Doch scheinet es ehe der
    Haubtmann zu sein, (od)oder der oberste der Schar[?],Marc: V. 22.
  • 57. – – 1687. von dem jüngern Halle, Math: XXI. 12. 13.
  • 58. – – 1688. von Cheron. Actor. XXI. 10. ii.
  • 59. – – 1689. von Vernansel. Luc: VIII. 54. 55
  • 60. – – 1690. von Cheron. Math: XIV: ii.
  • 61. – – 1691. von Guillebaut. Luc. VII. i4. i5.
  • 62. – – 1692. von Alexandre. Math: IV. 23.
  • 63. – – 1693. von Arnoult. Joh. XX. 27. 28.
  • 64. – – 1694. von Parossel, Luc: III. 3.
  • 65. – – 1695. von dem jüngern Boulogne. Joh: IV. 6. 7.
  • 66. – – 1696. von Christophe. Das wunder der fünff brodt. Math: XIV. 17
  • 67. – – 1697. von Marot. Math: XXVIII. 8. 9.
  • 68. – – 1698. von Vivien. die weisen aus dem Morgenlandt.
  • 69. – – 1699. von Tavernier, Luc XXII. 6i.

In dieser kirche wird ein herlicher Altar mit gewundenen Säulen ge,,
machet werden. Anitzo wird eben an dem Model von Gibs in volkom,,
mener größe gearbeitet. In dem Creutz dieser kirche sind auch die gemahlten
Glaßfenster wol zu remarquiren. Schade ist weil zuviel steinerne Gothi,,
sche züge dazwischen sind, daß sie keine solche große Subjecta vorstellen können
wie die zur Gaude in Holland.Note: Knesebeck bezieht sich hier auf die Kirchenfenster der Sint-Janskerk (oder Grote Kerk) in Gouda. Allein die farben sind fast hier no{c}h schöner
und brillanter. Die Thüren dieser kirche sind au{c}h fern zusehen nicht vorbeÿ
zu gehen, welche gantz über und über mit eisenwerck von gar Curieuser
Schloßerarbeit übersetzet sind. Die Capellen sind schön getäffelt, und noch
besonders mit Gemählden geziehret. Unter andren sind auff der rechten seite
in zweÿ Capellen zweÿ, wel{c}he Poussin sol gemahlet haben, ehe er nach Italien
gegangen, eines stellet die wegnehmung der (J{ung}fr:)J{ung}frau Marie aus diesem leben,
man kan es nicht recht ein sterben, und nicht recht eine lebendige führung
gen himmel nennen. Das andere ist eine St: Maria Egyptiaca.Note: Knesebeck täuscht sich vermutlich mit seiner Zuschreibung des Gemäldes an Poussin, ebenso wie Brice 1701, Bd. II, S. 347. Es handelt sich wahrscheinlich um ein Gemälde von Lubin Baugin. Vgl. Notter/Daguerre de Hureaux/Thuillier 2002, S. 190-193.

Nach dieser kir{c}he ist auff der Insel no{c}h notabel,
Das Monument der kindheit des königs Lud: XIV.

Dieses[93]45{r}

Dieses stehet, wo die Gaße auff der brücke au Change nach der Gaße St:
Denis
zu sich wie ein Y. theilet da die häuser dazwischen eine schmale face recht ge,,
gen der Gaße zu machen. Es ist daran eine große Arcade gema{c}het, worun,,
ter dieses Monument stehet, meistens von Metal, do{c}h auch guten theils von ge,,
hauenen steinen gebauet. Der itzige könig alß ein Printz von 6. Jahren
ungefehr, stehet in der Mitte auff einen pedestal, und über ihme ist eine
renommée die ihn mit einen Lorbeer kröhnet, daneben stehen unter dem Pede,,
stal die
königliche Ältern in lebensgröße von Metal. Sie sollen sehr wol glei,,
{c}hen, im übrigen ist die zeichnung daran recht gut. Darunter wo die Inscri,,
ption
stehet, liegen gefangene, nur halb erhaben. Die gantze arbeit sol von
Guilin sein. Von der Insel kömt man über der Seine recht nach dem Gre,,
ve (od)oder Platz vor

Dem Stadthaus. Dieses ist zwar nach der Architectur mit Corinthischer ordnung geziehret, aber
dur{c}h und dur{c}h noch sehr mit Gothischer unordnung vermenget, daher wenig dar,,
an zu notiren verfället, ohne über dem Haubteingang die Statue Henri
IV.
zu Pferd nach der Seite nur halb erhaben, welche nach der Statue Aurelii
im Capitolio zu Rom gemachet worden, von einen Schüler des Michel An,,
gelo
, nahmens Biard. Innen kömt man über etliche Stuffen, auff einen
erhabenen, aber sehr kleinen hoff, der um und um mit Arcaden umgeben
ist. Gegen der haubtEntré über stehet unter einen dieser bögen des
itzigen königs Statue zu fueß von weißen Marmor. auff einen weiß marmor,,
nen pedestal.
Die Säulen neben dem bogen, die sonst im Hoff herum
von Stein sind, hat man hier neben mit zweÿ rothmarmornen vertauschet,
Die Schwiebbogen verkleidung, ist eben auch von Marmor, auff dem Pedestal
der Statue stehen diese worte mit Goldenen buchstaben,

Lodovico Magno Victori Perpetuo
Semper Pacifico.


hin und wieder sind no{c}h einige verguldete zierrathen beÿgefüget. Der
könig ist noch zimlich getroffen, und ist das gantze werck von dem vor,,
trefflichen Coycevox. An der rechten Seiten im hineingehen kömt man
auff eine treppe nach der gemeinen disposition à deux rampes, welche
disposition beÿ so alten Gebäuden doch rar ist. Die construction muß
man vor ziemlich schön passiren lassen, und glaube ich darauß fast, daß
die treppe nicht so alt seÿ, alß das übrige Gebäude. Allein dieses ist wun,,
derlich, daß über den rechten arm weniger zierrathen sind, alß über dem an,,
dern, beÿde sind mit gedruckten tonnen Gewölbern bedecket, jenes aber
hat nur Simple viereckigte, mit ovalen untermengete felder mit wenig
schnitzwerck von Rosen darinnen. Dieses aber ist viel reicher. In der
mitte ist eine schöne Sonne und viermahls umher das Stadtwapen mit
dem Schiff, welche umher no{c}h mit vielen schnitzwerck, und zu äußerst mit
sehr schönen Rosen begleitet sind, alles zimlich wol aus Stein gehauen. Oben
über dem austrit ist wiederumb ein Gotisches Gewölbe, alleine ein recht
Meisterstück davon, mit vielen gantz freÿ hangenden, und unerhört
zart ausgeschnittenen bögen, daß man es nicht ohne verwunderung an,,

siehet[94]{45v}

siehet. Sonst ist in den zimmern nichts sonderliches zu sehen, außer den
Gemählden, die meistens in großen taffeln von vielen contrefaiten be,,
stehen. Es sind darunter von Mignard, Troye, Porby und von den gu,,
ten Contrefaits mahler L’Argilliere. Von dem Stadthaus gehet man
lei{c}htlich nach der kirche

St. Gervais. Deren Portail das schönste und magnifiqueste in gantz Paris ist,
Marot hat diese faciata gantz deutlich vorgestellet, aber dieses anzu,,
deuten vergeßen, daß die Säulen der zweÿ obern reihen gantz, und
an der untern, biß auff das dritte theil des Stames ausgehölet oder Can,,
nellie
ret sind, es siehet aber dieses untere glatte stück, der Dorischen Seulen
nicht zum besten aus. Sonst sind die dreÿ Griechischen ordnungen in recht
guter proportion über einander gesetzet. Demnach kan diese Gebäu,,
de wol vor ein Exempel der Symmetrie, ordonnanze, combination
und maniere grande passiren. Die reinigkeit dieser Architectur, und
das herliche magnifique ansehen, nimt also bald die Augen, und das Gemüthe
ein. Schade aber ist daß diese faciata so übel stehet, indem sie nur halb
gegen eine große Gaße zu siehet, halb aber in (ein)einen engen quer Gäßlein
verstecket ist, daß man sie von weitem nicht alß nur halb sehen kan.
Über der Dorischen ordnung ist das Gebälcke wol ausgetheilet, ohne über den
gekuppelten Seulen sind die zwischentieffen etwas breiter als ho{c}h, welches
desto beßer zu verstecken festonnen hinein gehänget sind. Die Säulen a,,
ber hätten können no{c}h näher zusammen gerücket werden. In die pro,,
portion
des bortens ist also beschaffen, daß wen man die Säulen no{c}h nä,,
her zusammengerücket hätte, die zwischentieffe meistens würde just wor,,
den sein. Den es sind daselbst schon alle Maaße großer als sonst, in,,
deme gewöhnlich zu der höhe des Dreÿschlitzes 45. von 30. des Moduls theilen
gegeben werden. hier aber so wie ich rechnen kann, die Höhe deßelben 46 4/5
hält, welches folglich auch die höhe der zwischentieffen ist. wären nun die
Säulen auff 2 2/3 Modul zusammen gerücket worden, so wäre die
Metope 48 4/5, und also nur um zweÿ theil länger alß ho{c}h geworden sein,
welch{e}s man vil weniger alß den itzigen fehler würde gemercket ha,,
ben, wie aus hiernächst beÿgesetzten Dorischen Gebälcke besagter
kirche zu sehen ist, da ich die zwischentieffe über den gekuppelten Säulen
nach solcher ausrechnung eingerichtet habe. woraus zu ersehen, wie
leicht diese proportiones dur{c}h rechnen hätten können gar dahin gebracht
werden, daß die austheilung gantz correct worden wäre.

Umb nun zu versuchen ob die schönen proportiones dieser herlichen
faciata no{c}h weiter verbeßert werden können habe ich diese faci,,
ata
abgezeichnet und alles biß auff die proportiones daran behal,,
ten. Nun ist nicht zu läugnen, daß dem ersten ansehen nach die rech,,
te faciata lustiger aussiehet, weil sie geschlancker, und in proportion der
breite höher ist, alß meine. Allein es kan au{c}h ein gegentheil nicht geläug,,
net werden, daß, weil die geschoße an dem original sich nicht genugsam
über einander verdünnen, nicht nur die faciata gleichsam vor sich zu

hän,,[95]46{r}
[[Ansicht von dem Gebälk von der Straßenfassade von der Église Saint-Gervais-Saint-Protais in Paris, verändert von Knesebeck]]


hängen scheinet, sondern vornehmlich auch oben allzu schwer aussiehet, dahinge,,
gen an meiner faciata das obere auff dem untern sich beßer gründet.
Indeßen wird niemandt sagen können daß meine faciata allzu gedruckt
auffeinander seÿe, ja wenn man beÿ{d}e faciaten lange neben einander
ansiehet, wird endli{c}h die original faciata allzu schlanck scheinen, und also ihre
proportiones dieser weichen, und zeugnis mitgeben daß Goldmans propor,,
tiones
, welche hier vornehmlich beobachtet worden, alle andere übertreffen.
Im übrigen ist ohnstreitig die Dorische ordnung hier correcter ausgetheilet.
Die dreÿ reihen über einander stehen in der allerschönsten proportion wie 4.
5. 6. deren schönheit Scamozzi in seiner Architectur gar weitläuffig de,,
monstri
ret. Aber wieder auff die kirche selbst zu kommen, habe ich hieneben

[[Leerraum für eine Zeichnung, die aber nicht mehr hinzukam]]


annoch den Profil des Ionischen Gebälckes, in
der andern Reihen mit angedeutet, und
ist au{c}h in diesem Stücke der bauMeister
ja so behuetsahm und ingenieus gewesen,
alß in der gantzen anordnung. Brosse
ist dieser bauMeister, der an diesen werck
sein Meisterstück erwiesen hat. Alß Ber,,
nini
in Paris gewesen hat er fast nichts
alß diese faciata, und die Fontaine des
Innocents
gelobet, weil ihm niemahls
ni{c}hts gefallen, alß was mayestätisch
war. Den Corintischen Profil kan man
der höhe wegen nicht allzu woll erkennen. Mann siehet auch an dieser kirche
den übeln effect der gebrochenen Giebelfelder, indem über den mitlern ein,,
gezogenen feld der krantzleisten mit dem was darüber ist, gar zu weit
springet, und gantz schwach aussiehet. Allein beÿ dieser ordonnance hat
er nicht wol anders können gemachet werden, weil über der großen

mit,,[96]{46v}

mitlern Seulenweite der Architrav gar zu weit freÿ gelegen wäre. beÿ
deme endlich noch dieses anzumärcken vorfället, daß man gar schwerlich
und selten dreÿ reihen Säulen übereinander setzen kann, ohne einige
fehler zu begehen. Doch hindert dieses alles nicht, aus diesem Gebäude so,,
wol, alß aus dem Palais d’Orleans des de Brosse hohen Geist zu sehen, der ihm
billig einen besondern Ruhm vor allen anderen frantzösischen baumeistern
vindiciret. Innen ist nichts sonderliches in dieser kirche zu besehen, ohne das
Altarblat, und die Claro Scuro gemahlete fenster, an denen St: Gervasii
marterthum prasentiret wird, welche alle von le Sueur sind. In dem Schiff
hängen noch 6. große gemählde, deren das erste im hineingehen auff der
lincken Handt von Bourdon, die zwey folgende von le Sueur, und die dreÿ
gegen überstehende von Champagne sind. Unter des Sueur seinen habe ich
sonderlich remarquiret, wie St. Gervasius auff einer banck gegeißelt wird,
da alle actiones und affecten herlich ausgeführet sind. Sie scheinen alle 6.
von St: Gervasii leben zu handeln. Uber den vor schluß des Chores stehet auch
ein schon Crucifix von Sarazin, welches über aus wolgezeichnet ist. Von die,,
ser kirche kömt man in die Gaße St: Antoine, und darinnen auff der
rechten seite am ersten zu

Der kirche des grands Jesuites, welche unter allen kirche in Paris die reicheste an zierrathen, aber eben
deswegen auch die heßlichste faciata hat, den indem dieses schnitzwerck ziem,,
lich Confus, übel gezeichnet und gearbeitet, und dazu vol koth und Staub
von den gaßen ist, kan man diese faciata, ohne mißvergnügen nicht
ansehen. Die proportiones der Architectur, wie auch deren ordonance ist so
uneben nicht, in Zeilers Topographia Galliæ Part: I: ist ein ziemlich accura,,
ter
abriß davon zu finden.Note: Vgl. Merian/Zeiller 1655-1661, Bd. 1, S. 131. Das inwendige ist viel weniger geziehret, so
doch sonst umgekehret sein solte, und eben dadur{c}h auch beßer alß das aus,,
wendige. Die kuppel aber ist innen und außen gar zu wenig geziehret.
Sie ist auch innen reiner, und pfleget ein Mann in einen Eÿsern korb in die
Höhe gezogen werden, damit er oben an der Decke abkehren und reine ma,,
chen könne. Der haubt Altar ist auch gar reich an marmornen Säulen,
und Statuen, daß keiner der besten bildhauer daran emploiret (word)worden
siehet man daran so wol alß an den Statuen. Das Gemählde ist schöner
und bestehet in einer assumtion der Mutter Gottes,Note: Knesebeck nennt als Bildthema eine Himmelfahrt Mariens, obwohl es sich tatsächlich um eine Darstellung der Erhebung Ludwigs des Heiligen zu Gott handelt. Die Verwechslung war in der Zeit nicht ungewöhnlich, da Vouet - inspiriert durch eine Auferstehung von Carracci - der Figur Ludwigs des Heiligen effeminierte Züge verliehen hatte. Vgl. Sauval 1724, S. 464; Montgolfier/Willesme 1985, S. 34. an der lincken seite, un,,
ter der kuppel ist eine Thüre, neben der zu beÿden seiten zweÿ schöne Capellen
stehen. In einer ist zwar so sonderlich nichts zu remarquiren, alß ein Ge,,
mählde von St: Petro. wie er durch den Engel aus dem Gefängnis geführet
wird. In der andern aber ist das herliche Grabmahl des Printz Henrÿ Bourbon
de Condé
, deßen Hertz daselbst begraben lieget. Dieses Grabmahl ist kein eben
sonderlich werck, wie die bißher entworffenen, sondern vielmehr ein Gelän,,
der, wodurch diese Capelle eingeschloßen ist, an deme anstat der DockenNote: Will heißen „Balustren“.
schöne Bassi relievi sind, von verschiedenen Siegen der kinder Israel aus
dem alten Testament genommen, aus metal gegoßen, oben darauff sitzen
auff ihren pedetalen vier tugenden, auch von Bronze in lebensgroße.
An der Seite da man hineingehet, stehen zweÿ Genii, neben dem eingang,

deren[97]47{r}

deren einer des begrabenen wapen, der andere eine Inscription hält,
auch diese sind von brontze. Und alle diese figuren sind nicht allein schön gear,,
beitet, sondern au{c}h wol gezeichnet. Anstat des Altarblats in dieser Capel,,
le
ist ein Cruzifix vor dem Laÿola mit sonderlicher andacht kniet, halberhaben,
zweÿ Säulen halten ein fronton, auff dem zweÿ sitzende Engel den Nahmen
Jesus in einer verguldeten Sonne halten. Weiterhin auff eben der
Seite ist das herlichste Monument in gantz Paris, unter einen bogen, der
mit marmornen feldern bekleidet ist, auff denen schöne Bassi relievi außge,,
hauen sind. Es bestehet in zweÿ massiv silbern Engeln in Lebensgröße, welche
könig (Lud:)Ludwig XIII. Hertz mit einer krone bedecket halten. Sie sind unter den
Schwiebbogen wie fliegend vorgestellet. Das Hertz und die Gewänder, sind
meist[?] roth feurig verguldet. Alle bißher erzehlete wercke sind von Sarazin
einen vortrefflichen bildhauer. Von dieser kirche kömt man ferner nach
dem

Place Royale. Der zwar gar schön regulier und mit einerleÿ Häusern umgeben ist, allein
die Architectur dieser Häuser ist kindisch und kleinlicht. Die bögen umher
sind unproportionirlich und niedrig, daß man also wol sagen kan, daß
das haubt dessin sehr gut und prächtig, aber durch die Ausführung verdor,,
ben seÿ. Auch dieses verderbet diesen platz nicht wenig, daß er gantz einge,,
schlossen ist, daß man ihn recht mit mühe suchen muß. Die Statue zu
Pferd ist gar schön sonderlich das Pferd, welches von (ein)einen andern Meister ist,
alß des königs bildnis. Es ist etwas größer als Henrici IV. Statue, aber
kleiner als des itzigen königs seine auff dem neuen Platz. Die Inscripti,,
ones
auff dem weiß Marmornen Pedestal dieser Statue findet man genug,,
sahm in büchern. Richelieu hat diese Statue auffrichten laßen, nach sei,,
nem tode aber sol erst diese Inscription daran sein gesetzet worden, wie,,
wol auch die übrigen dieses Cardinals hochmuth verrahten.

Que ne peut la vertu, que ne peut le courage ?
J’ai donné pour jamais l’Heresie en son fort
Du Tage Imperieux j’aÿ fait trembler le bord,
Et du Rhin jusque à l’Ebre accrû mon heritage.
J’ay Sauve par mon bras l’Europe d’Esclavage ;
Et si tant des traveaux n’ussent haster mon sort,
J’eusse attaqué l’Asie, et d’un pieux effort.
J’eusse du saint tombeau venge le long Servage,
Armand ce grand Armand l’ame de mes exploits,
Porta de toutes parts mes armes et mes loix
Et donna tout l’Eclat aux rayons de ma gloire,
Enfin il m’eleva ce pompeux monument,
[Où] pour rendre à son nom memoire pour memoire,
Je veux qu’avec le mien, il vive incessament.


Recht gerade hinter diesen Platz lieget

Die Kirche des Minimes von dem alten Mansard angegeben, welche die frantzosen vor ein recht

Modell[98]{47v}

Modell der schönheit ausschreyen. Schade ist daß annoch ein altes Stücke
Mauer, weiß nicht warum vor dieser kirche her stehet, und ihre untere
disposition an der der faciata verdecket, daß man sie nicht ein wenig von weit
betrachten kan. Marot hat diese faciat in kupfer gestochen publiciret,
aber eine schöne kuppel dabeÿ gezeichnet, die nicht allein an dieser kirche sich
nicht befindet, sondern nicht einmahl nach itziger disposition da seÿn kan.
wen man auch die leute ansiehet, die er dabeÿ in prospect gesetzet, solte
man diese faciata vor gar groß und Magnifique halten, da sie doch sehr
kleinlich und nach der frantzösischen ahrt zu tendreNote: Mit der Verwendung des französischen Begriffs möchte Knesebeck offenbar ausdrücken, dass die Fassade in ihrer Erscheinung zu fragil und leicht wirkt. aussiehet. Außen
an der faciata sind zwey stücke vor die baukunst zu remarquiren, erst,,

[[Detailskizze von den gekuppelten dorischen Säulen im Erdgeschoss von der Fassade von dem Couvent des Minimes in Paris]]


lich das accouplement der Dorischen Pfei,,
ler und Säulen, welches nach hiebeÿ stehen,,
den Riß recht elend ausgeführet ist. Ma,,
rot
hat das Gebälcke angedeutet alß
wen es mit Dielen köpfen gemachet wä,,
re, worauff sich auch die frantzosen in Pa,,
ris
selbst beruffen, wen sie über das ac,,
couplement disputi
ren, da es do{c}h gantz
falsch ist und keine Dielen köpfe sich daran
befinden. In der Mitte der faciata
sind die Dreÿschlitze nicht ausgearbeitet,
aus dem ich wie aus mehr anderen Exem,,
pela des Collegii Mazarini, des Hôtel des
Invalïdes
und anderen schließe, daß eine
Gewohnheit beÿ den frantzosen ist, mit der
ausarbeitung zugleich an beÿden Seiten
anzufangen, und alß gleich gegen ein,,
ander biß zur mitte zu gehen. Wie nun
gar viel frantzösische wercke unausge,,
machet sind, so ist auch hier die arbeit
auffgehoben worden, ehe die Stein Metzen
in der mitte zusammen kommen.

Das ärgste ist daß viel unverdünnete
Pfeiler solchergestalt an dieser kirche ge,,
kuppelt sind, da die obersten dreÿ Glieder
oder der Abacus mit seinen kehlleisten
und überschlag eben so in einander lauffen. An der Mitte des oberen geschosses
dieser faciata sind vier Corinthische Säulen solcher gestalt ordiniret, alß beÿ
stehender grundriß zeiget, doch thut hier diese ordonnantz keinen so guten effect,
als an dem landhause zu Roterdam, sonderlich aber etwas von weiten, ist sie gar
nicht sensibel.

[[Horizontalschnitt von der Säulenstellung im Obergeschoss von der Fassade von dem Couvent des Minimes in Paris]]
[99]48{r}

Marot hat zwischen die engen Säulen bilderblindten gemachet, welche
an dem werck selbst sich auch nicht befinden. Weil ein Mansard dieses
Gebäude nur biß über das erste Geschoß auffgeführet, scheinet Marots vor,,
zeichnung nach desselben Riß gemachet zu sein, deme man aber hernach
nicht mag gefolget haben. Die itzige arbeit oben auff sieht gantz schlecht
gegen der darunter aus.

Innerhalb hat diese kirche kirche außer ihrem Haubt Altar meines wißens
wenig notables. Diese ist mit schönen marmornen Corinthischen Seulen
gezeichnet, welche cannellüret sind, welches ich sonst nirgend in Paris no{c}h da
herumb gesehen habe. Das Altarblat ist eine abnehmung vom Creutz,
welche nach einer in Rom von Volterra sol copiret sein, welche eben die,,
se brüderschafft in ihrer kirche hat. Es stehen an den Seiten, die Mutter Got,,
tes, und Franciscus de Paula, wolgehauen von Guilin.Note: Entgegen Knesebecks Aussage, Simon Guillain habe die Skulptur des Saint François de Paule im Couvent des Minimes geschaffen, war diese tatsächlich von Gilles Guérin. Heute befindet sich das Werk in der Église Saint-Joseph-des-Carmes in Paris. Die Capelle des
Hertzogs de Vieuville, ist sehr reich von Marmor mit verschiedenen Tombeaux
ausgefüllet, darauff die verstorbenen liegend præsentiret sind, und ist
die meiste arbeit von Guilin einen sehr renommirten bildhauer.Note: In der Kapelle befand sich das durch Gilles Guérin gestaltete Grabmal von Charles de La Vieuville und seiner Ehefrau Marie Bouhier. Die vier Tugenden in den Ecken sind das Werk von Martin Desjardins. Vgl. Mazel 2009, S. 273f.

Weil an der kirche des Minimes der berühmte Mansard, einen so großen
fehler in dem accouplement der Dorischen Seulen und pfeiler begangen,
habe ich das Portal, oder die Haubt Entré des Hôtels de la Vrillerie, hinter
der Place des Victoires hier mit anführen, und nach seinen richtigen
Maaßen vorzeichnen wollen, weil an demselben auch eine ahrt von
dergleichen accouplement zu sehen, da er doch keine so große fehler begehet
alß an der kirche des Minimes. Jedennoch kan ich nicht sehen, warum die
frantzosen so ein groß wesen daraus machen, daß auff solche weise, das
sonst vor unaufflößlich gehaltene problema von dem accouplement
gantz völlig ausgeführet seÿ. Im übrigen ist ni{c}ht zu läugnen, daß die
ordonance und die proportiones dieser Entrée gar gut sind, siehe (Tab.)Tabula IV.
Ich habe aber hier auff dem abriß die Mittlere Seulenweite nur 12 1/2 (M:)Modul
groß gemachet, da sie doch 15 an dem werck hält, nicht nur auch die ord,,
nung dadurch etwas größer und deutlicher zu bekommen, sondern zu,,
gleich einen versuch zu thun, wie diese ordonance an einer hausthüre
herauskommen mögte, da i{c}h sie den noch schöner befinde, als an dem
Thorweg, da sie emploiret worden.

Nicht weit von dieser kirche in der Rue de Temple habe ich ein haus
gesehen, das Hôtel de Bizeuil genandt, davon ich etwas weniges geden,,
cken will, weil man so groß wesen in Paris daraus machet, da es
do{c}h an der austheilung gar nichts tauget, an der ausziehrung aber
vor andern Pallästen nichts ungemeines hat, wie den die meublirung
aller ohrten daselbst gar sehr mit einander überein kömt wovon zu
ende dieser remarquen von der Stadt Paris, etwas weniges melden
will, und die größte differentz in solchen Subtilitäten bestehet, daß
einer in ausführung der farben, und der arbeit, und in dem accom,,
pagnement
immer delicater sein wil alß der andere.

Die haubt Entrée dieses Pallastes ist nach Mansards art ein vier,,
eckigter thorweg, in einen großen blindt stehend, dergleichen man in

Paris[100]{48v}

Paris und umher gar viel zu sehen bekömt, indeme sich die frantzosen gantz
darin verliebet haben, wievol sie auch nicht zu verachten ist. Daviller hat der,,
gleichen in seinen Comment: Vignola planche 43. B. gezeichnet, hätte aber
just kein heßlicher Modell finden können. Ich habe zwar die zeit nicht gehabt,
dieses Portal an dem Hôtel Bezeüil, noch die an dem Pallast de Conti, welche
sonst ebenso ist, abzuzeichnen, jedennoch wil ich dieselbige, aus Marots
prospect
vom gantzen hause größer und so viel ich mich es annoch erin,,
nern kann deutlicher zeichnen, die proportiones aber werde ich
nach meinen gutdüncken nehmen. (Tab.)Tabula V.

Durch diese Entrée kömt man in einen gar kleinen hoff, und fin,,
det hinten dreÿ thüren vor sich, davon die mittlere in einen andern, viel
größern Hoff, die andere hinten zu den dienstzimmern, und die dritte
zu der Haubttreppe führet, daher diese treppe schwehr zufinden ist. Sie hat 2.
gegen einander lauffende Arme nach der gemeinen disposition¸und
ist sehr helle, indem sie außer dem ordinar fenster an der Seite, noch
von oben durch eine kuppel licht empfänget, welche kuppel dur{c}h die dach,,
fenster erleuchtet wird. Von dieser treppe muß man erst durch den
haubt Saal gehen, wen man zu der antichambre kommen wil, welche
zu zweÿ zimmern gehöret, welche disposition niemand leichtlich loben
wird. Der Saal ist mit schönen Stücken von Ungewitter und von Vieh,,
Herden gemahlet. An dem platfond ist die einfaßung wol zu noti,,
ren
, die von Gibs auff einen Goldgrund gearbeiet ist. Der Camin ist
auch gantz verguldet, und sitzet eine Minerva darauff auff einen
stuhl mit Trophéen. In der Cammer zu rechten, wen man aus dem
vorgemach gegangen, ist der fußboden schön mit eingelegter arbeit
darunter des HaußHerrn wapen mit exprimiret worden, ausge,,
arbeitet. Das Cabinet ist gantz an den wänden mit verguldeten
und darauff mit grotesquen sehr herlich gemahlten taffelwerck
geziehret, nach der art wie aux Thuilleries. Es besteht in schönen bluh,,
mentöpfen nach dem leben, um welche allerhand Vögel her fliegen.
In dem Alcoven ist der Schlaaf gar ingenieus vorgestellet, und ge,,
mahlet von Origni. linckerhand gehet man aus dem Vorgemach
in ein ander zimmer, welches nach der Gaße seine aussicht hat.
Dieses zimmer communiciret mit dem andern durch einen ziemlich
engen und finstern gang, und bestehet in einer Cammer mit (ein)einen
Alcoven, welche eine kuppel über sich hat, welche einen beßern effect
in einen großen haub Sahl thun würde. Eine sehr kleinen galerie,
und einen kleinen achteckigten Cabinet, welches zu einer Bibliothe,,
ca
gebrauchet wird. In der Cammer ist an dem Camin ein extra
ordinair
schön basreliev von bronze, vorstellende Jason wie er
am Ufer des Meeres, um glück zu seiner heÿmreise von Colchis
opfert. Die galerie ist mit der fabel von Psiche dur{c}h Corneille ge,,
mahlet, die fensterladen in dieser galerie. sind mit ultramarin
grotesquen
auff weis gemahlet, welches sehr anmuthig aussiehet.
Ich bin von da durch die re{c}ht wol ausgearbeitete Porte (St:)Saint Antoine,

deren[101]49{r}

deren vornehmste faciata, gegen der Vorstadt in BlondelsCours d’Archi,,
tecture accurat
gezeichnet ist,Note: Der Kupferstich findet sich in Blondel 1698, Teil 4, S. 606. Vgl. die Reproduktion auf https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/blondel1698c/0299 nach der EhrenPforte hinaus gegangen, welche
in volkommener größe von Gibs modelliret da stehet, und ist nichts
dahinter auffgerichet alß der Piedestal, nur plump von quadersteinen
zugehauen. wan dieses werck so gut aus Stein und Marmor gearbeitet
dastünde, alß das Modell ist, müßte man sagen, daß dergleichen Monu,,
ment
noch nicht in der weld gewesen. Es wäre ein recht beÿspiel einer
gantz correchten, und volkommen ausgearbeiteten Architectur, und
ist schade daß der könig dieses werck zu seinen Ruhm nicht vor allen aus,,
führet. Aber der Neid mit welchen Mansard und seine Schmeichler Per,,
raults
ruhm verfolgen, der dieses haubtstücke der baukunst angegeben
veruhrsachet, daß dieses werck liegen bleibet, da indeßen das kostbah,,
re Modell gantz zerfället. Im Rückweg kömt man zu besehen vor

Die Kirche de la Visitation de
(Ste:)Sainte Marie.
Auß deren faciata die frantzosen ein weltwunder machen, und
es ein kleinod der Architectur nennen. Der alte Mansard ist der
erfinder davon gewesen, und in wahrheit unpartheÿisch von der Sache
zu urtheilen, so ist was besonder anmuthiges an dieser disposition wel,,
ches gutentheils der höchstfleißigen ausarbeitung, und den auserlesenen
proportionen zuzuschreiben ist. Marot hat von der faciata einen
deutlichen Riß gemachet. An der Thüre stehen zweÿ Corinthische Seulen,
die in der mitte gebauchet sind, aber auff eine solche Manier, daß sie nicht
unangenehm herauskommen. Innen ist die kirche nichts anders, alß
ein platz unter einer kuppel, welche auff acht Corinthischen pfeilern,
und dazwischen liegenden vier großen bögen ruhet. Weil Riße von
dieser kirche in kupfer ausgangen sind, die man zwar nicht wol
bekommen kan, habe ich anstat sie recht abzuzeichnen, ei,,
nen grundriß und auffriß (Tab:)Tabula VII gemachet, wo (Tab.)Tabula VII
innen ich eine kleine Lutherische kirche zur Imitation vorgestel,, und VIII
let, den auff solche weise, befinde ich das besehen der fremden Ge,, ,,
bäude nutzlicher, alß wen man sie selbst gantz genau mit allen ,,
kleinigkeiten abzeichnet, Von dieser kirche nach dem waßer hin,, ,,
unter, ist eine alte kirche

Der Cœlestiner. Diese kirche ist an sich selbst gantz schlaff, grob und Gotisch gebauet, aber
wegen der herlichen, und mit vortrefflichen monumentis angefülleten
capelle d’Orleans vor allen zu sehen, den ohrt der monumentorum ha,,
be ich hinächst, mit einem ungefehren grundriß entworffen, nach
welchen ich die monumenta beschreiben, und endlich ihre Gestalt Gedächtnis
halber in imitationibus vorstellen, weil ich nicht zeit, und gelegen,,
heit gehabt, sie selbst abzuzeichnen, woran doch wenig gelegen ist, in,,
dem es auff die essentialia haubtsächlich ankömt, und ein bauMei,,
ster, wen er fremde Gebäude siehet, ohnedem den vorsatz nicht hat ,,
no{c}h haben soll, dieselbe nachzumachen und zu copiren, sondern ,,

nur[102]{49v}

,, nur nachzuahmen, und gelegenheit daran zu anderen, auch woll
,, beßern inventionen zu nehmen.

Figure 5. Plan de la Chapelle d’Orleans
aux Cœlestins

Admiral
Chabot
.

Bonne de
Milan.

Chabot Duc
de Rohan.

le cœur de Henrÿ
II
. et Caterine de Me,,
dices
.

Charles D. d’Orle:
fils ainé
.
Sa femme
Duc d’Orleans
Philippe, fils cad:

le cœur de François
II
.

le cœur de
Connet: de Montmorenci.

Louis de Cossé Duc
de Brisac
.

Duc de longhe ville.

Des Connêtable de Montmorencÿ Grabmahl bestehet in einer gewun,,
denen, und mit laubwerck umlegten Römischen Säule von Marmor
aus einem stücke, die eine Metallene Urnam mit des connêtable Hertz
träget, und auff einen roht marmornen pedestal stehet, an deme dreÿ
Tugenden von brontze sitzen. Germain Pilon ist der angeber davon.Note: Knesebeck täuscht sich: Die Entwürfe für dieses Grabmal stammen von dem Bildhauer und Architekten der Montmorency Jean Bullant (151?-1578).

Des Louis de Cossé seines ist schlechts ein piedestal ohne Statuen, mit
einer Inscription von Marmor, darauff eine weiß Marmorne Seule
stehet, die mit Cronen und geschlungenen Nahmen geziehret ist. Sie tra,,
get ferner eine Cornische, und oben darauff eine verguldet Urnam.

In der Mitte ist ein schlechter grabstein, mit vier liegenden bildern
nach der alten Ahrt. Oben gegen den Altar stehen auff einen dreÿ,,
eckigten piedestal /: der wie ein dreÿfueß aussiehet, auff dreÿ Löwen,,
patten ruhet, und mit zettuln laubwerck, und Todten köpfen
geziehret ist :/ Dreÿ gratien mit den Rücken aneinander, und halten
auff ihren kopf eine verguldete Urnam. An dem piedetal sind dreÿ
Inscriptiones, jedes in einem disticho bestehend, welches auff zettul ge,,
schrieben. Germ. Pilon ist der angeber davon.

Unten an dem mittlern Tombeau, ist wiederum ein dreÿeckig,,
ter piedestal, von Marmor, auff dem eine weißmarmorne Seule,
mit goldenen, aus dem Stam gehenden flammen, zwischen dreÿ
libichen stehet, welche ihre fackeln auslöschen. Die Seule träget wie,,
derum eine Urnam.

Des Duc de Longeville Tombeau ist das schönste, und bestehet in ei,,
ner Pyramide, die mit Tropheis behänget, und auff einen weiß,

mar,,[103]50{r}

marmornen piedestal gesetzet ist, auff deme verguldet bassi relievi, und
eine Inscription angemachet worden. Dieses werck wird noch von vier
Statuen der Tugenden von weißen Marmor begleitet. Anguierre hat
den Riß dazu gegeben.

Das Monument der Bonne de Milan der Schwester der Hertzogin d’or,,
leans
, die da mit ihrem Gemahl und Söhnen in der Mitte lieget,Note: Knesebeck irrt sich vermutlich in der Identifizierung dieser Person, wie auch Germain Brice in seiner Ausgabe von 1697 (vgl. Brice 1697, Bd. I, S. 224). Valentina Visconti (1368-1408), Ehefrau von Louis de Valois, Herzog von Orléans (1372-1407), ist tatsächlich in der Kirche des Couvent des Célestins beigesetzt, hatte jedoch keine Schwester. Die einzige im selben Zeitraum bekannte Bonne de Milan (1385-1469) ist hingegen die Ehefrau von Guillaume de Montauban (1386-1432), aber keine bekannte Quelle erlaubt es, sie mit Valentina Visconti in Verbindung zu bringen, ebenso wenig wie ihre Beisetzung in der Kirche des Couvent des Célestins attestiert ist. ist altvä,,
terisch, und nichts remarquables.

Des Admiral Chabot tombeau von Jean Coussin einen alten fran,,
tzösischen Mahler angegeben, ist gar schön und kostbar, aber nach der
alten Manier, und mit gar zu viel schnitzwerck übersetzet. Der
Admiral ist darauff liegend gebildet.

Eben desgleichen ist das, vom Duc de Rohan, aber auff eine neu,,
ere und beßere Manier von Anguierre. Auch auff diesem ist das
bildnis des verstorbenen.

* * *
Und himit wil ich die Architectonischen remarquen beschließen
welche ich in der Stadt Paris gemachet, und mit wenigen no{c}h an,,
führen einige die ich außer Paris angemercket. Ich könnte zwar
hier noch viel von Mobilien, und dergleichen anführen, die ich ge,,
sehen, alleine diese Sachen variiren gar zu sehr, und gehören eben zu
der Architectur so genau nicht. Jedennoch mögen folgende nota
der frantzosen nach itziger mode die wände der zimmer zu ziehren
angemercket werden.

Außziehrungen der zimmer.
  • 1. Mit gestickten Sammet, mit tapeten von Mahlereÿ, und mit
    tapeten von grotesquen und moresquen, welche man in Paris von
    sonderlich schöner zeichnung und herlichen couleuren findet. Sie sticken
    gantze austheilungen von Architectur auff Sammet. Die letzten
    mit grotesquen werden au{c}h streiffenweiß, mit untermengten
    streiffen von gelben rothen (od)oder andern damast von schen farben.
  • 2. pfleget man da die wände gantz und gar zu übergulden,
    auff taffelwerck, welches eine feine ordentliche und große felder
    eingetheilet, und mit rahmen eingefaßet wird, dabeÿ kein schnitz,,
    werck ist, ohne daß auff den kehlstößen der Rahmen kleine zarte
    ränckgen ausgeschnitten sind. Die füllungen werden mit gro,,
    tesquen
    von den ordentlichsten hellen und schönen miniatur farben
    gemahlet.
  • 3. setzen sie in diese füllungen auch rechte Gemählde.
  • 4. setzen sie auch Spiegel hinein.
  • 5. Überkleiden sie gantze wände mit Spiegeln, machen darauff
    kleine postamenter en consoles, und setzen allerhand rahre metalle
    sigilla
    , gefäße und Edelstein darauff.
  • 6. findet man auch zimmer mit Architectur, die gantz über,,
    guldet ist, die Plätze dazwischen hingegen sind mit stoffenen, oder
    anderen tapeten ausgefüllet.
7.[104]{50v}
  • 7. Innen werden fensterladen angemachet, und entweder
    schön gemahlet, (od)oder gar geschnitzet. In holland ist diese mode des,,
    gleichen, sie gehet aber nur beÿ steinern Gebäuden an. Das übrige
    ist eben wie in Teutschland schon bekand genug ist.


Die Ehrenpforte Diese ist außen vor der Fauxbourg St. Antoine auffgerichtet, aber
nur alß ein Modell, und bloß mit Gibs gegen das feld hin völlig, und
mit so großen fleiß in eben der größe ausgearbeitet, wie das werck
selbst werden solte. Einen accuraten Abriß davon hat le Clerc gestoch,,
chen. Die vollkommenheit, correction, ordonance, und proportion,
die delicatesse der zierrathen, die Situation, in Summa alles ist in die,,
sem werck über verbeßerung, und so es würcklich von Steinen, al,,
so ausgebautet wäre, könnten die frantzosen Alt und Neu Rom trotz
mit bieten, Allein es ist nichts fertig, alß der bauchirte piedestal,
und der Neid der bauMeister wird die außführung noch so lange zu,,
verhindern suchen, biß das Modell gantz wieder eingefallen, wozu be,,
reits ein wircklicher anfang ist. Von dieser Ehren Pforte ist eine gantz
gerade allée beÿ anderthalb tausend Schritte lang, an deren Ende daß
Schloß zu

Bois de Vincennes, lieget theils noch ein alt Gothisches, theils ein neu Gebäude, welches anietzo
negligiret wird, weil der könig nicht hin kömt. Das neue Gebäude beste,,
het auff einen viereckigten, ziemlich großen hoff, der gleich vor dem parc
lieget
, in einer offenen galerie, von bögen bäurischer Arbeit, hinten
und vorn an dem hoff, und zwey langen wohngebäuden an beÿden
Seiten des Hofes, die mit Dorischen pfeilern, und einer attique darü,,
ber geziehret sind. Le Vau ist bauMeister davon gewesen. Die zimmer
innen sind ansehnlich und reich geziehret, sonderlich der königin Gemach, wel,,
ches auff die weise wie im Louvre und aux Thuilleries mit getäffelten
und verguldeten wänden, und mit schönen von gold reichen plâfonds
pranget. Die Gemählde an denn plâfonds, sind gar schön, von Man,,
chole
einen Niederländischen Mahler, und von de Seve einen frantzo,,
sen. An dem parc ist dieser hoff mit einer Mauer von bögen geschlos,,
sen, an der in der mitte ein prächtig Portal mit 6. fast freÿstehen,,
den Dorischen Säulen, wie eine Ehrenpforte stehet. welche das schönste
werck von le Vau sein soll. Unter des königs EstampesNote: Knesebeck bezieht sich hier auf die von Jean-Baptiste Colbert auf Initiative des Königs in Auftrag gegebenen Stichserien, die unter dem Namen „Cabinet du Roi“ bekannt wurden. Vgl. Duplessis 1869; Grivel 1985; Grivel 2010; Préaud 2015, S. 13. ist
ein kupfer davon zusehen, welches Marot gestochen.

Versail,,[105]51{r}

Versailles, Dreÿ Meilen von Paris gelegen, das bekandte, und in der gantzen
weld berühmte lustschloß des königs von frankreich, wird billig alß ein
wundergebäude betrachtet, wobeÿ doch nicht zu läugnen stehet, daß eine
ziemliche anzahl gar sensibler fehler daran zu finden. Es sind soviel, theils
ehrlich und accurat, die meisten aber allein ohngefehr, und auff pro,,
fit verfertigte Riße von diesem herlichen orte publique geworden, daß
ich hier viel remarquen vorbeÿ gehen, und sol{c}hen no{c}h mit folgenden we,,
nigen particulieren befriedigen kann.

Der vordere prospect beÿ dem eingang des Schloßes ist gar sonder,,
lich und Surprenant, man wird deßen aber gar bald überdrüßig,
weil alles gar zu bunt und Theatral aussiehet, Es scheinet auch des
bauMeisters absehen würcklich gewesen zu sein ein Theatrum vorzu,,
stellen. Wie aber ein Theatrum eine unvollkommene Copie von ,,
Gebäuden ist, muß nothwendig etwas schlechtes herauskommen, so man ,,
von einem Theatro gleichsam wiederumb ein Gebäude copiret.

Indem der berg worauff dieses Schloß lieget, gar zu steil, und die
Gebäude alle dem Dach na{c}h gleicher höhe gemachet worden, sind noth,,
wendig die hintersten Gebäude allzu niedrig worden, indem man ver,,
mieden hat, die vorderen nicht allzu hoch zu machen.

Die farbe, und die ordonance der äußern wände contribuiret
auch nicht wenig das ansehen dieses Gebäudes zu verderben, indem es ge,,
ma{c}het, alß wen das Gebäude haubtsächlich von ziegelsteinen auffgemau,,
ret, an den Ecken aber, auff den feldern, und um die fenster herum, mit
grauen Sandsteinen ausgesetzet wäre. Die Dächer sind sehr prächtig,
indem sie an den brisuren und kapfenstern, ungemein reichlich mit ver,,
goldetem bleÿ geziehret sind.

Die große Menge eÿserner, sehr nett gearbeiteter, und reichlich ver,,
güldeter Gitter, contribuiret ein großes zu dem pracht dieses Gebäu,,
des.

Die flügel des innern hofes, da die grille deßelben zu beÿden Seiten
anstößet, haben an ihren vordern facen gegen der Entrée zu Colon,,
naten
von freÿ und sehr weit von der wandt abstehenden Dorischen
Seulen. Die Architrave sehen aus, alß wen sie aus vielen Stücken
na{c}h der coupe des pierres gehauener Sandtsteine zusammengesetzet
wären, wovor sie auch Daviller in seinen Cours d’Architectures aus,,
giebet. Allein etliche abgefallene Steine verrathen, daß diese Ar,,
chitrave
aus großen höltzernen balcken gemachet, und mit taffeln
von Sandstein bloß verkleidet sind, wel{c}hes nicht wenig elend aus,,
siehet.

Die Architectur daherum ist sehr unproportionirlich, die combinati,,
on
tauget nichts, die ornamente sind theils verworren, theils zu (schneid)schneiden
ein ander. In Summa diese Architectur tauget nichts im gering,,
sten. Sie ist Dorisch, mangelt aber aller derjenigen dinge, welche die
Dorische ordnung recht heldenhafftig, anschaulich und angenehm machen.

Die[106]{51v}

Die vorderen höffe sind mit Pflastersteinen beleget, der aller letzte
aber ist mit schwartzen und weißen Marmorfließen versetzet, und um
etliche stuffen erhoben. Mitten in dem hintersten Gebäude ist eine logia
dur{c}h die man nach dem Garten gehen kann. Sie ist mit herlichen bunt
marmornen Seulen vorn her besetzet, auch auff dem boden mit ei,,
nen herlichen Marmor flur beleget. Der hintere theïlg aber am gar,,
ten, der um etliche stuffen niedriger lieget, ist bloß von gehauenen stei,,
nen.

An dem Seiten Gebäude dieses innersten hofes sind zu beÿden Sei,,
ten drey bögen, durch die man na{c}h der treppe kömt. Es sind diese trep,,
pen nicht nur schwehr zu finden, sondern sie terminiren au{c}h oben an
gar unbeqwehmen örtern, wie in etwas aus dem kleinen Grundriß
zu ersehen, den i{c}h so gut es möglich gewesen, nach dem augenschein Tab.
IX.
entworffen.Note: Die Tafeln am Ende des Manuskripts sind nicht nummeriert; der Plan von Versailles befindet sich an zehnter Stelle. Im übrigen sind sie herlich, weitläufftig, helle und sehr
kostbahr von Marmor angeleget, sonderlich die zur re{c}hten
handt
, welche Le Brun sehr schön gemahlet, die andere ist gar Tab. IX.
no{c}h nicht gemahlet, in dem Grundriß sind diese treppen beÿ 19.
und 20. zu finden.

Die zimmer habe ich nicht alle, jedo{c}h die vornehmsten gesehen, beÿ 1.
kömt man über eine kleine Treppe hinauff, auff einen platz der gegen
der capelle n.o 2. wie eine emporkirche offen stehet. Die Capelle selbst
ist zwar reich verguldet, sonst aber gegen dem übrigen Gebäude sonder,,
lich zu rechnen, schlecht und weiß von steinen. Das Altarblat ist eine
Gebuhrt Christi,Note: Es handelt sich vermutlich um eine heute verlorene Kopie der bekannten Nativité, oder la Nuit, von Correggio (1522-1530, heute in der Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden, AM-152-PS01, Gal.-Nr. 152). Realisiert von Bon de Boullogne während seines Aufenthalts in der Lombardei 1679, wurde die Kopie zwischen 1682 und 1710 in der Kapelle des Schlosses von Versailles aufgehängt. Vgl. Maral 2011b, Paragr. 90, Fn. 201. ganz von guter hand. Den nahmen des Mahlers aber
habe nicht erfahren können.

Von da kömt man in ein klein gemach (:no: 3.) welches innen an den
embrassiren der fenster, und an den einfaßungen der thüren, um und
um, an den wänden aber nur bauchhoch, mit rothen weißen und
grauen marmor besetzet ist. An der lincken seite im hineingehen,
stehet mitten an der wandt ein wolproportionirter bogen, und
unter demselben eine viereckigte Thür, drey stuffen erhoben. Neben
diesen bogen stunden zwey metallene busti, auff gelblicht marmor,,
nen
Füßen an genes de termes. Der Sims ist wie in allen den
übrigen zimmern gantz verguldet. Die Decke ist über und über mit
einem lufftigen Gemählde an einem flachen mulden Gewölbe geziehret.
Es waren zweÿ tableaux an den wänden, eines von Abrahams
knecht, wie er der Rebecca die Armbänder umleget, das andere die Ehe,,
brecherin, die zu Christo geführet wird.

Durch vor besagte Türe kömt man / bey no: 4.: / in des königs Cabi=
net des bijoux
. Es ist achteckigt, gantz mit Spiegeln
an den wänden besetzet, und im übrigen getäffelt
und gantz verguldet. An den Spiegeln sind kleine
repositoria, wie beÿstehende figur, deren jede eine kost,,
bahre rarität träget, alß ein Christallen, (od)oder (sonstig)sonstiges
rahres Gefäße von Edelsteinen, (od)oder ein Sigillum, (od)oder

[[Ansicht von einer Spiegelkonsole mit Kanne in dem Cabinet des Bijoux in dem Grand Appartement du Roi von dem Schloss von Versailles]]
klei,,[107]52{r}

kleine Statue von Metal (od)oder Silber. und (d)der. (gl:)gleichen Daß man so wol über die
kostbahrkeit alß den unterschied und varietät beÿ so großer menge, alß
absonderlich über die schöne arbeit verwundert stehen muß. Auff dem tisch
mitten in dem Gemach stunde auch ein (schön)schönes Uhrwerck mit einer silbern
kugel, an der der Æquator sich umdrehete und die Stunden zeigeteNote: Knesebeck benennt keines der etwa 20 Gemälde, die sich in diesem Raum befanden. Vgl. Piganiol de La Force 1701, S. 30-34..

. 5. folget, ist ein größer Gemach fast gantz mit Marmor überleget, gegen
dem fenstern über ist ein großes blindt in dem die Antiche Statua von
L. Cincinnatus stunde, deßen rechte hand mercklich länger ist alß das Gesichte,
Uber dieses stunden 6. schöne Marmorne Busti auff ihren Pedestalen, die wie
vorgedachter fueß gestaltet. An beÿden Seiten sind gemahlete Perspective{n}
die von Rousseau sein sollen, einen frantzosen, der in dergleichen Mahle,,
reÿ excelliret hat. Die geschahlete Decke in form eines Spiegelgewölbes,
hat in der mitte ein rundes, und umher vier länglicht gevierdte felder,
mit vergüldeten Rahmen eingefaßet, die Plätze dazwischen sind theils mit
bildern und untermengten grotesquen von bunten farben, theils
mit bildern von Indigo gemahlet und mit golde gehöhet.

Nō. 6. Dieses folgende gemach ist eben so reich alß das vorhergehende, von
Marmor. Es stunde ein grün Sammeter Billard taffel darinnen. Über
dem Camin bald an der einfaßung, stehet, ein weiß marmorn basso
relievo
von der flucht Christi in Egÿpten. Darüber stehet eine Opferung
der tochter des Trojaners Agamemnonis, welche Diana mit einem Rehe
vertauschete. Es stunden an den wänden noch acht busti mit füßen,
von gar rahrem Marmor. Mitten gegen dem fenster stehet in einem
blind ein weiß marmorner busto, des königs bildnis ohngefehr um das
dreißigste Jahr seines alters. Die Decke hat eine Rundung, und auff
dem krantz stehende vier halbe rundungen. Alle diese Decken sind nach
le Bruns zeichnung.

No. 8. ist das größte und schönste, unter allen diesen Gemächern, alß
ein Speise Sahl ordiniret. Der Camin stehet weit von der wand hervor,
gegen dem fenstern über, und dazwischen sind auff beÿden Seiten erha,,
bene balcons vor die taffel music, wie beÿstehender ungefehrer grund,,
riß andeutet. Nun ist dieses Gemach zwar zimlich groß, doch vor ei,,

le Brun.

Raphael.

Paul Veronese.


nes so großen königs taffel,,
gemach zu klein, woraus von
dem übrigen so viel mehr zu,,
schließen ist. Es ist alles über und
über sehr herlich mit Marmor
bekleidet, und biß hieher sind
auch alle boden mit marmor
beleget, jedes mit anderen figu,,
ren. In allen den übrigen
sind die boden von braunen
polirten holtze, die nicht allzu
gut herauskommen. In diesen
Gemach waren dreÿ herliche Ge,,

mählde[108]{52v}

mählde. An dem Camin eine (St:)Sainte Familie von Raphael. An der einen
Seite ein groß gemählde von der Jünger zu Emaus abendmahl. Per,,
rault
in seinen Parallele des anciens et des Modernes, moquirt si{c}h
sehr über die ordonance dieses Gemähldes.Note: Vgl. die entsprechenden Passagen in Perrault 1692-1693, Bd. I, S. 119, 220-223. Ich befinde dieselbe aber
so absurd nicht, alß er sie ausgiebet. Allein dieses Iudicium ist um
Le Bruns arbeit desto mehr zu erheben, deßen familie vonDarius gegen,,
über hänget. Dieses ist würcklich ein vortrefflich stücke, ob aber die Colo,,
rit
so gut daran bleiben werde, alß an Paul Veronese zeiten, nachdem
es so alt werden solte zweiffele ich sehr. Im übrigen kan ich au{c}h den
großen vorzug nicht sehen, den die frantzosen diesem Stück ihres lands,,
mannes, über Paul Veronese seines zuschreiben.

Nō. 9. und 10. hatten ni{c}ht sonderlich remarquables, ohne die Tapeten von
Sammet, mit Golde sehr hoch und prächtig gesticket. Sonderlich war in
nō. 10. eine rechte Architectur von Corinthischen wandpfeilern (vo)von gold,,
broderie wol zu notiren, welche man stückweiß voneinander neh,,
men konte. Der baldaquin in diesem Gemach welches schien das Audi,,
entz G
emach zu sein, war von gleicher arbeit, mit hochgestickten Campane{n}Note: „Campane“, aus dem Lateinischen campana, ae (f): Glocke. Der Begriff bezeichnet ein Ornament aus Seide, Gold- oder Silberfäden, mit ausgestellten, glockenförmigen Quasten. Vgl. Maës 2013.
unerhört prächtig.

Auß diesem Gemach gehet man in die große Galerie, welche das beste
und herlichste stück in gantz Versailles ist. Sie hat an jedem Ende einen
schönen Sallon mit denen sie durch einen großen offenen bogen commu,,
nici
ret. Dazwischen lieget sie auff einer Seite mit fenstern, und auff
der andern mit blinden fenstern, die mit Spiegeln besetzet sind, erleuch,,
tet. Die Architectur bestehet in Pfeilern nach der frantzosischen ordnung
mit Arcaden dazwischen, ohne daß bisweilen auch nur halbe Seulen,,
weiten dazwischen sind. An den großen bögen zwischen den Sallons, und
der Galerie stehen auch freÿstehende Säulen. Alle diese Architectur,
biß an das Gebälcke, ist von dem herlichsten Marmor. Das Gebälcke a,,
ber ist mit kragsteinen im borten, im übrigen gantz Corinthisch aus
Gibs gemachet, sehr reich an schnitzwerck und gantz verguldet. Die Capi,,
täle
und Bases sind au{c}h verguldet. An den fenstern, und gegenüber
sind kostbahre tische von Marmor, porphir, Jaspis. (u)und. (d)der. (gl)gleichen: und darauff
antiche Gefäße gesetzet, deren an der zahl 32. waren. Vor den aller,,
schmahlesten Seulenweiten stunden busti, an der zahl achte, und zwi,,
schen den halben Seulenweiten, in blindten, 8. antiche Statuen. Neb{e}n
den tischen stunden zu beÿden Seiten fauteils, herlich und ungemein sau,,
ber gesticket, mit gold auff silbern Mohr. In der mitte sind emblema,,
ta
mit landschafftenNote: Knesebeck meint Sinnbilder, wie sie im Barock noch sehr beliebt waren: Die rätselhaft gehaltenen Bilder konnten einen Titel erhalten sowie einen erklärenden Begleittext (das Lemma) unterhalb des Bildes., so sauber und just mit Seÿde ausgenehet, alß man
sie mit dem Pinsel mahlen könte,. darunter sind noch kleine weiße run,,
dungen, in die das Lemma, schwartz eingenehet ist. Die Decke ist en ber,,
ceau
, oder wie ein tonnengewölbe in vollem halben Circul, welches jetzo
alle galerien in franckreich nachthun: Die Galerie d’Apollon im Lou,,
vre
, die zu St. Cloud, die zu Clagnÿ, sind alle auff eben diese weise
disponiret. Darauff sind allerleÿ große und kleine felder in aller

leÿ[109]53{r}

leÿ componirten Mathematischen figuren also eingetheilet, daß sie den Säulen
darunten wolzusagen. Die einfassungen sind breite und hoch erhabene, mit
schnitzwerck reichlich geziehrete rahmen, dazwischen Fruchtschnüre, kindergens, thie,,
re, (u.)und (d)der. (gl)gleichen. eingeflochten sind, alles von guter zeichnung, und reich verguldet;
auff die felder ist des königs historie allegoricé gemahlet. Man kan alle
Gemählde und zierrath dieser Decken herlich in kupfer gestochen haben. Ein jeder
unpartheÿischer wird daraus sehen, daß die Inventiones nicht allzu Ingenieux,
aber desto hochmüthiger sind. Man wird gantz überdrüßig, wen man so offt
hintereinander den könig mit dem blitz auff einen Sonnenwagen, in der
wolcken siehet. Im übrigen ist das Gemählde sehr schön, und hat mir sonderlich
gefallen, daß an den halben Circuln, die an den Enden der galerie über
dem Gebälcke der ordnung bleiben, die Gemehlde also geordnet sind, daß Mer,,
curius
auß einen feld an der Decke, auf diese felder herunter flieget,
welches volkommen wol exprimiret ist. Im übrigen ist nicht ohne na{c}h,,
dencken, daß der könig in Franckreich alle die besten wercke in seinen
Gebäuden, sonderlich aber was von Le Brun angeordnet ist, fleißig in
kupfer bringen laßen, solches aber nicht allein mit dieser Galerie nicht ge,,
than, sondern gar verbietet, daß niemand darinnen etwas abzeichnen darf,
woraus nicht unbillig zu schließen stehet, daß der könig selbiger allzu gros,,
en flatterie sich fast schämet. Wie indeßen die Comp{o}sition dieser Gale,,
rie
gar kostbahr und schön ist, also daß sie das Muster aller na{c}h diesen in
franckreich angelegten Galerien ist, wie unter andern aus der Galerie
d’Apollon
im Louvre, und aus der zu St: Cloud kan abgenommen wer,,
den, habe ich um meine reflexion mit desto größern nutzen darüber zu,,
machen, eine Imitation in zweÿerleÿ disposition einer Galerie angestel,,
let, und darin alle volkommenheiten einer Galerie zu bringen gesuchet. Zu
dem Ende habe ich meine Gedancken in einem grundriß entworfen,
deßen eine helffte A. in etwas anderst disponiret ist, alß die
helffte B.

1. Insgemein siehet man die Galerien in ein Seitengebäude zu brin,,
gen, um an beÿden Seiten fenster darin zu machen. Die zu Versailles
aber lieget in dem haubtgebäude mitten, und nimt die gantze seite ge,,
gen den Garten ein, welches mir nicht zum besten düncket, nichts desto we,,
niger um in den gräntzen einer imitation zu bleiben, habe ich meine
Galerie eben so angeleget, aber höfe dahinter gemachet, um beÿderseits
fenster darin zu bekommen, sonst bin ich fast gantz beÿ der länge der Gale=
rie
zu Versailles geblieben.

2. In der Galerie zu Versailles sind an den wänden keine Gemählde, wel,,
ches mir nicht gefallen, deswegen ich meine Galerie so angeleget, daß sie
helle genug von fenstern ist, und demnach beÿ /a./ in beÿderleÿ dispositi,,
on
12 große Tableaux können angebracht werden.

3. In der Galerie zu Versailles sind gar zu wenig Statuen, welche do{c}h
eines der vornehmsten zierrathen einer galerie sind. In einer von mei,,
nen dispositionen können 12. in der andern 16. Statuen. jede in seinen
blindt zustehen kommen.

4.[110]{53v}

4. Die Sallons an der Galerie zu Versailles, sind nicht breiter alß die Gale,,
rie
selbst, und demnach zu klein, scheinen auch mehr von der galerie abge,,
schnittene theils, alß besondere Sallons zu sein. Diesen Fehler habe ich beÿ mei,,
ner disposition, mit großen achteckigten Sählen abgeholffen, die oben no{c}h
kuppeln haben, und also von der galerie gantz unterschieden sind.

5. Wie es herlich stehet, wen man in eine Galerie alles zusammen
bringet, was die Pictur. Sculptur und Architectur seltenes und herli,,
ches hervor zu bringen pflegen. Dieses habe ich zwar in keiner Galerie in
franckreich beÿsammen gefunden, aber meine Invention also eingerichtet
daß alle solche raritäten daselbst zusammen gebracht werden könnten. Dem,,
nach würde ich in der Galerie in die blindten Statuen setzen, und darüber,
bassi relievi setzen. wo die engen Seulenweiten sind, solten zwischen den wandpfeilern grotesquen gemachet, und busti auff ihren Füeßen davor
gestellet werden. Wie die Decke solte gezieret werden, habe ich in der
einen helfte bloß nach dem fundament der austheilung mit einfachen
linien, in der andern mit volkommener auszeichnung aber nur mit
eÿliger faust entworffen. An die Seiten der einschnitte in den fenstern
könten in kleinen Rahmen migniaturgemählde ausgetheilet werden.
In den Sallon C. wolte ich die plätze zwischen den engen Seulen mit mar,,
queterie
ziehren, die vier Cabinette, welche durch die fenster der kuppel ge,,
schicklich erleuchet werden, mögten mit großen Spiegelgläsern in ver,,
güldeten Rahmen besetzet, und auff vergüldeten repositoriis davor
metallene Sigilla ausgetheilet werden. An die Seiten der fenster, wür,,
de sich nicht übel schicken, abdrucke auff gibs, (od)oder Atlas, von recht guten,
und künstlichen kupferstücken anzubringen, damit dieses zur Mahle,,
reÿ gehörige ansehnliche Stück nicht außgelassen werde. Die Decke mü,,
ste theils mit ausgelegter arbeit, oder marqueterie, theils mit mosaischer
pictur im schönen verguldeten gibsrahmen geziehret sein.

Der Sallon D. ließe sich endlich den größten und ansehnlichsten wer,,
cken widmen, in die großen bilderblindten kähmen groppi von Metal
und Marmor zu stehen. In die plätze zwischen den engen Seulen, vor
madaglioni auffzuhängen. Die decke solte mit einer aus gemahlter,
und von Gibs possirter arbeit verfertigten deckenstücke von perspe,,
ctivisch
er Architectur geziehret, und mit Armaturen, sitzenden (tugend)tugenden
und liegenden Sclaven accompagnieret werden, wie der ohngefehre
entwurff andeutet. An die Seiten der fenster were no{c}h übrig gros,,
se ovale mit pourtraits in profil aus halbberhabener arbeit von mar,,
mor
einzusetzen. Endlich kähme in den einschnitten der fenster platz vor
tische, auff welche allerhand Vases gesetzet würden. Daneben müsten
den schöne gueridons und fauteils gesetzet werden, und würde auff
solche weise nichts an allen zierrathen der Architectur, Sculptur und
Pictur mangeln. Um desto besser von meiner disposition, und
imitation uhrtheilen zu können, habe ich die austheilung der galerie zu
Versailles (Tab:)Tabula entworffen, die Sallons aber habe ich nicht können
dazu bringen, wie ich nicht wol mehr verstohlenes notiren kunte.

Aus[111]54{r}

Auß der Galerie bin ich in des königs kleines Gemach gegangen, welches
dur{c}hgehends mit weiß taffelwerck mit viel und sehr hohen vergul,,
deten zierrathen staffiret ist. das remarquabelste war die zimli{c}he an,,
zahl gemählde von den besten meistern, unter andern, so wie ich habe
in der kurtzen zeit notiren können.

In des königs Cabinet.

Das Gerichte Salominis von Poussin. Le Silence, (od)oder eine Ste: Familie
mit dem schlafenden kind Jesus, dabeÿ alles mit einer sonderlichen ex,,
pression
gantz stille vorgestellet ist. Die frantzosen schreiben es Le Brun
zu, es hat es aber Carache gemahlet.Note: Knesebeck täuscht sich, denn tatsächlich ist Le Brun von Carraccis Gemälde inspiriert (heute in den königlichen Sammlungen in England). Dieses befand sich jedoch zu diesem Zeitpunkt in den Sammlungen der Farnese im Palazzo del Giardino in Parma. Le Bruns Gemälde Le Silence wurde hingegen im Petit Appartement du Roi ausgestellt. Vgl. Lett 2014, S. 97-123. Eine einreitung Cristi von Le
Brun
, welche sehr schön ist.

In dem folgenden SchlaafgemachNote: Das Cabinet des Tableaux bestand ursprünglich aus zwei Zimmern; um den Übergang opitisch ansprechend zu gestalten, wurde 1692 eine Serliana eingezogen. Daher unterscheidet Knesebeck zwischen zwei Räumlichkeiten und bezeichnet die zweite fälscherlicherweise als Schlafzimmer., ein Adonis von Dominicano, der
Todt Ananiæ vor Petro,Note: Knesebeck irrt sich bezüglich des Bildthemas: Es ist Saphira, die Frau des Hananias, die vor Petrus tot zu Boden fällt. von Poussin. Ein Triumph zweÿer Römer auff
einen wagen von Julio Romano. Eine Judith von Raphael.

In dem folgenden GemachNote: Es handelt sich genau genommen um das Premier Cabinet (bzw. den ersten Salon) der Petite Galerie. eine erschaffungNote: Knesebeck irrt sich bezüglich des Bildthemas: Das Gemälde, das er sieht, zeigt eine Zurechtweisung von Adam und Eva von Domenichino. Die Verwechselung resultiert offenbar daraus, dass der Künstler die bekannte Darstellung von Michelangelos Erschaffung Adams in der Sixtinischen Kapelle übernommen hatte. Vgl. Lett 2014, S. 97-123. von Dominicano.

In der kleinen Galerie welche mit verguldeten wandpfeilern von kei,,
ner ordnung geziehret, und dazwischen dazumahl mit roth Dammast aus,,
geschlagen gewesen. Ein (heil:)heiliger Franciscus in der Meditation, zweÿ brust,,
bilder, eines das Dessin, das andere die Colorit vorstellend,Note: Es handelt sich um ein einziges Gemälde mit einer Darstellung zweier halbfiguriger Allegorien, die der Farbe und die der Zeichnung. von Guido.
daneben waren brustbilder von Christo und der Mutter Gottes, welche auch
von ihm sein sollen. Eine Gebuhrt Christi, gar klein und vortrefflich, von
Carache. Eine Ste: Caterine vor Christo kniend von Corregio. Rapha,,
els contrefait
von ihm selbst, da er no{c}h sehr jung war. Ein Ecce Homo von
Mignard. Die decke dieser Galerie als ein flacher berceau, ist von Mignard
sehr schön gemahlet und disponiret, wie der ungefehre entwurff (Tab:)TabulaNote: Der Entwurf, auf den Knesebeck verweist und für den er hinter der Bezeichnung „Tab:“ eine Nummerierung vorsah, wurde von ihm nicht mehr hinzugefügt.
zeiget. An dem mittleren Gemählde wird der Genius von franckreich
von Minerva gekröhnet, und Apollo theilet den künsten Geschencke aus.
In den andern Tableau daneben sind die vorsicht und verschwiegenheit
mit ihren Simbolis vorgestellet, auff dem dritten die wachsamkeit mit
Mercurio, alß den wachsahmsten unter den Göttern.

Die Chambre du Conseil ist gantz voll Spiegel und goldrahmen, bloß mit
kleinen Gemählden über den Thüren.

Der Sallon (od)oder Gemach des königs zum anlegen, hat zweÿ Camine gegen,,
einander über, an deren einen David mit der harffe, an dem andern St.
Cæcilia
mit der Viole stehet, beÿdes schöne große Stücke von Dominicano.
Ober dem Crantz herum sind no{c}h 9. Stücke gemahlet, alle von der Music
handelnde, von Bassan Junior.

Von da ging ich in des Dauphins Gemach, welches damahls gantz demeubli,,
ret war, und besahe nur zweÿ stücke, das Cabinet, und La Salle des Bijoux,
Jenes war reich verguldet, und hingen die vier gradus Amoris von
Albano darinnen, große und excellent schöne Stück. Das andere war
gantz mit eingelegter arbeit, von allerleÿ holtz, Schildkröten, Silber, Elf,,
fen
bein und dergleichen auff einem leberfarben grunde, verkleidet, da,,
zwischen waren Spiegel ausgetheilet, und darauff die repositoria zu den
Bijoux befestiget. Es kan nichts schöneres und angenehmeres erdacht wer,,

den[112]{54v}

den, als dieses Gemach ist. Von da ging ich den Garten zu besehen.

Die faciata des Hauses ist gegen den Garten wegen seiner ungemei,,
nen länge etwas ungemein prächtiges und ansehnliches, aber an sich selbst
ist die disposition der Architectur zu solcher größe nicht Maÿestisch genug.
Das untere Geschoß ist Rustic mit lauter Arcaden ohne Seulen dazwischen.
Das Geschoß darüber ist Ionisch herlich sauber ausgearbeitet, theils mit wand,,
Seulen, theils mit vorlagen von freÿstehenden Seulen. Alle diese begreiffen
Zwischen sich arcaden mit fenstern versetzet, deren Schwiebbogen zu breit, und
die öffnungen gegen die weite zu hoch sind, wodurch dem ansehen dieses Ge,,
bäudes ein merckliches genommen wird. Oben darüber ist no{c}h eine at,,
tique
mit corinthischen halbpfeilern, und zu oberst ein Geländer mit trophée{n}
daß man gar kein Dach siehet.

Der Garten ist nach keinen guten principio ausgetheilet, indeme er
auff dem Rücken eines hügels geleget ist, und so starck abfället, das man
unten zu ende der mittleren Allée von dem hause nicht einmahl das obere
hauptgeschoß gantz sehen kan, welches ein mercklicher fehler ist. Mann hat
zwar einen Grundriß von diesem Garten, wie er itz und ist in kupfer,
aber es ist alles gar zu klein, und nur ungefehr vorgestellet, die großen
Gründriße aber unter den Estampes du Roÿ sind nicht wie er itzt beschaffen
ist. Derowegen habe ich einen accuraten grundriß davon Ge,,
machet, und den grundriß der waßerkünste gantz fleißig auff
der stelle abgenommen. vid: Tab:

I. Die Terrasse ist mit weiß marmornen Stuffen umgeben. k. und l.
sind zweÿ schöne bassin mit weiß marmor eingefaßet, auff dem Sphinges,
kinder, und flüße in Riesengröße von Metal gegoßen liegen.

N. und O. sind mit bunten Marmor eingefaßet, über die das waßer
eine ungemein angenehme Cascade machet. Der Löwe mit dem Eber ist
von Brontze. und von Van Cleve, und der hund mit dem hirsch von eben dem,,
selben
.

P. von allerleÿ farbigen Marmor, dazwischen die Cascaden stuffen weiß,
von grottirung, die Leuchter und Vases sind von bleÿ gemachet, und sehen
wie Stein aus.

In dem Labÿrinth R. ist Esopus von Stein vollkommen nach dem pour,,
trait (gehau)gehauen, welches in dem leben Esopi von ihme beschrieben wird, in
dem kupfer aber ist es gantz nicht recht gemachet. Diese und die daneben
stehende Statue der liebe sind mit natürlichen farben angestrichen,
die einfaßungen der fontainen, sind etliche wenige von marmor, die
übrigen von Stein und Grottirung, die bilder auff den fontainen,
sind alle von bleÿ, mit natürlichen farben angestrichen.

Die Colonnate e. bestehet aus 12. weiß marmornen bögen, welche
auff so viel grau marmornen pfeilern, und und eben so viel davor ste,,
henden Säulen von allerhand rahren bunten Marmor liegen. Un,,
ter jeden bogen springet ein waßerStrahl, den ausgenommen, durch
den man hinein kömt, Die bases und Capitäle sind von vergulde,,
ten metal, in der mitte dreÿ stuffen tieffer, stehet das schöne groppo von

der[113]55{r}

der entführung der Proserpina, aus weis Marmor, auff einen
weiß Marmornen runden und gar annehmlich geschnitzten Piedestal
von Girardon, ein Meisterstücke.

Die Salles des Antiques, etwas abhängigt, mit antiquen Statuen
und dazwischen gesetzten fontainen, ist auch vortrefflich.

h. Die fontaine von Apollo mit einer unaussprechlichen menge
und force von waßer, hat herliche Statuen, von Pferden, und tritonen
die Bapt: Tubi gemachet. Es ist alles von metallirten bleÿ gemachet.

i. ist ein vortreffliches Stücke, ein bassin mit einem 6.Eckigten, und
um das her mit einen no{c}h höher stehenden runden Geländer von ver,,
guldeten bleÿ und kupfer. 2. herliche Pavillons von Ionischer Ordnung,
na{c}h beystehenden Grundriß, mit her,,

[[Grundriss von einem Pavillon in dem Bosquet des Bains d’Apollon im Garten von dem Schloss von Versailles]]


lich verguldeten Dächern, stehen an beÿ,,
den seiten gegen einander über. Das
gantze werck über und über ist von
marmor. Die freÿstehende Seulen, der
borten außen und etliche Leisten sind
von schönen rothen, das übrige von weis,,
sen marmor. Die bases, Capitäle, und
festonnen nebst einigen anderen zier,,
rathen auff dem Dache sind verguldet
metal. Die Statuen von weiß mar,,
mor
in blindten herumstehend sind fol,,
gende:

Das Groppo von Apollo im badt,
Girardon und Renaudin.

zweÿ Groppi von den Sonnenpferden, von Gasp: de Marÿ, und Gue,,
rin
.

Acis von B. Tubi, und Galathea von eben demselben. Amphitrite
von Anguier. Amphion von eben demselben.Note: Knesebeck täuscht sich: Es handelt sich bei der Skulptur nicht um Amphion von Michel Anguier, sondern um Arion von Jean Raon. Die SchifffahrtNote: Es handelt sich um eine Darstellung von Ino, Schutzgöttin der Seeleute, deren Attribute Knesebeck offenbar dazu verleiten, die Skulptur als eine Allegorie der Schifffahrt zu deuten. und der
wind, alß weibespersohnen, jene mit einen Schiffshobel und Ruder,
diese mit windköpfen und einer fackel, davon ich die meister nicht
erfahren können.

k. ein bassin, des Enceladi der in ungeheurer größe von bleÿ gema,,
chet ist, sonst ist da nichts besonders anzumercken.

l. hat nichts kostbahres, und ist so groß nicht, alß es in kupfer vorgestel,,
let wird, ist auch in meinem Riß viel zu groß, um mehrer deutlichkeit
wegen.

U. ist eine angenehme disposition, da dreÿ Cascaden aus einem düstern
holtz zusammen lauffen in einen runden stuffen weiß vertiefften
Platz, um welchen aus Hecken geschnittene bögen stehen, und (fontaine)fontainen
darunter springen, wie beÿ der Colonnate.

Q. sind alles aus kupfer und bleÿ geschnitten, mit Gold, Silber und
natürlichen farben geziehrete binsen. Der bau ist einen natürli,,
chen Eschbaum vollkommen ähnlich.

W.[114]{55v}

W. Ist auch ein herlich stücke, hier und dar mit ein wenig marmor,
meistens aber mit rasen, mit bäncken die mit bux geflochten, und
dergleichen grüner arbeit geziehret.

X. ist sehr reich von verguldeten kupfer, bleÿ, marmor, grottirung und
schönen Muscheln, und charmiret recht durch seine disposition.

Y. ist eine fontaine mit einem Drachen, und Z. ein teich mit vielen
springenden waßern umgeben, beÿ t. stehet Curtius zu Pferde von
Bernini.

O. ist die Pÿramide d’Eau, von Girardon aus brontze, ma{c}het eine
wunder daraus, und ist doch wenig sonderliches daran. Die bilder an sich
selbst sind gut genug, die Composition aber ist gar schlecht.

p. q. ist eine abhängigte allée mit fontainen, die jede auff einer me,,
tallenen grouppe
von Dreÿ kindern lieget, welche le gros, Masson und
Lerambery gemachet.

M. ist das bassin der Latona mit ihren kindern, ein herlich stücke von
weiß marmor, die bauern aber sind von bleÿ, zwey brüder Marcÿ
genandt. sind Meister davon. beÿ den Punckten daneben zu beÿden
Seiten hinunter stehen eine ziemliche anzahl Statuen, termini und Vases
alle von weißen Marmor, und von guten Meistern.

t. Bachus (od)oder der herbst von verguldeten bleÿ, durch Gasp: Marcÿ
verfertiget.

r. Saturnus (od)oder der winter, von verguldeten bleÿ, durch Girardon.

s. Flora (od)oder der frühling von verguldeten bleÿ, von B. Tubi.

u. Coeres, (od)oder der Sommer von verguldeten bleÿ, von Renaudin.

Die Orangerie beÿ S. T. ist ein Herlich, und echt Majestätisches stück
von Toscanischer ordnung, welche gantz proportionirlich ordiniret
ist. Mann hat kupferstücke davon, welche das gantze Gelände sehr accu,,
rat vorstellen. Innen ist alles gantz schlecht, aber nach der Coupe des
pierres
von quadersteinen mit wohl herlichen Gewölben ausgeführet.
gegen dem eingang stehet in einen blindt, des königs Statue zu fuß,
an der er volkommen edel getroffen ist. Es ist ein bild in lebensgröße
aus weißen marmor von Dejardins gehauen.

Unter andern Garten geräthen, habe ich daselbst hiebeÿ entworffe,,

[[Ansicht von einem Bewässerungswagen]]


nes faß den garten zu bespren,,
gen notiret, welches mir gar beqwehm
vorkam. Es stunde auch daselbst
stückweiß die Machine womit man
bäume versetzet, welche ich nach dem
Modell, so ich hier in Wolffenbüttel
gesehen hieher gezeichnet.

Auff dem platz (od)oder Garten vor
der Orangerie, auff welchen die Ora,,
nien bäume in angenehmer ord,,
nung stehen, sind auch zwey bassin,

und[115]56{r}


und gar viel Statuen, theils von bro{n},,
ze
, theils von marmor, unter denen
ich allein diese angemercket habe.
Mercurius und Psyche, ein groppo
aus metal von J. de Boulogne,Note: Knesebeck täuscht sich: Es handelt sich nicht um das Werk des florentinischen Bildhauers Giambologna, sondern seines Schülers Adrien de Vries. die
zeit und Occasion ein groppo von
weißen Marmor von Renaudin,
die vortrefflich alle gearbeitet ist.
Boreas und Orÿtie, gleichfalß weiß
marmor von Flamand.

Die einfaßung der Basin, von
weißen Marmor, hat diesen Profil
welcher mir gar wol gefallen. Al,,
le einfaßungen den bassins sind we,,
nig zoll ho{c}h über der Erden, und ist
ni{c}ht zu sagen, wie der weiße Marmor
so annehmlich von dem Gelben sand
der alléen absticht.

Und so viel seÿ von dem Garten
zu Versailles.

Trianon. Dieses Trianon, (od)oder Haus im busch ist etwas gar schönes, und meri,,
ti
ret vor allem gesehen zu werden, ist aber innerhalb der zimmer noch
nicht ganz fertig, im hineingehen tritt man in eine Logie, die gegen
den Garten gantz offen, und alleine mit gekuppelten Ionischen Seu,,
len von schönen rothen marmor, und mit weiß marmornen basen und
Capitälen, unterstützet ist. In gantz Versailles ist so etwas angeneh,,
mes nicht alß diese Logia. Der boden ist ebenfalß mit einen schönen
Marmor fluhr beleget, die decke aber annoch gantz schlecht und weiß,
auch an vielen orten auffgesprungen. zur lincken hand gehet man
in des königs kleines Gemach, welches mit der zeit reichlich sol verguldet
werden. anietzo sind die leisten und Simse bloß erst mit den grundla,,
gen weiß überstrichen. Es stehet sehr lieblich, daß das Schnitzwerck bloß
in zarten kleinen rancken bestehet, welches auff den kehlstößen sehr
delicat ausgeschnitzet ist. Die Simse haben die ordinairen zierrathen der glie,,
der, allein gar tendre geschnitten. An einen Camin eines dieser gemä,,
cher stehet ein Matheus,Note: Das heute verlorene Gemälde ist über eine Kopie bekannt. Vgl. collections du château de Versailles. und gegenüber Johannes der Evangelist fast le,,
bensgröße, sehr schön von Mignard gemahlet.Note: Knesebeck irrt sich in seiner Zuschreibung: Der Saint Jean l’Évangéliste ist von Charles Le Brun und befindet sich heute in den Sammlungen des Schlosses von Versailles, vgl. collections du château de Versailles. Eine Arche Noe, und
ein Moses beÿ dem feurigen busch von Bassán Junior,Note: Entgegen der Angabe von Knesebeck ist dieses Gemälde von Jacopo Bassano (ca. 1510-1592) und nicht von seinem Sohn Francesco Giambattista Bassano dem Jüngeren (1549-1592). schienen mir au{c}h
gar notabel zu sein. sie sind ungefehr 4. Fuß breit, und 3. hoch. Das letzte
Stück dieses zimmers
ist gar reich mit Spiegeln besetzet, und mit roth
Dammastenen vorhängen und decken geziehret. Dieses roth mit dem
weiß der wände vermischet, und vielfältig in den Spiegeln wiederho,,
let, gibt diesem Gemach eine sonderliche Lieblichkeit.

Auff[116]{56v}

Auff der andern Seite der Loggia sind nebst sehr vielen, durchge,,
hends aber sehr kleinen Gemächern ein achteckigter SallonNote: Knesebeck täuscht sich vermutlich in der Raumbezeichnung und meint mit einem „achteckigen Salon“ den Salon rond; allerdings beschreibt er hier gesehene Malereien von Mignard, obwohl es sich in diesem Raum (bis heute) um Werke von François Verdier handelt. gleich an der
Logia, und eine Galerie, weiter hinten in dem Seitengebäude nach
dem Garten. Es ist keine Decke na{c}hgemahlet (od)oder geziehret, sondern
alle schlecht weiß. An den wänden aber ist überall schön mahlwerck
meist alles von Mignard. In der Galerie sind die Veüen von Versail,,
les
gar annehmlich gemahlet, und hier und dar Fabeln untermenget,
die sich dazu schicken. Sonderlich ist, daß jeder Camin, deren doch eine gros,,
se anzahl ist von einer gantz verschiedenen ahrt marmor eine einfas,,
sung hat, also daß man mehr als 30. arten von den Curieusesten
marmor findet. Ingleichen ist auff diesen Caminen eine große an,,
zahl curieuser theils amulirten, theils Japanischer Gefäße von demher,,
lichsten Porcellain nebst vielen Sigellis von metal gesetzet. Etliche
zimmer waren mit weißen Dammast auff Japanische art sehr
delicat ausgenehet, behänget, und waren meistentheils alle stühle
und bette von gleichen stoff, der nicht herlicher kan ausgedacht wer,,
den, und alles warhafftig Japanische arbeit ist. Es sind hin und wie,,
der kleine betten, in die wand verstecket, daß man sie wie Schrän,,
cke verschließen kan, welches beÿ uns bereits eine verlegene Mo,,
de
ist.

Der Garten ist nach le Nôtre principiis gar annehmlich dispo,,
ni
ret, von waßerkünsten ist nichts importantes daselbst. hinter dem
hause ist ein Bassin mit schönen Porphÿren und marmornen Vases
besetzet, und stehet ein Laocoon in lebensgröße mit seinen beÿ,,
den Söhnen accurat nach der antique gemachet, und aus ein guß
metal zuwege gebracht. Weiter hin ist ein klein wäldlein mit
gantz unordentlichen bäumen, alß ein kleiner Hügel besetzet.
Durch dieses wäldlein ist ein bach von lauter Cascaden, aus bleÿ
gemachet, der in vielen armen, und der Natur nach ohne ordnung
und Sÿmmetrie herunter fließet, welches einen sonderlich anmu,,
thigen effect thut. Alles dieses desto deutlicher vorzustellen habe
ich in folgender Tabelle einen ohngefehren grundriß dieses Gebäu,,
des entworffen.

NB. Von der Architektur dieses Pallastes, habe diese Particulari,,
tät
zumelden vergeßen, daß außen durchgehends Ionische wandt,,
pfeiler an den wänden stehen, gleicher maaße mit den Seulen
der Logia, von grauen marmor, die aber an der Galerie hin sind
wie an einander gewachsene pfeiler, (od)oder alß wen sie 5. (Mod:)Modul breit
wären, welche gantz irraisonnable caprice überaus heßlich stehet
und fast das gantze gebäude verderbet.

Von der Menagerie weiß ich nichts besonders anzumercken. In
dem Pavillon derselben in des königswohnung sind ein hauffe
gantz kleine Gemächer, zu denen sich auch die thüren proportioni,,
ren, die dadurch fast gar zu klein sind. Ein paar gantz kleine,
aber commode treppen sind daselbst nur von Gibs mit holtz ein,,

ge,,[117]57{r}

[Die Buchstaben in der Zeichnung sind nicht transkribiert.]

Figure 6. Grundriss des Pal,,lastes und Garten zu Trianon
bey Versailles, ohngefehr entworffen.

Basse cour.

Cour.

Allée du grand Parc de Versailles.

Maille Bahn.


  • A. Loggia.
  • B. Appartemend du
    Roy.
  • C. Sallon.
  • D. Galerie
  • E. Frantzösisch Par,
    terre.
  • F. Teutsche Parterre
    etwas tieffer gelege{n}.
  • G. die fontaine an dem
    Canal zu der man bei,
    derseits von einer ter,
    rasse uber treppen
    hinabgehet.
  • H. Bassin.
  • I. le Petit Parc.
  • K. ein gross stück was,
    ser mit jets d’Eau in
    einem Theatro von
    gazon oder Rasen.
  • L. eine lange gantz
    eingeschlossene allé
    an deren beyden en,
    den credentzen mit
    verguldeten gefässe
    stehen welche mit
    Wasserfällen und jets
    d’Eau spielen.
  • M. ein stuck wasser mit
    jets d’Eau.
  • N. das gruppo von Laocoo{n}
  • O. der bach von Cascade{n}.
[118]{57v}

gefaßet, man machete eben vortrefflich schöne eÿserne plinte geländer
darauff, und die Gemächer waren mit etlich 30. Persohnen angefüllet,
dieselben zu vergülden. Die Ställe vor die Thiere sind zwar gar
verständig ausgetheilet, an sich selbst aber nicht zum besten ange,
leget, daß man das plaisir vom anschauen der Thiere nicht genug
sehen hat. Die Voliere (od)oder Ucelliera ist beÿ weiten so gut und an,,
genehm nicht alß die zu Loo.

Beÿ Versailles nahe an dem aquæduct ist der schöne gantz neue Pal,,
last zu Clagnÿ
, den anietzo Md: Maintenon besitzet.

Clagnÿ. Von diesem Pallast ist eine genaue vorstellung in kupfer heraus,
welche Mansard der itzige königliche directeur general des bâti,,
ments,
alß angeber dieses wercks selbst stechen laßen, wie er beÿ
allen seinen wercken thut. Allein ich weiß nicht, ob er beÿ recht ver,,
ständigen bauMeistern damit eben den applausen verdienen wer,,
de alß mit dem Dôme du hôtel des Invalides. Ich meine wenigstens
erhebliche Uhrsachen zu haben, daß ich dieses Gebäude vor sehr vitiös hal,,
te. Es sind die Stücke innerhalb des Gebäudes, sonderlich die principa,,
le
sten, als die Galerie, der große haubt Sahl, einige kammern, und die
Treppen an sich gar gut und magnifique, allein die gantze compositi,,
on
tauget nichts. Es ist gantz von Quadersteinen auffgebauet, und
wol ausgearbeitet, außen ist es der composition und ordonnance
uberhaubts nach gantz regulier, und ohnerachtet es nur aus einen
Geschoß Dorischer, und einen halbgeschoß Corinthischer ordnung beste,,
het, ermangelt es doch eines guten ansehens keinesweges, je den,,
no{c}h were so wol der eintheilung alß der schönheit na{c}h besser gewesen,
zweÿ vollkommene Geschoß auffeinander zu setzen. Allein das wür,,
de gar zu pompös, und Italiänisch ausgesehen haben, welches die Fran,,
tzosen nicht wol vertragen können. Untersuchet man aber die fa,,
ciata
stückweiß, so finden sich noch einige gar notable fehler, da,,
von ich allein denjenigen anführe, den der bauMeister auff bei,,
den Seiten des eingangs der Seiten Gebäude gemachet, und des,,
wegen den gantzen Eingang in folgender (Tab:)Tabula entwerffen
will. Ich glaube daß hier derselbe seines VetternNote: Mit „Vetter“ ist in diesem Fall der nahe Verwandte bzw. Onkel von Jules Hardouin-Mansart, François Mansart, gemeint. an der kirche
des Minimes
begangenen fehler mit der Dorischen ordnung durch
seine Auctorität befestigen, und justificiren wollen. Dem feh,,
ler des Schlosses zu Versailles, daß außer der Galerie daselbst fast
kein recht großes Gemach, vielweniger ein ansehnlicher Sahl ange,,
leget worden, scheinet der bauMeister erkandt zu haben, westwe,,
gen er in diesen Pallast einen Saal angeleget, der ziemlich ansehn,,
lich, au{c}h wol proportioniret ist, gantz von werckstücken, jedoch möch,,
te daran zu desideriren sein, daß er vil höher alß breit und lang.
Die treppen sind zwar an sich selbst schön, und nach der Coupe
des Pierre hardi
, allein zu (ein)einen solchen Gebäude sind sie noch
zu schlecht, und ihre lage tauget gar nichts, indem man sie zim,,

lich[119]58{r}

Figure 7. Aufriss der Entrée an den Seitengebäude{n} zu Clagny.
[120]{58v}

lich mühesam suchen muß. Endlich ist die communication der zimmer
gantz und gar unbeqwehm, und werde ich au{c}h durch dieses beÿspiel
mehr bekräfftiget, daß ich sagen darff, es seÿ die beqwehmlichkeit der
frantzösischen Gebäude so groß nicht alß man sie machet. In den
Abrissen deren oben gedacht sind die Gemählde in den Sahl der Gale-
rie
und der Orengerie mit angedeutet. zur Zeit aber sind sie würck,,
lich no{c}h nicht gemachet. Der garten ist in dem Riß auch gar ange,,
nehm, im werck aber meistens gar schlecht cultiviret, und ist der
Teich zu hinterst in dem Garten noch gantz ohne figur, voller bin,,
sen und Morast.

Marlÿ. lieget 2. gute Stunden von Versailles in einen sehr lustigen
Thal zwischen zweÿ bergen, also daß es nur auff einer Seite gegen
St: Germain zu einen freÿen prospect hat, welchem nach das gan,,
tze wesen auch gar vernünfftig eingerichtet ist. Wie gantz und
gar noch kein plan davon herauskommen, habe ich denen
halben (Tab:)Tabula X.Note: Knesebeck täuscht sich in der Nummerierung. Es handelt sich um Tafel 11 und nicht um Tafel 10. entworffen. Die Gebäude sind alle (Tab:)Tabula
außen gantz glat und schlecht mit al fresco gemahlter X.
Architectur geziehret, welches in franckreich zu sehen, etwas ganz
ungewöhnliches ist. Das mittlere haus ist just quadrat, ohne hoff,
sondern hat anstatt deßen in der mitte eine kuppel, welche einen
sehr hohen achteckigten Sahl begreiffet, der nach ahrt der Egÿptischen
Sääle von oben sein licht empfänget. Es wurde eben alß ich da
war dieser Saal mit gibswerck, und mit Corinthischen wandpfei,,
lern, die auch nur von Gibs waren neu ausgeziehret, und mit ein
marmorfluhr beleget. Oben um die kuppell, ist ein enger himmel
offener, und unter diesen noch ein bedeckter Gang, der ohnerachtet
er nur von wenig sehr wunderlich einfallenden licht, und durch den
Sahl hie erleuchtet wird, noch passablement helle ist. Aus dem oben
gang gehet man in das dritte Geschoß, welches nur halbfenster
hat, und um und um mit einen gar flachen Pultdache gedecket ist.
An dem Saal liegen auff vier Seitentreppen, die kaum vor eines
gemeinen Mannes wohnhauß gut genug wären, klein dunckel, und
zur zeit bloß von Gibs und holtzrahmen eingefaßet. In Summa
an diesen hauß, und noch mehr an allen den übrigen Gebäuden, ist
wenig notables. Der Garten hingegen ist vortrefflich, und mit gu,,
ten verstande angeleget. Insonderheit ist zu loben, daß der Archi,,
tect ein gantz contrair principium, gegen den garten zu Versail,,
les
erwehlet, und diesen zwischen zweÿ berge hineingeleget, und
an ein solchen ohrt gebracht, da der berg nur langsahm abfället,
daß man über alle absätze von unten des Gartens, das gantze
hauß entdecken kan; von A. gegen B. und von F. gegen G. fället
der berg gar steil ab, von D. gegen C. aber etwas weniger, von B.
und C. aber gegen die mitte, wie auch von G. gegen E. fället der
Garten alleine mit niedrigen grüneingefaßeten terrassen ab.

Alle[121]59{r}

Alleine beÿ E. ist ein teich, welcher auff einmahl sehr tieff lieget, und
wird von da an weiter hinaus gantz etwas neues angeleget, welches
mit dem obern gleichsahm nichts zu thun hat. vid: Tab: X. belangend
die austheilung des Gartens, ist dieses daran zumercken, um dieselbe
aus dem Riß genugsahm zu verstehen. beÿ F: fället das wasser von
einem hohen berg über viel stuffen gar steil herunter, welches über,,
aus annehmlich aussiehet. zu oberst aber springen dreÿ kleine jets d’Eau.
in den teich g 3. fället das waßer theils in der mitte mit einer Cas,,
cade, theils springet es durch sieben verguldete Löwenköpfe hinein. Über
dieses sind noch 4. jets d’Eau darinnen. die ohngefehr 30. fueß ho{c}h sprin,,
gen. Von da kömt das waßer zu g. 2, da es mit 5 Cascaden über grot,,
tirung abfället, und mit 3. großen, und 22. kleinen jets d’Eau sprin,,
get. weiter kömt es zu g. 3 da es mit 6. großen. und einen ungeheu,,
ren jet d’Eau von mehr alß 110. fueß höhe springet, und über dreÿ stuf,,
fen abfället. Endlich springet es beÿ g. 4. mit vier großen, und unter,,
schiedlichen kleinen jets d’Eau, und fället über 5. stuffen ab. Alle diese
waßer siehet man auff einmahl gehen, und sieht noch in etwas dieje,,
nigen mit welche beÿderseits auff dem berg in dem parc spielen, die
insgesamt 41. große jets d’Eau ausmachen. Die kleinen zu geschweigen.
Es siehet dieses wasserwerck gewißlich gar besonder und surprenant
aus. Allein diese zweÿ dinge sind wie mich düncket dabeÿ zu desideriren,
erstlich daß alle springende waßer gerad auffsteigen, zum andern
daß gar kein sujet beÿ diesen waßer ist, alß wie zu Versailles, es
müsten den mit der zeit einige noch dazu kommen, wiewol sie ge,,
wißlich anitzo noch auff nichts gewißes angeleget sind. Die dreÿ ter,,
rassen
, beÿ i. k. k. und n. mit welchen der Garten sich beÿderseits erhe,,
bet, sind etwas gar angenehmes und seltenes. Die kleinen geschnitte,,
nen bäumgen, auff der terrasse n. die doppelten gänge, bestehend
aus lauter bögen von gantz gleichen bäumen, die von Creutzgewöl,,
ber, über einander geborgen sind auff der folgenden terrasse beÿ k. k.,
und endlich die mit Architectur als fresco bemahlten Pavillons und grü,,
ne lauben dazwischen, machen eine schöne perspectiv. Daß demnach
dieser garten vor ein Specimen einer gar guten austheilung wol
passiren kann. Was sonst dabeÿ zu remarquiren, kan aus dem Riß
ersehen werden, ich wendt mi{c}h etwas weniges ferner von der Wasser,,
leitung anzumercken.

Die Wasserleitung zu Marlÿ
und Versailles.
Diese ist ein unerhörtes werck, über deßen kostbahrkeit man
billig erstaunen muß, und in verwunderung stehen, daß ein kö,,
nig zu seinem divertissement solch großes Geld angewendet. Es
wird das waßer aus der Seÿne durch 13. Eÿserne Röhren, deren jede
biß 30. zoll im Diametro hat, mit hülffe metallener Druckwercke
biß auff die helffte eines berges eine sehr große höhe hinauff getrie,,
ben und in kupferne keßel ausgegoßen. Von da wird es in 15.

Röh,,[122]{59v}

Röhren mit hülffe anderer druckwercke biß zu oberst auff dem berg und
durch hülffe der dritten druckwerke daselbst biß auff einen sehr hohen
steinernen mit bogen gebaueten aquæductum getrieben. Alle die,,
se Druckwercke werden durch solche züge, alß wir insgemein auff un,,
seren bergwercken gebrauchen, Die aber anstat der höltzernen, die wir
gebrauchen, lauter 2 1/2 zoll dicke eÿserne stangen haben, gezogen, und geschie,,
het solches mit hülffe 7. großer 30. Schuhiger Räder, welche nebst 7. andern, die
die untersten druckwercke treiben, neben einander in die Seÿne liegen, so
breit sie ist, und durch einen fall der Seine von etwa 4. fuß getrieben
werden. Von dem steinern Aquæduct fället dieses waßer wieder,,
um in 6. sehr großen eÿsernen Röhren herunter und fließet etliche hundert
scheit biß zu einen kleinen häußgen; da es wiederum in etwas steigen,
und in kupfernen Rinnen, sich ausschütten muß, aus denen es in einen
sehr großen, und tieffen mit Steinen gefütterten teich fließet. Aus die,,
sen theilet es sich aus und gehet theils zu nächst in das Reservoir zu Marlÿ,
wel{c}hes von F. lincks hinauff auff dem berge lieget, theils unter der Erden
in Stollen zu dem großen Steinern Aquæduct von massiven mauerwerck
zu Montrevil, einem dorffe beÿ Versailles, welches es in einen Vierfachen,
mit Stein gefütterten teich führet, der durch einen Steinern Creutzdamm
in vier theile getheilet ist, und in deßen mitte, auff dem achteckigten cen,,
tro
des Dammes eine hütte lieget, Von dar fließet das waßer unter der
Erde gar biß nach Versailles, da es wiederum in die höhe steigen und sich in
reservoir ausgießen muß, welche zu oberst auff einen Altan eines Sei,,
ten Gebäudes erster hand neben dem Schloße angeleget worden. Aus
diesen reservoirs fället das waßer letztens zu den fontainen in den
Garten. Alle Röhren sind von gegoßenen Eÿsen, etwan 5. fueß lang, die
mit schrauben auffeinander getrieben, und dazwischen mit leim verstrichen
worden, wie beÿstehender Riß in etwas andeutet, aber beÿ den fontainen

[[Ansicht von Rohren in dem Garten von dem Schloss von Versailles]]


sind die Röhren von bleÿ öf,,
ters 34. biß 36. zoll im diame,,
ter, und über 1/2 biß 3/4 zoll dick
an materie. Die steinerne
Aquæductus sind oben 8. fueß
breit in allen, in der rinnen 5. fueß, mit bleÿ gefüttert, und mit Steinen
gedecket, welche alle wol zusammen gecküttet, und no{c}h über dieses mit Eÿsen,,

[[Schnitt durch den Aquädukt bei Montreuil]]


Clam{m}ern gefaßet sind, wie aus beÿstehenden Profiel zusehen.
Das Mauerwerck ist von (bruchstein)bruchsteinen mit einer guten dos,,
si
rung gemachet, also daß ohngefehr auff 35. fueß höhe ein fueß
dossirung (kom)kommen mag, indem die höhe der Mauer wol 120. fueß
betragen mag, da sie oben 8. unten 16. fueß dick ist beÿ
dem Durchgang auf Montrevit. Von da bin ich nach St. Ger,,
main
gegangen habe aber von Gebäuden daselbst nichts
besonders angetroffen.

Zu St: Cloud, Ist ein schönes landhaus 2 Meilen von Paris auff ein
ziemlich hohen berg gelegen, so dem Duc d’orleans zustehet. Ich habe in folgender Tabelle

den[123]60{r}
Figure 8. Entworffener Plan des Pallasts
zu St: Cloud.

2. Meilen von Paris. von Gittard
angegeben.

Der Parc.

Der Grosse Garten.

Salle.

Chappell.

terrasse.

Sallon.

Grand Escalier.

Galerie.

Descente in den Garten.

Garten.

la Cour.

Garten.

grille. grille. grille.

bedienten Haus oder le
Offices.

Basse Cour
une descente assez douce jusque au bout d’Allée.

geländer.

grille.

Ställe.

Ställe.

Allée zur einfahrt.

[124]{60v}

den plan davon in einfachen linien gemachet, weil no{c}h gar keiner davon
heraus ist. Der angeber dieses Pallastes ist GittardNote: Diese Information erweist sich als unzutreffend: Die für ihre Arbeiten am Schloss von Saint-Cloud bekannten Architekten sind Antoine Lepautre und Jules Hardouin-Mansart. Eventuell resultiert die Erwähnung von Daniel Gittard aus einer Verwechslung mit dem Entrepreneur Jean Girard, der unter Antoine Lepautre beschäftigt war. Vgl. Krause 1996, S. 100., der anitzo mit beÿ der
baumeister Academie zu Paris ein Mitglied ist. Es erscheint so wol aus
diesem Gebäude alß aus dem de St: Jaques de haut pas daß er gar ein guter
Architect ist, aber zuweilen gerne auff sonderliche capricen verfället.
Es hat daß haubtgebäude um und um zweÿ volkommene wol proportio,,
ni
rte Geschosse, das untere Rustic, und toscanisch, das obere Conrinthisch, alle
Architectur ist ziemlich reiner, nur an den beÿden vorlagen beÿ A. der Seiten,,
Gebäude ist eine recht wunderliche caprice, selbige vorlage bestehet in Vier

[Die Buchstaben in der Zeichnung sind nicht transkribiert.]


Toscanischen Seulen /a./ die mit einen Architra,,
vi
rten krantz gedecket sind, und einen balcon
tragen. Dahinter aber sind die wandpfeiler
/b:/ Römischer ordnung von recht bäuerischer pro,,
portion.

Die haubttreppe welche mitten in dem lincken Seiten Gebäude lieget,
dem hineingehen nach ist wol angeleget, wunderlich aber und ungereimet ist
daß diese einige haupttreppe vor den gantzen Pallast dienen sol, und doch
so weit von den haubt zimmern abgelegen ist. Mann wird daraus judici,,
ren, daß weder Mons: Mansard no{c}h Mr: Gittard die commoditait, und
innere distribution der Gebäude wol verstehen. Hinten in dem haubt Ge,,
bäude lieget noch eine treppe, die noch ziemlich raumlich, aber gantz schlecht
von Gibs mit ein holtzrähm eingefaßet, und dur{c}h ein wenig einfal,,
lend licht beleuchtet. Sonst sind in dem gantzen Gebäude nichts alß Escaliers
derobées.
belangend um die austheilung vorbesagter haubttreppe, ist die,,
selbe so gut alß ich eine in franckreich gesehen habe, unten mit magnifique{n}
marmor
steinernen Toscanischen Säulen, oben mit Ionischen wandpfeilern
geziehret, und mit (ein)einem großen hohen Spiegelgewölbe gedecket, wel{c}hes mit
der zeit herlich geziehret werden. Die zimmer sind groß ansehnlich und reich
meubliret, die irregularitäten aber, die man hier in den Plan siehet, sind
auch ziemlich verstecket, daß wen den bauMeister eine unümgängliche
noth getrieben hätte dieselbe zumachen, er billig großes lob damit verdie,,
net hätte. Allein beÿ ein solchen gantz neuen freÿstehenden Pallast sind
solche dringende nothwendigkeiten gar nicht zu vermuthen. Die Galerie
und der davor liegende Sallon sind sehr schöne und dieser gantz mit marmor
bekleidet. Die disposition kömmet der zu Versailles gar nahe, ohne daß nur
ein Sallon ist, und zu beÿden Seiten fen ster stehen. Der Sallon hat eine
Götterversamlung, in einen runden platz. Die galerie ist in fünff haubt,,
theile, an den tonnengewölbe eingetheilet, davon die beÿden äußersten
und der mittlere eines, die beÿden übrigen zweÿ auff den Sims ruhen,,
de große tableaux haben. sie sind von einander durch breite streiffen
unterschieden, deren jeder zweÿ Oval und ein Viereck mit halb Circuln
hat, welche theils gelb in gelb, theils mit lapis gemahlet, und mit Golde
gehöhet sind. Das gantze werck ist von Mignard, und übertrifft an an,,
nehmlichkeit fast die Galerie zu Versailles. Die böden sind au{c}h durchgehends
mit kleinen braunen holtz in allerleÿ figuren beleget. wie man fast

in[125]61{r}
[[Lageplan von der Kaskade von dem Schloss von Saint-Cloud]]
[126]{61v}

in allen Pallästen findet es siehet aber diese braune farbe recht heß,,
lich und so zusagen kothig aus, welches in dem fall dienen kan, daß wen
man mit kothigen Schuhen hinein kömt, man es nicht so bald sehe.

Der Garten ist groß, und etwas herliches anzulegen, gar wollgelegen,
die ausziehrungen aber sind etwas altväterisch, und die Alléen nicht
wol cultiviret. Das einige was haubtsä{c}hlich zu aptiren ist, halte
ich die neue Cascade zu sein, die gewißlich ungemein schön und herlich ist.
Sie confirmiret mi{c}h in der erwägung, daß wie in der bildhauereÿ, eben
so au{c}h in den waßerkünsten der frantzosen bestes talent, und grös,,
seste volkommenheit bestehe, daß Sie es gewißlich allen nationen
wen nicht bevor, doch gewißlich gleich thun. Ich wil eine kurtze beschreibung
von dieser Cascade machen, und zu beßern verstandt derselben ei,,
nen grundriß beÿfügen, weil no{c}h zur zeit kein abriß davon zu ha,,
ben ist.

Die Situation ist sehr avantageux, indeme sie über einen ziem,,
lich hohen berg hinunter fället, da man die aussicht gerahde gegen
der Seÿne, und gegen der Stadt Paris hat, welches ungemein die Au,,
gen ergötzet. Die Disposition ist solcher Gestalt daß oben eine } v. Tab: prae
dreÿfache terrasse ist, die zweÿ vertieffete, ünd überall durch bogen ins
Gesicht fallende Plätze hat, auff denen ein kleiner jet d’Eau, und eine
kleine cascade ist, von da an fället das waßer aber 9. reihen stuffen
sehr steil hinab, wel{c}he indem sie an der zahl, Gestalt und höhe differi,,
rent,
jedennoch gar ordentlich gegen einander ausgetheilet sind, einen
vortrefflichen effect ins Gesichte thun. Über der ersten, dritten und vier,,
ten Cascade, beÿderseits neben der mitte, ist ein jet d’Eau. Über die an,,
dren stehet auch einer, aber innerhalb der bögen. Neben den beÿden äußer,,
sten Cascaden stehen an beÿden Seiten verguldete Vases herunter, und
zu unterst stehen eine Statue, und noch zweÿ solche Vases davor, gantz
unten an der Cascade her sind kleine jets d’Eau, und unter denselben
verguldete Löwenköpfe, die da waßer speÿen. Hier und dar sind au{c}h
sehr große verguldet frösche geleget. Die einfaßung aller dieser wer,,
cke, bestehet theils in Stein, der mit Marmorfarbe angestrichen ist, theils
in bunter grottierung. Alles dieses zusammen, siehet ungemein präch,,
tig aus wen man unten vor den langen Canal stehet, der viel star,,
cke jets d’Eau, und noch etliche stuffen von Cascaden hat. Schade ist,
daß nicht gewiß poetische Subjecta von bildhauereÿ dabeÿ angebracht
sind, an denen das Gemüth ergötzen könnte. Es stehen zwar an beÿ,,
den Seiten, viel steÿnerne und bleÿerne Statuen, die sich aber überall
hin eben so gut alß hieher schicken.

Hiemit wil ich nun beschließen was ich in und um Paris re,,
marqui
ret, und mit wenigen berühren, was ich auff der zurück,,
reise angemercket, wiewol dieselbe durch franckreich zwar
langsahm, allein auff solche weise gegangen, daß unmöglich
gewesen viel dabeÿ zu sehen.

Von[127]62{r}

Von Paris war die Reise über Louvre en Parisis / 6. (frantz:)frantzösische Meilen /
Senlis / 4: / da man kurtz zuvor beÿ Chantilly passiret, welches ein schö,,
nes wohl gelegenes lusthaus des Printzen Condé ist, allein es war mir
unmöglich ohne die schwerste unkosten von der kutsche abzukommen,
und diesen berühmten ohrt zu besehen. Von Senlis weiter über Verbrie
/: 4./ Compigne/ 4:/ alda wir recht neben dem felde hin passiret, da das lust,,
Campement gewesen,Note: Knesebeck bezieht sich auf die militärischen Manöver, die in Compiègne vom 28. August bis zum 22. September 1698 in Anwesenheit Ludwigs XIV. stattfanden. Die Gebrüder Corfey haben hiervon einen langen Bericht in ihrem Reisetagebuch hinterlassen. Vgl. die digitale Edition des Manuskripts der Gebrüder Corfey auf dem Portal ARCHITRAVE, Ansicht 66-80 (9. bis 22. September 1698). davon aber die geringste vestigia nicht mehr vor,,
handen waren. Noyon / 5./ Ham / 5/ S: Quentin / 5./ Castelet, da ein altru,,
ini
ret VierEck ist, welches sich vor diesen so wol gegen franckreich geweh,,
ret, hat gute gewölber unter den wällen gehabt / 5./ biß nach Cam,,
braÿ
. Dieses ist eine schöne Stadt, und siehet man wol daß da die
Niederländische Plätze schon angehen, die nun der könig so gutentheils
conquestiret hat. Es ist zwar St: Quentin schon fortificiret, wird aber
jetzo nicht groß mehr in acht genommen, indeßen siehet man, daß es vor
diesen keine unebene festung gewesen. Der haubtwall hat zwar nur
kleine auffgemauerte und weit auseinanderliegende bolwercke.
Allein es liegen davor, noch größere detailirte bolwercke, und an
etlichen orten Contregarden in denen gemauerte redouten vor der
Spitze liegen. Die contrescarpe ist mit traversen a la Vanbane an,,
geleget. Aber Cambraÿ wird schon etwas beßer conserviret, alda ich
die Citadelle gesehen, welche ein Spanisch fortificirtes fünffecke ist, mit un,,
erhört tieffen gefütterten graben versehen, sonderlich gegen das feld, da
der Horizont, und die Außenwercke so tieff liegen, daß man von
der face nicht einmahl den gantzen Ravelin Graben entdecken kan.
Die Conjunction der Stadtbefestigung mit der Citadelle auff einer Seite
ist notabel. auff der andern Seite aber ordinair, deswegen habe ich die,,

A.

B.

B. Hier fält der Horizont
sehr steil ab.


se Conjunction hieher gezeichnet
und dabeÿ die disposition der
bolwercke an der Citadel zu,,
gleich mit entworffen, um zu
zeigen wie gar falsch in den
force d’Europe, die Riße gema,,
chet sind, wie auch an Valencien,,
ne
und Naerden zu ersehen ist.
Die ebenfalß in besagtem buche
gantz falsch gezeichnet sind.

Das[128]{62v}

Das Haubtwerck um die Stadt ist nichts sonderliches, aber mit Viel,,
vnd guten außenwercken wol versehen. Da wir hinein kahmen,

A.


war diese disposition, al,,
les von mit brique gemau,,
erten wercken, sogar das
äußerste ravelin nicht aus,,
genommen. Das Rathaus
zu Cambraÿ ist ein ziemlich
ansehnliches alt Gothisches
Gebäude. Die Situation
der Citadelle gegen der Stadt
zu ist gar avantageux,
auff einer algemach ab,,
fallenden höhe, von der man die gantze Stadt übersiehet, und com{m}an,,
di
ret. Von Cambraÿ na{c}h Harpe gehet die route weiter / 4 Meilen :/
auf Valencienne /4 Meilen./ Diese frontierfestung von dem fran,,
tzösischen Conquesten ist sehr wol fortificiret, auch innen wolbebauet. Die
Situation ist wegen viler graben und Moräste sehr vortheilhafftig, sie
ist auch gantz von stein auffgebauet. Eine Polÿgon ist gantz neu daran,
nach Vaubans manier. Die bolwercke lauffen mit ihrer dossirrung oh,,
ne absatz gerad unten auff den grund des Grabens, daß sie wie ver,,
suncken aus sehen. Die Citadell kan man gar nicht wol zu sehen bekom,,
men, ja man verbietet au{c}h scharff auff den wall zu gehen, und exe,,
di
ren die frantzosen solchergestalt in dem Stück anitzo, in dem sie sonst die
teutschen so sehr getadelt haben. Doch scheinet die Citadelle gar klein, und
bloß ein Reduit zu sein. Gegen das feld aber liegen die außenwercke,
die ich doch nicht erkennen mögen, weil ich nicht nahe genug davor kam, so
ich etwas gesehen habe, waren nichts alß kleine flanquen, und alle ein,,
fach, die gräben hingegen waren tieff. In den force d’Europe sind um
und umb waßergraben gemachet, sie sind aber guten theils trocken,
wie zum exempel an der neuen Vaubanischen Polÿgon.

Von Valencienne gehet ferner die route über Quefrain 3. und biß
na{c}h Mons annoch 4 Meilen. Ohnerachtet diese Stadt mitten auff ei,,
nem hügel lieget, und über dieses fast gantz mit höhen umgeben ist,
alß daß man die gantze Stadt. und alle Gebäude von außen entde,,
cken kan, indeme die befestigung in grunde lieget, und den hügel umge,,
bet. Nichts desto weniger ist dieser Platz zu einer hauptfestung vortref,,
lichens gelegen, auch schon so viel mit wercken versehen, daß die festung
mit gar leidlichen kosten sehr formidabel könte gemachet werden,
welches um so viel nöthiger wäre, wie so wie frantzösische Haubtfe,,
stungen gantz nahe dabeÿliegen, dene ungeachtet wird diese festung
itzo elend gehalten, daß die wercke recht ungestalt aussehen, und
zur defension gantz unbequehm sind. zu geschweigen wie viel dieser Platz
schlechter besetzet ist alß Valencienne, welches gantz nahe dabeÿ lieget. Die
meisten wercke sind bloß von Erde, gar wenige sind mit bruchstei,,

nen[129]63{r}

nen gefüttert. Daferne sie an den Spitzen beßer erhaben weren, würden
sie viel weniger von außen commendiret werden können. Von Mons
gehet endlich die route über Brenne le Comte 4. und von dar über
Nô,,
tre Dame de Halle
3. Stunden, noch 3 Stunden biß Brussel.

In dieser Stadt siehet man mit verwunderung, daß sie in so kur,,
tzer zeit von ihrem bombardement so prächtig und kostbahr wiederum
restituiret worden, wiewol noch eine ziemliche anzahl Gebäude, auch elen,,
de brandtstädten, no{c}h zeugnis von der frantzösischen grausamkeit geben.
Im übrigen ist zu bedauren, daß beÿ so großen kosten, welche auff die
neuen Gebäude gewendet sind, so elende bauMeister gebrauchet worden.
man darff sagen, daß so wol unter den alten, alß unter den (neu)neuen
Gebäuden nicht eines von reiner und correcter Architectur seÿ. Die
kirchen sind prächtig, und kostbahr erbauet, aber alle au{c}h mit notab,,
len
fehlern geschändet. Wen ich nicht bloß um beßerung angedenckens
wegen ein und anders hier abzeichnete, würde ich schwerlich die mühe
auff riße wenden, aus denen im übrigen wenig zu lernen stehet, deß,,
wegen wil ich au{c}h allein etwas weniges in Rißen entwerffen.

Die Jesuiter kirche, welche die schönste ist, war gantz nahe an dem
brande annoch stehen geblieben; Ihren Grundriß habe in (folgend)folgender
Tabelle gemachet, der auffriß und profil aber verlohnen sich fast
nicht der mühe, daß man sie abzeichne /: doch habe ich (Tab:)Tabula XII. (Tab:)Tabula
die helffte des auffrißes, nebst einer verbeßerung gezeichnet / XII.
Das schönste ist, daß sie von der Erde mercklich erhaben ist, und man also
durch eine wol disponirte treppe zu den thüren hinauffsteigen muß.
Die untere seite der faciata ist Toscanisch, (od)oder Dorisch mit Seulenstüh,,
len von passabler proportion, allein es sind keine Dreÿschlitze in dem
borten, und ist der borten samt den Architrave, über jedeweden Dori,,
schen Pfeiler verkröpfet. Über dieser ist Corintische ordnung, mit wand,,
Seulen auff Seulenstühlen, über denen das Gebälcke gleichfals im{m}er
verkröpfet ist. Die oberste reihe, ist eine pure caprice, die nirgend
hin zu bringen ist. Die haubtthüre, das große fenster darüber, und der
Schild zu oberst mit dem Jesuiter zeichen, sind gar zu confus. Ich habe
die halbe faciata gezeichnet, und eine verbeßerung an der andern
helffte entworffen, um desto beßer von der Reinen und unreinen
Architectur unterschied zu urtheilen. Innen Ruhet das Gewölbe des Schif,,
fes nicht auff arcaden, wie beÿ den Italiänischen und frantzösischen kirchen
sonst gewöhnlich ist, sondern auff bögen, welche von großen freÿstehenden
Dorischen Säulen getragen werden, welches zwar mehr licht in den kirchen
gibt, aber solche stärcke nicht giebet. Das Gebälcke darüber hat einen
ziemlich hohen borten, und darinnen über jeden bogen zweÿ ovale lö,,
{c}her, und dazwischen ein Schild, welche alle mit vielen schnitzwerck
eingefaßet sind. Die kleinen Seulen welche glei{c}h vorne stehen, sind
alle von köstlichen braunrothen Marmor, die Capitäle und bases aber
vom weißen. Sie tragen schwartz marmorne bögen, zwischen denen die
Plätze mit weißen und braunrothen ausgefüllet sind, und dar,,

über[130]{63v}

[Die Buchstaben in der Zeichnung sind nicht transkribiert.]

[131]64{r}
[[Ansicht von der Fassade von dem Turm von der Église des Jésuites in Brüssel]]


über noch ein marmornes Geländer. Wo
die Säulen weit von einander stehen,
liegen zweÿ bögen darauff, die in der mit,,
te zusammenstoßen, und in der lufft hän,,
gen, unten mit einer traube termini,,
ret. Es siehet die gantze Composition sehr bi,,
zarr
und Capricieux aus. Der Chor ist in
sieben theil eingetheilet, vorn mit vier
Römischen Pfeilern, hinten bloß mit vier,,
schmäleren Pfeilern, die mit kragstei,,
nen, stat der Capitäle gekrönet sind. Al,,
les dieses hat nicht nur schlechte proporti,,
ones
, sondern auch elende arbeit und ge,,
stalt. Der Altar hat vier freÿstehen,,
de, und zweÿ wandseulen, Corinthischer
ordnung von roth Marmor, mit einen a,,
mortissement von gar schlechter ordonantz
und Invention, und steht oben darauff
ein St: Michael mit dem Drachen, grau
in grau gemahlet, und ausgeschnitten;
Das altarblat ist wol gemahlet, eine
assumtio Mariæ. In den beÿden Capellen
stehen Altäre von schwartz und weißen
marmor, mit Statuen von weiß mar,,
mor.
Die bilderblindte beÿ a. und b. sind
au{c}h schwartz marmor, und haben Statue{n}
von weißen, an den wänden stehen
über den fenstern, die innen au{c}h ein,,
faßungen haben, busti in blindten. Ü,,
ber dieses sind 12. landschafften mit der
Jesuiter geschichten von Gassel, und darü,,
ber die martÿrer der Jesuiten in voller
Statur. Der Thurm dieser kirche ist gar
sauber, mit Dorischer, Ionischer, Römischer
und Corinthischer ordnung, deswegen ich
denselben hieneben entworffen.

Auff den koudenbergischen Steinweg
eben hinter dem Schloß, haben die Car,,
meliter
Nonnen eine kirche, die innen
und außen ziemlich gut angeleget ist.
Die Architectur an sich selbst ist reiner
alß sonst an keinen Gebäude in Brüs,,
sel
, allein die Seulenweiten sind viel
zu groß, und alß die Seulen zu solcher or,,
donance
zu klein. Die arbeit ist auch nicht

all,,[132]{64v}

allzu gut. In den bilderblindten stehen unten St: Joseph und St. Anna, (ob)oben
St: Albertus, und St: Elisabetha. zu oberst in den Fronton sitzet die Mutter Got,,
tes. Tab. XIII. Ist die Faciata dieser kirchen, halb wie sie ist, halb
wie sie sein solte entworffen. Die Architectur ist von gehau,, (Tab:)Tabula
XIII.

enen Steinen, auff einen grund von gebackenen. Innen sind
au{c}h zweÿ reÿhen über einander, unten Ionisch, mit hohen Capitälen und ei,,
ner Reÿhen blätter; oben Römisch, unten sind ziemlich proportionirte Ar,,
caden
, oben sind bogenfenster zwischen den wandpfeilern.

Auff der kurtzen Ritterstraße ist das kloster der bekehrten, außen mitei,,
ner faciata nach Italiänischer manier, aber gar corrupt, confus und von
sehr schlechter arbeit. Innen ist die kirche gantz simpel aber helle. Der Altar
hat gewundene marbrirte Seulen, und ein Altarblat von Lazari auf,,
erweckung, mit einer sonderlichen ordonantz.

An der Ecke der Gasthausstraße ist die kirche des Nasocomii St. Johan{n}is,
noch gantz schlecht, und von dem brande gar übel zugerichet. Der Altar
aber ist ziemlich wol ordiniret, ohngefehr auff eine solche weise, wie der in
der kirche St: Jacobi zu Antwerpen. Der grundriß ist dieser.

[Die Zahlen in der Zeichnung sind nicht transkribiert].

Anstat des Altarblats stehet hier die tauffe Christi von Johanne, in
lebensgröße von Gibs. beÿ 1. 2. 3. 4. sind die vier Evangelisten en bas
reliev.
Oben auff ist ein Amortissement verguldet mit kindergen, von
weißen Gibs, alles gantz wol gezeichnet, und annehmlich zusammen or,,
diniret.

Auff der Wolffsgracht, ist die Augustinerkirche, mit einer ansehnliche{n}
faciata von Quadersteinen. sie hat zweÿ Reÿhen, unten Dorisch, oben Rö,,
mi
sch, und darüber noch einen Aufsatz. Die gebrochenen frontons aber ver,,
stellen diese faciata, wievol auch sonst mangel an guten proportio,,
nen
dabeÿ ist. Innen ist ein Altar mit gewundenen Seulen von mar,,
mor
gar köstlich, aber auch gar verwirret, und wunderlich. Es sind sehr schö,,
ne landschafften mit dem leben St: Augustini, an den wänden auff,,
gehänget, von gar guter handt, habe aber den Meister nicht erfahren
können.

Auff dem beginnen Platz ist die allerreicheste, aber au{c}h allerverwir,,
reteste, und unproportionirlichste kirche, innen und außen mit einer
großen anzahl absurder zierrahten überhäuffet, daß man sie ohne ver,,
druß und bedaurung der daran verwendeten Unkosten nicht ansehen

kann.[133]65{r}

kann. Schöne Gemählde sind in dieser kirche, das Subjectum ist mir davon un,,
bewust, der Pinsel aber ist von Rubens. Außen um die kirche herum sind klei,,
ne viereckigte vertieffungen, bassi relievi von Gibs, das leiden Christi vor,,
stellende, deren theils gar gut gezeichnet sind.

Die kirche St: Virginis Auxiliatricis auff dem kohlenmarckt, ist außen
auch na{c}h Italiänischer manier, aber närrisch genug angegeben.

Die kirche der Divitum clarissimorum, ist innen so uneben nicht aus,,
getheilet, wie aus hier nachfolgenden ohngefehren grundriß zu ersehen, aber
die Architectur ist gar ni{c}ht correct.

[[Grundriss von der Église Notre-Dame aux Riches Claires in Brüssel]]

Außen könte sie gar nicht schlimmer, und Absurder sein, zum Exempel,
Die Pfeiler außen sind toscanisch, und haben do{c}h Schnecken an dem Capitäl.

Die Carmelitenkirche wird gantz neu wieder gebauet, prächtig genug
aber ebenfalß mit keiner correcten Architectur. Die Pfeiler in der kir,,
che sind einiger maaßen Ionisch, haben aber Creutzweiß über einanderschla,,
gende fruchthörner. anstat der Capitäle. In Summa wen es nur den Brüs,,
lern
an einen guten bauMeister nicht gemangelt hätte, und noch man,,
gelte, würden sie vor ihre auffgewandete Unkosten vortreffliche Gebäude
haben. Anitzo aber darff ich wol sagen, daß unter der großen men,,
ge neugebaueter Häuser kaum dreÿ sind, welche an ihren faciaten noch pas,,
sir
ren können, von denselben wil ich zum angedenken etwas mit einbringen.

In[134]{65v}

In der Engelstraße lieget ein Hauß wie ein klein hôtel von Quaderstei,,
nen gantz Simpel aber fleißig gearbeitet, und proportionirlich
ausgetheilet, recht nach der ahrt, wie insgemein die Häuser in Paris,
der Thorweg ist ohne ordnung Toscanisch, recht wol ausgetheilet, und
habe ich unter andern observiret, daß der krantz davon allen Gliedern
und proportionen na{c}h, vollkommen nach Scamozzi, oder Gold,,
mann
ausgetheilet ist.

[[Ansicht von einer Fassade von einem Wohnhaus in der Engelstraße in Brüssel]]

Dieses Gebäude ist nun das einige, welches ich unter den Brusseli,,
schen vor gut und correct kan passiren laßen. Im gegentheil sind die,,
jenigen Häußer welche die schönsten sein solten, nehmlich die auff den
Marckt, die allerheßlichsten, indem sie gar zu bundt und kraus sind.
Theils haben viel an ihren Häusern vergulden laßen. Das beste
und reineste der disposition nach ist das jenige unter denen auff
dem Marckt welches i{c}h auff folgende pagina gezeichnet habe. Sehr
notabele Inscriptiones sind gantz umher an diesen häusern zu lesen,
zum Exempel neben dem so hier na{c}h folget, abgezeichnet, ist ein hauß
auff dem zu oberst der Churfürst von Beÿern zu Pferd vorgestellet
ist, unter dem diese auffschrifft stehet,

Dum premeret radiis nostram sol Gallicus Urbem
Te Solum in moestos vidimus ire rogos
Quid mirum geticæ qui fregit cornu Luna.
Gallica si Solis lumina non metuat.


Unten hinter dem Rathause steht ein Hauß mit einen Phoenix,
und dieser Inscription,

Stipes quod tertio Cinis, gloriosor Ex virgo Phoenix sum.

Oben[135]66{r}
[[Ansicht von der Straßenfassade von einem Wohnhaus an der Grand Place in Brüssel]]
[136]{66v}
[[Ansicht von einer Fassade von dem „Gasthaus“ in Brüssel]]


Oben qweer vor dem Marckt her,
sind alle häußer in eins zusammen
gebauet, daß sie wie Ein groß hauß aus,,
sehen, oben an dem borten stehet mit
großen schwartzen buchstaben

CoL.L.I.s Vt In CIneres nVper fVIt Ig,,
ne reDVCtVs, aLtIor e bVsto DenVo Cres,,
Cit apeX.


in welchen Versen die Jahr zahl 1702, ste,,
het, vielleicht weil um diese zeit solche
Häußer gantz sollen fertig seÿn.

Das Gasthaus ist auch zimlich re,,
gulier
und von guter parade war ga{n}tz
von Quadersteinen nach dem brandeNote: Knesebeck bezieht sich auf den Brand, der von den Bombardierungen der Stadt durch die französischen Truppen unter Ludwig XIV. am 13., 14. und 15. August 1695 ausgelöst wurde.
neu erbauet, hier nebenstehende zeichnung
stellet solchen auffriß in etwas vor, wie
es sich nicht der mühe verlohnet, (denselb)denselben
größer und deutlicher zu machen.

Endlich ist auch das Hauß von dem O,,
pern
Hause
no{c}h passabel, von deme
sie in Brussel ein miracul machen,
weßwegen ich von der vordern faciata
ebenfalß einen entwurff gemachet.
Sie ist von Quadersteinen von gar fleis,,
siger arbeit, das übrige gantze weit,,
läufftige Hauß ist von brique, wie auch
hinten das Opernhaus, welches eben nicht
alzugroß ist, doch ein ziemlich breites Thea,,
trum
, und viel Logien übereinander
faßen kann. Die parterre aber wird
klein werden. Es war alß ich es besehe{n}
noch nichts alß die äußern wände da,,
von fertig.

Außer diese bißher erzehlten häußer
habe ich nichts angetroffen so einen der
Architectur verständigen nicht miß,,
fallen müste, da ich do{c}h meistens glau,,
be alle haubtgaßen durchgegangen zu
seÿn. Aber an einen gantz abgelege,,
nen ort der Stadt, habe ich eine gros,,
se steinerne freÿtreppe angetroffen,
die vor den größten Pallast prächtig
genug wäre, da sie hier ni{c}hts dienet, als
auff dem Wall zu gehen. Ich habe den
Grundriß davon auff folgender pagina
gezeichnet. Das Gebäude selbst ist zu
ende der Broeckstrat, und wird die Neue
trap
genennet.

[137]67{r}
[[Ansicht von einer Fassade von dem Théâtre royal de la Monnaie in Brüssel]]

Wallgang.

Dossirung.

Dossirung.

Noch ist etwas schönes in Brussel, daß so viel artige Springbrunnen auff den
Gaßen stehen, deren theils gar artig disponiret sind. Einer ist mit einen metallene{n}
kind, welches pißet
, das kind ist noch von ziemlicher zeichnung. Und in diesem stücke kömt
diese stadt, Paris noch zuvor, da die Fontaine des Innocents, und die Samaritaine ausgenommen, wenig wol façonirte brunnen sind.

Endlich ist die fortification von Brüssel zwar der anlage nach gut genug,
aber die ausführung ist gar schlecht, indem die wercke bloß ihre ungefehre ge,,
stalt haben, und im übrigen alß unordentliche Erdhügel daliegen. jeder läuft
und gehet darüber, und das Vieh weidet darauff.

Von[138]{67v}

Von Brüssel sind no{c}h 8. Stunden biß Antwerpen, dahin man mit
treckschuÿten gehen kann, die viel größer sind alß die Holländischen au{c}h
viel beqwehmer, hingegen ist unbeqwehm, daß man die Scheute so offt um,,
wechseln muß.

Antwerpen ist eine gar schöne Stadt, doch ist von Gebäuden außer den
kirchen nichts sonderlich remarquables, Das Rathaus, deßen Abriß und be,,
schreibung in Bleaus Niederländischer Topographia zufinden, hat an
der faciata ein ziemliches ansehen, und in der mitte schöne marbrirte Seu,,
len von Stein. Was in den kirchen zu observiren vorkömt ist haubtsäch,,
lich folgendes.

1. Die kirche St: Jacobi. Diese ist an sich ein Gothisches Gebäude, mit einer Gothischen ziemlich künst,,
lichen kuppel. Alleine an Altären, Capellen und monumentis, fäl,,
let da viel kostbahres und schönes zu sehen vor. Der große Haubt Altar
ist von weißen, schwartzen und etwas grauen marmor, deßen dispo,,
sition
und Gestalt aus dem entwurff des folgenden blats zu ersehen.
Jacobus mit den Muscheln und mit seinen Stock bezeichnet, wird gen
himmel getragen. Oben ist H. Dreÿfaltigkeit, und das Amortisse,,
ment
darunter sie sind, ist verguldet. Der krantz der Corinthischen Seu,,
len ist anstat der Sparrenköpfe gantz mit blättern unterleget, wel{c}hes
eben nicht zum besten stehet. Es haben zweÿ bildhauer an diesem Al,,
tar gearbeitet, Quellinus der jüngere und Willemsen beÿdes vortref,,
liche künstler. Der grundriß des besagten Altars ist dieser.

[[Horizontalschnitt von dem Altar in der Église Saint-Jacques in Antwerpen]]
Vor[139]68{r}
[[Ansicht von dem Altar in der Église Saint-Jacques in Antwerpen]]
[140]{68v}

Vor diesen an beÿden Seiten neben dem Chor in zweÿ Capellen stehen
zweÿ Altäre, von schwartz und weißen Marmor, deren Grundriß die,,
ser ist.

[Die Buchstaben in der Zeichnung sind nicht transkribiert.]

Der auff der rechten Seite im hineingehen hat beÿ a. einen St: Petrus
von Verbrüggen, und beÿ b. St: Paulum von Willemsen, beÿdes vor,,
treffliche Stücke von weißen marmor. Oben über dem Altar ist Gott der
Vater sitzend vorgestellet, von eben diesen letztbenandten Meister. Das
Altarblat ist ein (heil:)heiliges Abendmahl, sehr schön und lieblich von farben, auch
gut von zeichnung. Der Meister hat Raphael sehr imitiret. Ich habe
aber deßen Nahmen nicht erfahren können. Ohnerachtet aber die farben
no{c}h gar lebhaft sind, siehet man do{c}h, daß dieses gemählde schon vor einer
geraumen zeit gemachet worden. Der Altar gegenüber ist von gleicher
Sÿmmetrie, recht genau aber habe ihn nicht betrachten können, weil
mich der Abend überfallen.

Wen man von diesem Altar an der lincken hand um den Chor hinein ge,,
het, findet man in der nächstfolgenden Capelle, die zusammenkunfft Eli,,
sabeth
und Mariæ, von Lind, einen discipul des berühmten Rubens,Note: Knesebeck täuscht sich vermutlich bezüglich des Künstlers: Die einzige Darstellung einer Begegnung von Maria mit Elisabeth in der Sint-Jakobskerk ist jene von Victor Wolfvoet, einem Schüler von Peter Paul Rubens, der sich hier explizit von seinem Meister inspirieren ließ. Vgl. das Inventaire des retables baroques des Pays-Bas méridionaux von Valerie Herremans. der
zwar gar gut mahlet, aber seines Meisters manier im Pinsel nicht hat, son,,
dern Carlot näherkömt. Weiter ist in der folgenden Capelle die märtÿ,,
rung Petri und Pauli, und in der folgenden St. Borromeus, wie er der
Pest abhilfft, um den viel leichnam herumliegen von Jordan. Es ist
deutlich an diesem Gemählde zu sehen, daß er Rubens in seiner Colorit imi,,
ti
ret, aber nicht reussiret hat. Endlich folget recht mitten hinter dem
Chor des berühmten Rubens Capelle, die er selbst mit einem Gemähl,,
de geziehret hat. Eigentlich kan ich den inhalt solches Gemähldes nicht ver,,
stehen. Es ist aber dieses darauff. An dem Vorgrunde lieget Matheus,
der Evangelist mit seinem Engel, der ein buch hält, hinter demselben
sitzet die Mutter Gottes, die ihren Sohn der Maria Magdalena hinrei,,
chet, neben der noch ein frommes Persohn, und hinter ihr St: Joris
in Ritter habit ist. Über ihnen schweben Engel mit kräntzen. an der
rechten seite unferne davon, ist an einen Pfeiler ein gemählde ei,,

nes[141]69{r}

nes todten leichnams,Note: Was Knesebeck als Darstellung eines „todten leichnams“ von Cornelis Schut beschreibt, ist ohne Zweifel eine Beweinung Christi. Die Angaben zur Anbringung des Gemäldes an einem Pfeiler erlauben es, eine Verwechslung mit einer Kreuzabnahme desselben Künstlers (ebenfalls in dieser Kirche) auszuschließen. Vgl. das Inventaire des retables baroques des Pays-Bas méridionaux von Valerie Herremans. vortrefflich gemahlet, von Schützen, und ein we,,
nig weiter hin ist ein brustbild von einen Pastor bonus, basso relievo,
ungemein sauber und gute arbeit von de Vré. Alle Capellen und
der gantze Chor sind mit herlichen Gattern von marmor und metal
verschloßen, insonderheit ist der vordere vorzug des Chores sehr prächtig
gantz von Marmor, mit Ionischer ordnung geziehret. Es stehen auch zweÿ
kleine Altäre daran deren blätter neu, aber gut gemahlet sind,
ein Gemählde ist eine Assumtio Maria. Über dieses sind viel Epi,,
taphia
zu consideriren, deren disposition zwar in Generalis gantz
einerleÿ war, den sie sind alle von weißen, und schwartzen mar,,
mor
, und stellen antique Sacrophagos vor, die mit weinenden kin,,
dern begleitet sind, oben darauff stehet ein Johannes der täuffer,
ein Ecce Homo, eine Mutter Gottes mit einem Schwerd, (u)und. (d)der. (gl)gleichen: was
aber die zeichnung dieser dinge anbetrifft, findet sich unterschied ge,,
nug. Endlich sind nicht zu vergeßen die Herlich gemahlete fenster, mit
unvergleichlichen farben von Widenbeck.

Die Jesuiter kirche. Daferne diese kirche der Architectur na{c}h reiner angeleget wäre,
müste man Sie vor eine der schönsten in der weld halten, indeme es
derselben an reichthum der materialien und an zierrathen wenig
bevor thun. In Paris ist keine so kostbahe erbauet; nichts desto weni,,
ger ist daselbst die kirche au val de Grace viel schöner. Ich will von die,,
ser kirche eine weitläufftige beschreibung hier mit einbringen, au{c}h
verschiedene abriße mit beÿfügen, welche ich auff der Stelle gemachet,
weil gantz nichts, so viel ich weiß davon bißhero poubliciret worden.
Auff folgenden blat habe ich den grundriß und (Tab:)Tabula XIV.
die helfte der faciata entworffen, die andere helffte aber ver,, Tab:
beßert vorgestellet, weil en general die disposition der,, XIV.
selben gar magnifique inventiret ist. Um aber die Verbeßerung de,,
sto beßer zu machen habe ich auch an der austheilung der Seulen geän,,
dert was mir nicht gefiel. Das schnitzwerck an dieser faciata ist zu häu,,
fig und dazu übel gearbeitet. Die einfaßungen der fenster sind durch
die gebrochene frontons, und andere capricen sehr verdorben. Die
Statuen sind gar zu unbeweglich und übel correct gezeichnet, an einer
seite steht ein Thurm, der unten glat, darüber Dorisch und endlich
Ionisch ins gevierdte ist, oben darauff ist ein achteckigter auffsatz von
corinthischer ordnung. Dieses ist sonderlich an diesen thurm, daß die ecken
ausgeschnitten, und daselbst hin freÿstehende Seulen gestellet sind, die
do{c}h mit binden an das ubrige werck glei{c}hsahm wieder angehefftet sind.

Innen ist diese kirche ungemein reich, und fast über und über von
marmor, das Schiff wie aus dem Grundriß zu sehen, ist beÿderseits mit
sieben bögen zweÿmahl über einander umgeben, welche unten auf
Dorischen, oben auff Ionischen freÿstehenden Seulen liegen. Die bög{e}n
und Seulen, wie auch oben die Geländer zwischen den bögen sind alle
von weißen marmor mit ungemeinen kosten verfertiget, a,,

ber[142]{69v}

[Die Buchstaben und Zahlen in der Zeichnung sind nicht transkribiert.]

Figure 9. Grundriss der Jesuiter kirche zu Antwerpen.
[143]70{r}

ber der boden und die wände an dem Chor sind mit vielerleÿ Marmor
bekleidet. Die Seulen an dem großen Altar sind von einen gar kostbah,,
ren rothen Marmor. In der einen Capelle lincker hand im hineingehen
ist auch alles von Marmor, sehr reich aber gleichfalß von gar wunderlicher
Composition.

An Gemählden ist diese kirche auch sehr reich, die Abseiten beÿderseits,
wie auch die Emporkirchen darüber sind mit platten höltzernen decken
überleget, welche mit allerleÿ heiligen von dem berühmten Rubens be,,
mahlet sind, die obern sind viel reicher an Persohnen, beßer nach dem lichte
gelegen und auch weit beßer gemahlet, alß die untern, welche bloß ein,,
zelne Heiligen begreiffen, alß S. Joh: Chrisosomum, St: Catharinam auff
einen geharnischten mann, St: Greg: Nazianzenum mit einer fackel einen
teuffel niederstreckend, St: Cæciliam mit einem positiv, da ein Engli{c}hen
die blaßbälge ziehet, und ein größerer sie kröhnet, St: Mariam poeni,,
tentem
, St. Basilium mit der feuerseule, und einem Engel über ihm,
St: Annam mit der Jungfrau, St: Athanasium, St. Hieronÿmum, St. Luci,,
am
, die erstochen und mit der Martÿrkrone gekrönet wird. St. Augustinu{m},
St: Barbaram
, hinter der ein türck mit bloßen Schwerd stehet, St: Mar,,
garetham
mit dem Drachen und lam. St. Ambrosius, St: Eugeniam, die
einer beÿ den haaren niederziehet, und mit einen beil enthaubtet, und
St. Gegorium mit der Mutter Gottes. Alle diese figuren sind in Ova,,
len
, dazwischen aber vor den thüren der beiden Capellen, beÿ E und F. der
Jfr. Mariæ Nahmen in einer Gloria von Engeln gebildet ist. Das große
Altarblat ist die gekröhnte Mutter Gottes in einer gloria, und in der Ca,,
pelle
an der lincken seite im hineingehen beÿ A. eine Reise nach Egÿp,,
ten
, beÿdes herliche stücke von Rubens.Note: Knesebeck täuscht sich: Die Krönung Mariens war das Werk von Cornelis Schut. Der Hauptaltar war mit einem System ausgestattet, das einen Wechsel der präsentierten Altarbilder ermöglichte. Zwei von ihnen stammten tatsächlich von Peter Paul Rubens. Vgl. Wilmers 1996, S. 146. In der Capelle D. ist eine assum,,
tio
von Ant: van dÿck, die sehr hochgehalten wird, gegenüber ist eine ge,,
buhrt Christi, überaus schön von Rubens, An der Seite ist no{c}h eine Reise in
Egÿpten von neurer aber gar guten hand. In der Capelle A. ist in
einen Rahmen ein betender Lajola vortrefflich andächtig gemahlet, den
Meister habe nicht erfragen können.Note: Ein solches Gemälde auf Marmor von Hendrick Van Balen (um 1620) befand sich tatsächlich in der Kirche, aber in einer dem hl. Ignatius von Loyola gewidmeten Seitenkapelle und nicht an dem von Knesebeck beschriebenen Ort.

An bildhauereÿ ist ein großer vorraht in dieser kirche, alles aus
weißen marmor von guten händen, ohne daß die Gewänder an den
meisten Statuen gar zu grob gehalten sind. In der Capelle, D. die schon
gantz mit marmor bekleidet, stehen St: Maria mit dem kind Jesus, St:
Christina
mit Pfeilen, St: Susanna, St: Catharina mit Radt. An
dem großen haubt Altar, ist oben in einem blindt die Mutter Got,,
tes, und daneben die vier Engel, welche die passions zeichen tragen. Neben
an den pfeilern in den blindten p. q. stehen oben beÿ q. einer mit ei,,
nen todtenkopf, noch jung ganz glatköpfig, unten ein alter mit ei,,
nen buch, oben beÿ p. eine frau mit der ehrnen schlangen, unten ein
Mann mittelmäßig alt mit einem Crucifix. Das Geländer vor
dem Chor ist eine schöne aus weißen Marmor gehauene grotesque
mit kindergen.

Nach[144]{70v}

Nach dieser kirche ist no{c}h merckwürdig zu sehen die kirche Nôtre Dame, oder
die Cathedral kirche
, welche wie die zu St: Jacobi, Gothisch gebauet ist, au{c}h glei,,
chermaaßen eine falsche Gothische kuppel hat. Aber die zierden, so wen neue
hineingeschaffet worden, sind kostbahr und wol ordiniret. vor den Dreÿ
thüren ist ein Vorschluß gemachet, wie beÿ allen Päbstischen kirchen geschiehet,
/: ohne daß ich au val de grace zu Paris keinen gefunden :/ Dieser Vorschluß
ist gegen der kirche, mit einer Architectur, von Ionischen freÿstehenden Seu,,
len mit arcaden von schwartzen, braunen rothen und weißen marmor
geziehret, nach beÿstehenden Grundriß.

Ionische ordnung mit
Capitälen nach Scamozzi.

Der große Altar so wol, alß die beÿderseits neben dem Chor stehen, sind au{c}h
von marmor, wie fast alle die übrigen. Der Chor selbsten ist mit einer
Doppelten colonnata von Ionischen marmor Seulen verschlossen, auff
denen marmorne bögen mit einer balustrade von gleicher materie
liegen. Das Altarblat des haubt Altars ist die vortreffliche und berühm,,
te assumtio Maria von Rubens. Der grundris des Altars ist dieser.

Hinter derselben ist der Todt Mariæ

[[Horizontalschnitt von dem Hauptaltar in der Liebfrauenkathedrale in Antwerpen]]

An dem Altar rechter Hand neben dem Chor im hineingehen, habe ich im
hinweg des besagten Rubens schöne abnehmung vom Creutz gesehen, welche
gewißlich unvergleichlich ist, und le Brun sein übertrifft, ohne daß die ab,,
nehmenden gar zu sehr arbeiten. Auff dem zurückweg aber fand ich
dieses gemählde mit einem andern vom großen Christoffel zu gede,,
cket, welches Rubens discipul gemahlet,Note: Das Gemälde des hl. Christophorus befindet sich auf der Außenseite eines der Seitenflügel des Triptychons der Kreuzabnahme. Die beiden seitlichen Felder, die mit dem Verschließen des Mittelteils sichtbar werden, zeigen den hl. Christophorus mit dem Jesuskind sowie einen Eremiten mit einer Laterne. Entgegen Knesebecks Aussage stammt das Werk nicht von einem Schüler, sondern von Peter Paul Rubens selbst. von dem beÿ der kirche St: Ja,,
cobi
gedacht worden, und behaubten die meisten mit unrecht, daß
es Rubens selbst gemahlet habe. Neben dem Chor sind noch zweÿ Capel,,

len[145]71{r}

len, die von marmor sehr reich sein sollen, waren aber alß ich da ware,
mit schwartzen tuch bekleidet. zu nächst an den seiten thüren neben dem
Schiff, sind noch zweÿ sehr große und reiche mit herlichen metallenen und
marmornen Seulen und Gatterwerck umgebene Capellen. In der an
der lincken seite, nach dem Chor zu sehende, habe ich vornehmlich einen schönen
Altar remarquiret, deßen Grundriß dieser ist.

[[Horizontalschnitt von einem Altar in einer Kapelle in der Liebfrauenkathedrale in Antwerpen]]

Dieser hat anstat eines Gemähldes, die Mutter Gottes auff einer Weld,,
kugel stehende, und mit den vier thieren der Evangelisten auff eine beson,,
dere weise und ordonnance umgeben. Oben darüber ist Gott der Va,,
ter von Engeln getragen. alles von weißen marmor, wol gearbei,,
tet und wol ordiniret.

Sonst ist in dieser kirche noch zu remarquiren das Grabmahl bischoffs
Ambrosii Capelli
, so unten nach der untern Thüre zugehend, lincker
hand an einen Pfeiler angehänget ist. Der Meister davon ist Quellinus
der es aus Rothen, schwartzen und weißen marmor überaus nett ge,,
arbeitet hat. Ich habe es auff folgender pagina entworffen, weil
mir die disposition zimlich wol gefallen. Was sonst von Antwer,,
pischen Gebäuden sonderlich zu remarquiren ist, haben Bleau und Zei,,
ler
in ihren topographien eingebracht, unter denen sonderlich der erste
die Citadelle gantz genau vorgestellet, die der defension nach zwar
alt Spanisch, der Construction aber nach sehr gut und kostbahr ist.

Von Antwerpen ist auff dem übrigen rückweg mir weiter nichts
notables vorgefallen, indem ich meistens oben die route halten müßt
alß im hinweg, ohne daß ich in Westphalen die bischoffliche Stadt Münster
mit gesehen habe, in deren aber gantz nichts notables vorkömt. Die
Capelle des berühmten Bernhard von Galen ist zwar mit einem tom=
beau
von schwarz und weißen marmor geziehret, worauff besagter
bischoff kniend abgebildet ist. Alllein die Invention und ordonnanz, so
wol alß die zeichnung und Arbeit taugen nichts, und ist schade vor die
guten materialien, daß sie an keinen beßern Meister kommen. Auf
dem Altar dieser Capelle sind in einen mit glaßfenstern verschlos,,
senen Schränckgen ebenfalß sehr übel gezeichnete bilder von Silber.

Sonst ist noch die Fortification der Citadelle zu sehen, den die an
der Stadt ist schlecht Holländisch, und von wenig stärcke. Die Citadelle
selbst ist schlecht Cultiviret, und lieget bloß alß ein Erdhauffe dar,
doch ist außer einen und anderen theil die disposition nicht zu ta,,

deln[146]{71v}

Epitaphium
Ambrosii Capelli
Episcopi Antwer-
pensis.

[147]72{r}

deln, weswegen ich Sie fleißig umgangen, und hier folgend abgezeich,,
net habe.

Citadelthor.

Stadthor.

Gegen die festung und Stadt ist die Citadelle beßer fortificiret als
gegen das feld. und obschon die Polÿgon A. zu attaquiren das feld
umher so begrifen ist, alß an einigen andern ohrt, hat man doch die,,
selbe am allerschlechtesten fortificiret gelaßen. Welches i{c}h zwar mehr
von einen ohnversehenen accident, so die arbeit unterbrochen, alß von
des Ingenieurs versehen, herzurühren glaube.

Und[148]{72v}

Und hiemit beschließe ich gegenwärtige Remarquen, die ich
nicht verlange, daß sie weiter vertheilet, vielweniger Publique
sollen gemachet werden, indem ich dieselben bloß zu meiner
particulier notiz und erinnerung also zusammen getragen.

[Tafeln]

[149]173

Gegenwärtigen gantz versicherten Grundriß von der Vestung Naerden zu bekom,,
men, habe ich den alten Grundriß in Zeilers Topographia Circuli Burgundici,
und
Suttingers neuen Grundriß in seinen Entsatz der Rimplerischen befestigten
Festung zu,,
sammen genommen, und meinen Remarquen beÿgefüget.

Naerden.

Seite gegen der Sudersee.

Hafen.

Canal nach Amsterdam.

Die Staaten in Holland sind in willen diese Vestung noch
mehr zu verstärcken, und einen Seehafen an der Sudersee
dabeÿ anzulegen. Alß ich durchreisete waren eben ihre
deputirte da.

[150][151]274[152]74

Garten.

Hoff.

Hoff.

Gasso.

Vorsaal da man nach der bibliothec gehet.

Hoff.

Boutique.

Boutique.

Durchgang.

(Boutiq)Boutique.

(Boutiq)Boutique.

(Boutiq)Boutique.

Kirche.

Boutique.

boutique.

Boutique.

boutique.

Platz an der Seine, ge,,
gen dem Louvre über

[153][154]375
[[Horizontalschnitt von der Straßenfassade von dem Couvent des Feuillantines in Paris]]
[155][156]476
Figure 10. Die faciata der kirche St: Gervais zu Paris, mit aller
ihrer Ordonance nach Goldmans Proportionen gezeich,,
net.
[157][158]577

Figure 11. Auf- und Grundriss der Entrée des Hôtels de la
Vrilliere
gegen der Place des Victoires, zu
Paris.

12 1/2 (Mod:)Modul
an dem Original sind just 15. (Mod.)Modul

2 4/5 (M)Modul 1 4/5: 2 4/5 (M)Modul 1 4/5:

[159][160]678

NAHME
des
HOTELS.

[161][162]779

Capelle.

3. mahl
männer,,
Stühle ü,,
(bereinand)bereinander
männerStühle.

Capelle.

Hierüber ist der Music Chor:

Capelle.

3. mahl
männer,,
Stühle üb:
ereinander.
männer Stühle

Capelle.

[163][164]880
[[8] [Ansicht von der Straßenfassade von der Église de la Visitation de Sainte-Marie in Paris]]
[165][166]981

[Die Buchstaben in der Zeichnung sind nicht transkribiert.]

[167][168]{10}82

[Die Buchstaben und Zahlen in der Zeichnung sind nicht transkribiert.]

Figure 12. Eigentlicher Grundris des Schlosses, Lustgartens,
und kleinen Parcs zu Versailles, wie sie
im Jahr 1699. (Mens)Mensis: (Sept)Septembris: gewesen:

Man hat einen general Grundriss von Versailles da dasjenige was hier noch mangelt kan nachgesehen werden. Diese Stucke sind
besonders grösser gezeichnet weil sie in besagten Plan we,, der deutlich noch accurat sind abgezeiget worden, und dergleichen noch nicht in kupfer ausgegange{n}.

  • A. die erste Grille.
  • B. Wachhäuser mit sitzende{n}
    Statuen obenauff.
  • C. die andere Grille.
  • D. Terrassen da die Guarde
    stehet.
  • E. aufgang nach diesen ter:
  • F. Dorische Colonnate
  • G. Fontaine.Note: Diese Brunnenanlage, obwohl öfters geplant, ist nie realisiert worden.
  • H. der innerste Hoff mit
    marmor fluhr.
  • I. Terrase hinter dem Haus:
  • K. le Parterre d’Eau
  • L. le Parterre d’Eau
  • M. Bassin de Latone
  • N. Fontaine mit einem Lö-
    wen, und Wilden Schwein
    .
  • O. Fontaine mit einem Hund
    und Hirsch
    .
  • P. Salle du Bal.
  • Q. le Marais d’Eau.
  • R. der Irrgarten Esopi.
  • S. terrasse uber der Oren,,
    gerie
    .
  • T. Garten vor der Orangerie
  • U. les trois fontaines.Note: Knesebeck vertauscht hier zwei Bosquets: Der Buchstabe U bezeichnet das Bosquet des Trois-Fontaines, obwohl es sich eigentlich um das Bosquet du Théâtre d’eau handelt.
  • W. le Theatre d’Eau.Note: Knesebeck vertauscht hier zwei Bosquets: Der Buchstabe W bezeichnet das Bosquet du Théâtre d’eau, obwohl es sich eigentlich um das Bosquet des Trois-Fontaines handelt.
  • X. Arc de Triomphe.
  • Y. fontaine mit dem Dra-
    chen.
  • Z. Bassin des Neptunus
  • a. offene spaziergänge.
  • b. [Bosquet de la Girandole]
  • c. [Bosquet du Dauphin]
  • d. la Salle des antiques.
  • e. la Colonnate.
  • f. g. die königliche Insul.
  • h. Bassin des Apollo.
  • i. das Bad des Apollo.
  • k. fontaine des Enceladi.
  • l. la Salle des festins.
  • m. verschlossen Spaziergang.
  • n. fontaine de la Renommi
  • o. fontaine de la Pyramide.
  • p. q. die Allé d’Eau.
  • r. Bassin des Saturnus.
  • s. Bassin der flora.
  • t Bassin des Bachus.
  • u. Bassin der Coeres.
  • 1 [Kleine Treppe]
  • 2 [Chapelle]
  • 3 [Grand Appartement du Roi, Salon de l’Abondance]
  • 4 [Grand Appartement du Roi, Cabinet des Curiosités de Louis XIV]
  • 5 [Grand Appartement du Roi, Salon de Vénus]
  • 6 [Grand Appartement du Roi, Salon de Diane]
  • 7Note: Der Raum, den Knesebeck als „Vorgemach“ bezeichnet und zwischen Salon de Diane und Salon de Mars situiert, existiert nicht. Warum Knesebeck hier offenbar aus dem Gedächtnis nachträglich einen Raum hinzufügt, bleibt unklar.
  • 8 [Grand Appartement du Roi, Salon de Mars]
  • 9 [Grand Appartement du Roi, Salon de Mercure]
  • 10 [Grand Appartement du Roi, Salon d’Apollon]
  • 11 [Salon de la Guerre]
  • 12 [Galerie des Glaces]
  • 13 [Salon de la Paix]
  • 14 [Appartement du Roi, Cabinet du Conseil]
  • 15 [Petit Appartement du Roi, Cabinet des Tableaux]Note: Knesebeck täuscht sich in der Lage des Cabinet des Tableaux.
  • 16 [Petit Appartement du Roi, Petite Galerie]Note: Knesebeck täuscht sich in der Lage der Petite Galerie.
  • 17 [Petit Appartement du Roi, Salon du Roi]
  • 18 [Appartement du Roi, Antichambre des Bassans]Note: Knesebeck täuscht sich in der Lage dieses Raumes.
  • 19 [Escalier de la Reine]
  • 20 [Appartement du Dauphin, Cabinet]Note: Dieses Appartement befindet sich im Erdgeschoss des Schlosses.
  • 21 [Appartement du Dauphin, Cabinet des Glaces]Note: Dieses Appartement befindet sich im Erdgeschoss des Schlosses.
  • 20 [Grand Appartement du Roi, Escalier des Ambassadeurs]Note: Knesebeck verwendet die Nr. 20 doppelt, zum einen, um einen Raum des Appartement du Dauphin zu bezeichnen, zum anderen um den Zugang zur Gesandtentreppe zu markieren.
[169][170]{11}83

[Die Buchstaben und Zahlen in der Zeichnung sind nicht transkribiert.]

Figure 13. Grundriss des Gartens
zu Marlÿ.

Principale Entrée en descente.

Parc

Hier ist noch ein teich
fertig der sehr tieff lieget.

  • a. das Königshaus
    mit einer Kuppel.
  • b. die Capelle.
  • c. des Dauphins Pavillon
  • d. les Offices.
  • e. neue Gebäude.
  • f. Pavillons.
  • g. teiche mit jets d’Eau und Cascaden.
  • h. die hohe Cascade von berg herunter.
  • i. uberwölbet Alléen von treillage.
  • k. Alléen von lauter grunen bogen
  • l. eine gepflasterte strasse eben von der
  • haubt Entrée bis nach dem Dorff zu fahren.
  • m. grouppen von Statuen
  • n. terrassen von Erde mit geschnittenen taxus besetzet.

Die disposition ist genau in acht genommen worden
die Maasse aber nur nach gut düncken gesetzet, weil
die kürtze der Zeit nach ohmüglich gewesen dieselben
recht abzunehmen.

dessin: 1699. (Mens)Mensis: (Sept)Septembris:


NB. Die Groppi stehen.
alle nur von Gibs model,,
liret, die ubrigen Statuen
sind nicht viel wehrt.
Hier wird nun noch gear,,
beitet, bis noch
weit hinunter.

[171][172]1284
Figure 14. Aufriss der Jesuiter kirche zu Brüssel mit einiger veränderung
auf einer Seite gezeichnet.

A. B.

NB. Es ist beÿ dieser veränderung welche auff der Seite B. gezeichnet wor,,
den /: da die Seite A. das Origenal andeutet :/ die disposition der
Pfeiler und Säulen, biß auff den halben Pfeiler C. welcher noch hin,,
zugethan worden, gantz behalten, daher die verbeßerung so gut nicht
werden können, daß nicht noch einige erhebliche einwürffe da,,
wieder zu machen weren.

[173][174]1385
Figure 15. Aufriss der Kirche der Carmeliter Nonnen in Brussel, mit einer
verbesserung auf einer Seite gezeichnet.
[175][176]1486[177]86
[[14] [Ansicht von der Straßenfassade von der Kirche Sankt Karl Borromäus in Antwerpen mit verändertem Entwurf von Knesebeck]]
[178][179][180][181][182][183]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2021). Reisebeschreibung von Christian Friedrich Gottlieb von dem Knesebeck, um 1711-1713. Reisebeschreibung von Christian Friedrich Gottlieb von dem Knesebeck, um 1711-1713. architrave-test-3. ARCHITRAVE. https://hdl.handle.net/21.T11991/0000-001B-48BD-E